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- DAZ 34/2001
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Rechtsprechung aktuell
Widerruf der Apothekenbetriebserlaubnis wegen Steuerschulden
Dem Inhaber einer Apotheke wurde die Erlaubnis zum Betrieb seiner Apotheke widerrufen, nachdem er gegenüber dem Finanzamt Steuerschulden in Höhe von rund 950000 DM angehäuft hatte. Im anschließenden Klageverfahren bestätigte das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit des Widerrufs.
Widerruf der Erlaubnis bei Unzuverlässigkeit
Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 und § 2 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 4 Apothekengesetz (ApoG) ist die Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke zu widerrufen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Apotheker nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 ApoG fehlt es an dieser Zuverlässigkeit, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Apothekers in Bezug auf das Betreiben einer Apotheke dartun, insbesondere wenn strafrechtliche oder schwere sittliche Verfehlungen vorliegen. Auch gröbliche oder beharrliche Zuwiderhandlungen gegen das Apothekengesetz, die Apothekenbetriebsordnung oder Rechtsvorschriften, die für die Herstellung von Arzneimitteln und den Verkehr mit diesen erlassen wurden, begründen die Annahme der Unzuverlässigkeit.
Apotheker: Freiberufler und Gewerbetreibender
Ausgangspunkt der Entscheidung ist die Feststellung, dass dem Apotheker zunächst die öffentliche Aufgabe obliegt, die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Hierzu bedarf er der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Der Apotheker übt einen freien Heilberuf aus, der eine besondere akademische Ausbildung erfordert. Darüber hinaus ist er jedoch auch Gewerbetreibender; der selbstständige Apotheker vereinigt also in seiner Person sowohl die Verantwortung für die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe aufgrund seiner besonderen beruflichen Befähigung als auch die Funktion des Inhabers eines kaufmännischen Gewerbebetriebs. Während ein Arzt persönliche Dienstleistungen höherer Art anbietet und damit einen nichtgewerblichen Beruf ausübt, ist für den Apotheker die selbstständige Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr maßgeblich. Dies rechtfertigt auch die uneingeschränkte Anwendung allgemeiner gewerbe- und steuerrechtlicher Vorschriften auf seinen Beruf.
Verletzung gewerbe- und steuerrechtlicher Pflichten
Der Begriff der Zuverlässigkeit in § 4 Abs. 2 Satz 1 und § 2 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 4 ApoG ist nach den gleichen Grundsätzen auszulegen, wie die entsprechende Vorschrift in der Gewerbeordnung. Auch in diesem Gesetz findet sich die Möglichkeit, eine einmal erteilte Erlaubnis zu widerrufen, wenn sich der Gewerbetreibende nachträglich als unzuverlässig erweist. So kommt das Gericht in seinem Urteil zu der Überzeugung, dass ein Apotheker nicht nur dann unzuverlässig ist, wenn er seinen öffentlichen Auftrag gefährdet, d.h. er die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung nicht mehr sicherstellen kann. Vielmehr ist die Unzuverlässigkeit auch dann gegeben, wenn der Apotheker seinen gewerberechtlichen, insbesondere steuerrechtlichen Pflichten als Kaufmann sowie Inhaber eines Handelsgewerbes nicht nachkommt.
Nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens müssen erhebliche Zweifel bestehen, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt. Steuerrückstände, die ihrer Höhe nach und nach dem Verhältnis zur steuerlichen Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind und die sich zudem über einen längeren Zeitraum erstrecken, können auf eine Unzuverlässigkeit schließen lassen. Unbeachtlich ist hierbei, welche Ursachen zu der Verschuldung geführt haben. Wer als Gewerbetreibender langfristig schwerwiegende finanzielle Probleme hat, muss nach der Auffassung des Gerichts sein Gewerbe aufgeben. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn sich der Betroffene ernsthaft um Sanierungsmaßnahmen kümmert und seine Bereitschaft zur Abtragung der Schulden klar zum Ausdruck bringt.
Wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit begründet Unzuverlässigkeit
In dem Fall, der dem Gericht vorlag, hatte der Apotheker zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung schon eine knappe Million Mark Steuerschulden. Als sich das Gericht mit der Sache befasste, waren die Schulden nach Auskunft des Finanzamtes auf über 1600000 Mark angestiegen. Damit war der Apotheker als wirtschaftlich leistungsunfähig und somit auch unzuverlässig anzusehen. Nach dem Gesetzeswortlaut ist ihm danach zwingend die Erlaubnis zum Betrieb seiner Apotheke zu widerrufen.
Kastentext: Aus den Entscheidungsgründen:
"Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Zuverlässigkeit zum Betrieb einer Apotheke nicht erst dann entfallen, wenn die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln gefährdet ist. Sie ist auch dann nicht gegeben, wenn der Inhaber einer Apotheke seinen gewerblichen, insbesondere steuerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommt und nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird.
Steuerrückstände, insbesondere Betriebssteuerrückstände, sind geeignet, die Unzuverlässigkeit darzutun, wenn sie sowohl ihrer Höhe nach als auch im Verhältnis zur steuerlichen Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind und sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Dafür ist es belanglos, welche Ursachen zur Überschuldung des Gewerbetreibenden geführt haben. Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von ihm bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit verlangt werden, dass er den Betrieb aufgibt. Diese nicht erfüllte Erwartung ist der eigentliche Grund, den wirtschaftlich leistungsunfähigen Gewerbetreibenden als unzuverlässig zu bewerten. Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende trotz seiner Schulden Zahlungswilligkeit beweist und nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet."
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