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Gutachten des Instituts für Wirtschaftsforschung: Müller und Schmidt wollen
Müller stellte zwar voran, die Zuständigkeit für Gesundheitspolitik liege primär bei der Gesundheitsministerin, er machte sich gleichwohl für Vorschläge stark, die Ulla Schmidt so nicht vertritt. Allerdings sprach sich der Bundeswirtschaftsminister insgesamt für mehr Wettbewerb in der Arzneimittelversorgung aus, was neuerdings auch Ulla Schmidt für eine Reform 2003 anvisiert.
Nach Ansicht des Wirtschaftsministers kann die Solidargemeinschaft nicht "für individuelle Unpässlichkeiten oder Missgeschicke" haften, sondern muss vor allem die großen, zumeist teuren gesundheitlichen Risiken absichern.
Er persönlich halte allerdings nichts davon, einen Katalog zu definieren, welche Gesundheitsmaßnahmen unter die Solidarhaftung fallen und welche nicht, sagte Müller. Er sprach sich für begrenzte Eigenbeteiligungen aus, grundsätzlich müsse eine stärkere Eigenverantwortlichkeit in das Gesundheitssystem eingebaut werden, wozu Rechnungen an die Versicherten gehörten, damit diese eine Ahnung von den Kosten bekämen. Er bezweifelte zudem die Zielvorgabe stabiler Beitragssätze. Aufgrund des hohen Stellenwerts von Gesundheit halte er es für vorstellbar, dass die Aufwendungen für die Gesundheit ein wachsendes Gewicht bei den Haushaltsausgaben der Bürger einnähmen.
Die Bundesgesundheitsministerin plädierte wie Müller für Änderungen im Arzneimittelsektor. Sie denkt an die Zulassung von Versandapotheken (siehe vorangegangenen Bericht). Höhere Selbstbeteiligungen lehnt sie dagegen ab, da sie Abwanderungen gut verdienender Bürger in die private Krankenversicherung befürchtet. Auch sprach sie sich dagegen aus, das Solidarsystem der gesetzlichen Krankenversicherung anzutasten. Darüber hinaus sprach auch Schmidt vom Wachstumsmarkt Gesundheit, dem mehr Qualität der gesundheitlichen Versorgung helfe, was dem Wettbewerb um Gesundheitsdienstleistungen innerhalb Europas zugute komme. In diesem Zusammenhang nannte sie den Gesundheitspass.
Das DIW-Gutachten unterstreiche im übrigen die Notwendigkeit von Effizienzsteigerungen und die Bedeutung der Prävention, um der Herausforderung durch die Alterung der Gesellschaft bestehen zu können, meinte Schmidt.
"Keine Kostenexplosion"
Im DIW-Gutachten widersprechen die Wissenschaftler der verbreiteten Vorstellung von der "Kostenexplosion im Gesundheitswesen". Zwar sei es richtig, dass der Beitragssatz zur GKV seit 1975 um 3,1 Prozentpunkte von 10,5 Prozent auf 13,6 Prozent nach oben ging, jedoch seien die Ausgaben für das Gesundheitswesen insgesamt seit 1975 mit 13,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in etwa konstant. Die gestiegenen Beitragssätze der gesetzlichen Krankenkassen ergäben sich vielmehr aus der schmaler werdenden Bemessungsgrundlage für die Beiträge.
Die Prognose der Beitragssatzsteigerungen hingen davon ab, welche Annahmen über das Wirtschaftswachstum in den kommenden Jahrzehnten getroffen würden. Bei einem Produktivitätswachstum pro Jahr von 2 Prozent über die nächsten 40 Jahre - bei gleichzeitigem Ausgabenanstieg aufgrund des medizinisch-technischen Fortschritts von ebenfalls einem Prozent - würde der Beitragssatz im Jahr 2040 auf 34 Prozent steigen, bei einem Wachstum von 3 Prozent nur auf 28 Prozent.
Weitere Ergebnisse zeigten, so das DIW, dass die Ausweitung der Bemessungsgrundlage der Beiträge allein kaum wirksam sei. Größere Mehreinnahmen ergäben sich nur bei einer Ausweitung der Versicherungspflicht für die GKV auf die gesamte Wohnbevölkerung, da dann die bislang nicht erfassten hohen Einkommen der privat Versicherten erfasst würden. Das liefe auf die Abschaffung der bisherigen privaten Krankenversicherung hinaus. Allerdings müsste dann für nötige Umverteilungen ein getrennt zu etablierendes "System des sozialen Ausgleichs" für 50 Milliarden Mark errichtet werden. Das 214 Seiten starke Gutachten ist unter www.diw.de nachzulesen.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) haben zum Teil unterschiedliche Auffassungen zu wichtigen Details der Gesundheitspolitik, beide plädieren allerdings für Änderungen bei der Arzneiversorgung. Das wurde bei der Vorstellung des Gutachtens des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) am 6. Dezember in Berlin deutlich.
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