Anti-Spionage-Gesetze in China

Noweda warnt vor Verschärfung der Lieferengpässe

Berlin - 16.07.2024, 15:30 Uhr

Leere Regale bei den Arzneimittel-Großhändlern drohen, sagt Noweda. (Foto: Noweda)

Leere Regale bei den Arzneimittel-Großhändlern drohen, sagt Noweda. (Foto: Noweda)


Seit dem letzten Jahr hat China seine Anti-Spionage-Gesetze nachgeschärft. Damit könnten ausländischen Inspekteuren, harte Strafen drohen, befürchten viele Unternehmen. Viele notwendige Zertifikate für den Arzneimittelimport laufen deshalb aus. Noweda befürchtet neue Arzneimittelengpässe.

Der Arzneimittelgroßhändler Noweda warnt in einer Pressemitteilung vom Montag vor einer drohenden Verschlimmerung der Lieferengpässe bei Schmerzmitteln und Antibiotika. Für die Einfuhr von Arzneimitteln und Wirkstoffen nach Deutschland benötigen die Hersteller ein GMP-Zertifikat („good manufacturing practice“), dafür müssen Inspekteure in den Produktionsstätten ein Audit durchführen.

GMP-Zertifikate laufen ab

Durch die verschärften Anti-Spionage-Gesetze in China, schreckten viele Unternehmen davor zurück, Inspekteure in chinesische Produktionsstätten zu entsenden. Dadurch seien bereits viele GMP-Zertifikate abgelaufen – sie haben in der Regel eine Laufzeit von drei Jahren. Zahlreiche weitere Zertifikate würden demnächst enden, betont Noweda: „Findet sich nicht schnell eine Lösung, müssen wir uns auf Lieferengpässe einstellen“, sagt Grit Brüninghold, die bei Noweda für den strategischen Einkauf zuständig ist. Man stehe im Austausch mit Aufsichtsbehörden und Partnern, um die Probleme möglichst schnell lösen zu können.

Noweda zufolge stammen mittlerweile 70 Prozent der generischen Wirkstoffe aus China – es bestünden „massive“ Abhängigkeiten. Im Juli 2023 war eine Änderung des Anti-Spionage-Gesetzes in China in Kraft getreten. Demnach können bestimmte Unternehmensdaten wie Staatsgeheimnisse gehandhabt werden. Daraufhin entstanden seitens ausländischer Unternehmen Befürchtungen, ihre Mitarbeiter*innen könnten wegen Spionage verurteilt werden. Im Mai dieses Jahres wurden die Sanktionsdrohungen durch eine Änderung des „Staatsgeheimnisgesetzes“ noch verschärft. Dessen Geltungsbereich wurde auch auf sogenannte „Arbeitsgeheimnisse“ ausgeweitet.

Dringender Handlungsbedarf

In einer Umfrage der „Welt am Sonntag“ vom Mai dieses Jahres gaben die Landesgesundheitsministerien von Hessen, Berlin und Schleswig-Holstein an, geplante Inspektionen in China ausgesetzt zu haben – „erhebliche Sicherheitsbedenken“ seien dafür der Grund. Andere Länder berichteten von „erschwerten“ Bedingungen bei den Inspektionsreisen. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie und Pharma Deutschland zeigten sich alarmiert.

Auch Noweda-Vorstandsvorsitzender Michael Kuck sieht dringenden Handlungsbedarf: „Aufsichtsbehörden und Politik müssen eine unbürokratische und schnelle Lösung finden, damit wir unseren Versorgungsauftrag auch in den nächsten Wochen und Monaten vollumfänglich erfüllen können.“


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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