Fallberichte aus den Niederlanden

Akute Colitis durch Bisacodyl?

19.07.2024, 09:15 Uhr

Durchfall nach dem Abführmittel? Bisacodyl wird häufig gegen akute Obstipation eingenommen. (Foto: Goffkein / AdobeStock) 

Durchfall nach dem Abführmittel? Bisacodyl wird häufig gegen akute Obstipation eingenommen. (Foto: Goffkein / AdobeStock) 


Bisacodyl ist ein in der Selbstmedikation häufig eingesetztes Laxans mit hydragoger und antiresorptiver Wirkung. Ein niederländisches Pharmakovigilanz-Zentrum macht nun auf die Gefahr einer ischämischen Colitis bei Einnahme von Bisacodyl aufmerksam.

Bisacodyl ist in Form von magensaftresistenten Tabletten oder Zäpfchen zur kurzfristigen Anwendung bei Obstipation, bei Erkrankungen, die eine erleichterte Defäkation erfordern, sowie zur Darmentleerung bei diagnostischen und therapeutischen Eingriffen am Rektum zugelassen. Nach seiner Metabolisierung hemmt der Wirkstoff im Darm die Resorption von Wasser und steigert die Sekretion von Wasser und Elektrolyten. Dabei wird auch die Peristaltik angeregt [1]. 

Verminderte Blutversorgung führt zur Colitis

Das Arznei-Telegramm greift nun eine Meldung des niederländischen Pharmakovigilanz-Zentrums Lareb auf, das aus dem Meldezeitraum 2018 bis 2023 über zwei Patienten berichtet, die innerhalb weniger Stunden nach der Einnahme von Bisacodyl eine ischämische Colitis entwickelten [2, 3]. Dabei handelt es sich um eine akute, nicht durch eine Infektion ausgelöste Entzündung des Dickdarms. Typische Symptome sind kolikartige Schmerzen, Durchfall, sowie blutiger Stuhlgang. Die Ursache einer ischämischen Colitis ist eine Minderdurchblutung der Darmschleimhaut, häufig aufgrund einer Arteriosklerose der versorgenden Gefäße.

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Die Autoren des Lareb postulieren, dass bei den betroffenen Patienten die durch Bisacodyl gesteigerte Peristaltik den Blutfluss in den entsprechenden Gefäßen behindert oder sogar unterbrochen haben könnte. Alternativ könnte die bestehende Sauerstoffversorgung für den durch die Peristaltik gesteigerten Bedarf der Darmschleimhaut nicht ausreichend gewesen sein. Eine ischämische Colitis heilt in der Regel innerhalb weniger Tage aus, so auch in den berichteten Fällen. 

Weitere Fälle ischämischer Colitis unter Bisacodyl

Lareb berichtet ebenfalls über eine durchgeführte Literaturrecherche, bei der Fallberichte zu insgesamt 20 Patienten gefunden wurden. Die meisten Patienten wiesen dabei Risikofaktoren für eine ischämische Colitis auf, beispielsweise chronische Obstipation, kardiovaskuläre Erkrankungen, Laxanzienmissbrauch oder weitere Arzneistoffe mit bekanntem Colitis-Risiko als Komedikation. In EudraVigilance, der Pharmakovigilanz-Datenbank der europäischen Arzneimittelagentur, fanden die Autoren Meldungen zu 42 Patienten, in der WHO-Datenbank VigiBase zu 46 Patienten, jeweils einschließlich der zwei in den Niederlanden gemeldeten Fälle.

Bis auf wenige Ausnahmen wurde Bisacodyl dabei nicht gegen Obstipation, sondern zur Darmentleerung vor einer Koloskopie oder Operation eingesetzt.

In den Fachinformationen der Bisacodyl-haltigen Arzneimittel ist die ischämische Colitis bzw. Colitis als Nebenwirkung mit „unbekannter Häufigkeit“ aufgeführt [1].

Achtung bei zeitgleicher Anwendung von Bisacodyl und Macrogol

Die Autoren des Lareb-Berichts rufen dazu auf, bei Einnahme von Bisacodyl auf Frühsymptome einer ischämischen Colitis zu achten, vor allem bei Patienten mit weiteren vorliegenden Risikofaktoren. Als Risikofaktor gelte dabei auch die zeitgleiche Einnahme von Macrogol, auch in Kombination mit Elektrolyten, da bei diesem Laxans bereits bekannt ist, dass einer ischämischen Colitis auslösen kann.

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Literatur: 

[1] Fachinformation Dulcolax® Dragees, Stand August 2023

[2] Arznei-Telegramm. Nebenwirkungen. Ischämische Kolitis unter Bisacodyl. a-t 2024;55:56

[3] Bijwerkingen centrumlareb. Lareb Signals, 22. Apr. 2024; a-turl.de/jbcn


Dr. Sabine Werner, Apothekerin und Redakteurin
readktion@daz.online


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