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Hilfsprojekt in Haiti: Initiative für sichere Arzneimittelversorgung in Haiti
So wurde während ihres damaligen Aufenthaltes das Pharmaunternehmen geschlossen, weil es ein Fieber- und Schmerzmittel auf den Markt gebracht hatte, das toxisch verunreinigt war. 87 Kinder starben daran. Diese Eindrücke ließen das Braunschweiger Ehepaar nicht mehr los.
Schnell war klar, dass nicht nur technische Hilfe nötig war, um die völlig veralteten Ausrüstungen zu modernisieren und damit die Herstellung sicherer Medikamente zu ermöglichen. Gleichzeitig fehlte es den dortigen Apothekern an Wissen und Erfahrungen im Bereich moderner Arzneibereitung. Dies sei vor allem deshalb wichtig, weil importierte Arzneimittel für den Durchschnittshaitianer nicht bezahlbar seien, sagt die frühere Leiterin der Wolfsburger Krankenhausapotheke.
Inzwischen hat das Braunschweiger Ehepaar einiges auf die Beine gestellt, um die Medikamentenversorgung in dem bettelarmen Land nachhaltig zu verbessern. Fünfmal waren die Führers auf Einladung der deutsch-haitianischen Ärzteorganisation Haiti-med und der medizinisch-pharmazeutischen Fakultät der Universität von Port-au-Prince für jeweils mehrere Monate in Haiti. Die Einsätze wurden unterstützt vom SES (Senior Expert Service) in Bonn und dem Deutschen Akademischen Auslandsdienst (DAAD). Während Professor Claus Führer in der universitären Ausbildung und der Industrieberatung tätig ist, arbeitet Elinor Führer in der Apotheke der einzigen Universitätsklinik des Landes in Port-au-Prince.
Salben und Kapseln am Anfang
"Um Lücken in der Arzneiversorgung der Patienten des Krankenhauses zu schließen, haben wir zunächst mit der Herstellung von Salben, Desinfektionsmitteln und Kapseln in kleinem Maßstab begonnen", berichtet die Pharmazeutin. Die kleine lokale Pharmaindustrie könne den Medikamentenbedarf des Krankenhauses nicht decken. Die Geräte zur Herstellung und Analytik, die für eine Arzneibereitung nach internationalen Standards notwendig sind, spendeten einige deutsche Pharmaunternehmen und das Deutsche Institut für ärztliche Mission in Tübingen. Diese vor Ort hergestellten Arzneien erhalten die Patienten zum Selbstkostenpreis der Klinik. Ein Sozialversicherungssystem existiert in Haiti nicht.
In die Aufbauarbeit waren auch zwei junge haitianische Krankenhausapotheker eingebunden, die das Projekt in Zukunft weiterführen sollen. Diese beiden engagierten Pharmazeuten erhielten jetzt die Gelegenheit, umfassendere Kenntnisse auf dem Gebiet der Arzneibereitung zu erwerben und weitere Erfahrungen zu sammeln. Auf Einladung der Niedersächsischen Apothekerkammer und mit Unterstützung des Städtischen Klinikums in Braunschweig konnten Florence Cavalier und Bethony Alize einen zweimonatigen Studienaufenthalt in Braunschweig absolvieren. In dieser Zeit arbeiteten sie in der Braunschweiger Klinikumsapotheke, besuchten unter anderem mehrere pharmazeutische Firmen in der Region und nahmen an studentischen Praktika im Institut für Pharmazeutische Technologie der technischen Universität Braunschweig teil.
Laborausbau in Vorbereitung
Inzwischen sind die beiden Apotheker aus Port-au-Prince wieder nach Haiti zurückgekehrt. Auch das Ehepaar Führer wird im Februar wieder in die Karibik reisen und seine Projekte an der dortigen Universitätsklinik sowie an der Fakultät weiterführen. Das analytische Labor soll so weit ausgebaut werden, dass es nicht nur der Ausbildung der Studenten und der Überwachung der Arzneiherstellung der Universitätsklinikumsapotheke dient, sondern auch der haitianischen Regierung als zentrales Untersuchungslabor für Arzneimittel zur Verfügung steht. Außerdem berät Professor Führer das haitianische Gesundheitsministerium bei der Erstellung eines neuen Arzneimittelgesetzes.
Die Entwicklungshilfeeinsätze in Haiti zielen damit auf drei Schwerpunkte ab: Die Studentenausbildung zu verbessern, eine bessere Versorgung der armen Bevölkerung mit Medikamenten zu erreichen und die Arzneimittelsicherheit zu erhöhen.
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