ABDA, KBV und KZBV schreiben an Olaf Scholz

Appell an den Kanzler: Das Gesundheitswesen darf nicht zur Disposition stehen!

Berlin - 01.11.2023, 13:45 Uhr

Am 19. Oktober appellierten sie schon in der Bundespressekonferenz an den Kanzler - nun verdeutlichen sie ihre Sorgen nochmals in einem Brief: KZBV-Vorstandschef Martin Hendges, sein KBV-Kollege Andreas Gassen und ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. (Foto: imago images / Political-Moments)

Am 19. Oktober appellierten sie schon in der Bundespressekonferenz an den Kanzler - nun verdeutlichen sie ihre Sorgen nochmals in einem Brief: KZBV-Vorstandschef Martin Hendges, sein KBV-Kollege Andreas Gassen und ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. (Foto: imago images / Political-Moments)


Vor knapp zwei Wochen hatten die ABDA-Präsidentin sowie die Vorsitzenden der Kassenärztlichen und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung einen „Notruf der freien Heilberufe“ abgesetzt. Gemeinsam riefen sie den Bundeskanzler auf, angesichts der gesundheitspolitischen Entwicklungen einzugreifen. Nun haben sie sich nochmals per Brief an Olaf Scholz gewandt – und ihm das Gespräch angeboten.

Am 19. Oktober waren ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening sowie die Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), Martin Hendges, gemeinsam vor die Hauptstadtpresse getreten. In der Bundespressekonferenz setzten sie einen „Notruf“ ab. Sie warnten vor einer sich verschlechternden wohnortnahen Gesundheitsversorgung – infolge der akuten Gefährdung der flächendeckenden Versorgung mit Apotheken und Praxen durch die aktuelle Gesundheitspolitik.

Doch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) reagiere „weder auf Bitten, noch auf Zahlen oder Fakten“ und verweigere den „inhaltlichen Diskurs“, hatte Gassen erklärt. Dabei seien schnelle Kurskorrekturen nötig. Daher wandten sich die drei Vertreter:innen der freien Heilberufe direkt an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Er müsse die gesundheitspolitische Entwicklung stoppen – die Heilberufler seien zum Gespräch bereit. Zugleich hatten sie einen Brief an den Kanzler angekündigt – und dieser wurde nun verschickt.

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Den drei Unterzeichnenden ist bewusst: Die innen- und außenpolitische Lage ist herausfordernd – dennoch wollen sie ihre „große Sorge“ nicht zurückstecken. Sie betreffe unser Gesundheitswesen in Deutschland, gehe aber über die rein gesundheitspolitische Dimension hinaus, heißt es in dem auf den 31. Oktober datierten Brief.

Overwiening, Gassen und Hendges verweisen darauf, dass sich Menschen in Zeiten der wachsenden Instabilität umso mehr angewiesen fühlten auf bisher funktionierende Versorgungsstrukturen, auf die sie sich verlassen können. Die Praxen und Apotheken vor Ort seien für die Bevölkerung „mit unschätzbarem Wert verbunden“. Nicht zuletzt in der Pandemie hätten sie für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einen wichtigen Beitrag geleistet, „praktisch als Garant sozialer Stabilität“. Im Koalitionsvertrag sei daher „konsequenter- und richtigerweise“ eine Stärkung der ambulanten Versorgung vereinbart worden.

Elfjähriger Stillstand beim Apothekenhonorar

„Die aktuelle Gesundheitspolitik führt jedoch dazu, dass diese für die Menschen so wichtigen Anlaufstellen ihres Vertrauens in Frage gestellt werden“, schreiben die Heilberufler:innen weiter. Die Praxen der Niedergelassenen erstickten in Bürokratie, seien finanziell unzureichend ausgestattet und „mit nicht ausgereiften Digitalisierungspflichten gelähmt“. All das führe auch zu Fachkräftemangel. Die Apotheken wiederum kämpften mit ständig zunehmenden Arzneimittel-Lieferengpässen – ihre Mühen würden dabei „nahezu gar nicht vergütet“. Das Gegenteil sei sogar der Fall: „Das Apothekenhonorar wurde nach einem elfjährigen Stillstand nun sogar gekürzt“, erinnern die Unterzeichnenden den Kanzler. Und auch die Zahnarztpraxen würden in ihren Bemühungen, die Mundgesundheit der Bevölkerung durch eine gute präventive Versorgung zu fördern, ausgebremst.

Die ABDA-Chefin und ihre (zahn-)ärztlichen Kollegen sehen durch Minister Lauterbach nicht nur ein bewährtes und über Jahrzehnte stabiles Gesundheitssystem gefährdet – dieser setze auch die mittelständisch geprägte, freiberufliche Struktur aufs Spiel. „Tatsächlich läuft diese Gesundheitspolitik darauf hinaus, dass zunehmend Leistungskürzungen entstehen und die vertraute ambulante Versorgung, die die Praxen und Apotheken derzeit noch stemmen, zunehmend zerstört wird“, schreiben sie an den Kanzler. Und sie zeigen sich besorgt: „Wir können uns nicht vorstellen, dass die Bundesregierung dies angesichts der derzeitigen Krisenzeiten so beabsichtigt“.

Und so bitten sie den Bundeskanzler, „dieser Entwicklung und einer weiteren Verunsicherung der Bevölkerung entgegenzuwirken“. Ihr eindringlicher Appell: „Bitte lassen Sie nicht zu, dass unser von den freien Heilberufen getragenes Gesundheitswesen mit seiner wohnortnahen, den Menschen vertrauten ambulanten Versorgung zur Disposition gestellt wird. Bitte sorgen Sie für den Erhalt der wohnortnahen, verlässlichen und vertrauten Gesundheitsversorgung durch ärztliche, zahnärztliche und psychotherapeutische Praxen sowie Apotheken“.

Abschließend bieten Overwiening, Gassen und Hendges an, ihre Anliegen und Lösungsvorschläge in einem gemeinsamen Gespräch zu erörtern – sofern es die hohe zeitliche Beanspruchung des Kanzlers erlaube.

 


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Appelieren, Flehen und Bangen

von Rainer W. am 02.11.2023 um 17:40 Uhr

Geradezu peinlich, wie immer wieder die gleiche Taktik versucht wird. Egal wie sehr unsere Vertreter betteln und zu Kreuze kriechen, er wird nicht einlenken, er wird nicht nachgeben.

Lauterbach handelt aus ideologischen Gründen, er ist für rationale Argumente nicht zu haben. Er wird sich nicht ohne Druckmittel überzeugen lassen, den Kurs, den er seit 20 Jahren fährt, zu ändern.

Er ist sich auch nicht zu schade, uns wieder und wieder anzulügen. "Es ist kein Geld im System". Und doch, reicht es für die Ärzte wieder für 2 Milliarden, für Gesundheitskioske, für dieses und jenes.

Wir sollen neues leisten, um mehr Honorar zu bekommen. In jeder Branche ist es völlig normal, dass das Honorar oder Gehalt mit der Preisentwicklung angepasst wird, vom Arzt, dem Lokführer bis hin zum Politiker. Dabei leisten die Apotheken heute bedeutend mehr als vor 20 Jahren, unser Arbeitspensum hat sich pro Vorgang vervielfacht.

Ich frage mich, wann "unseren" Vertretern endlich das Rückgrat wächst, sich nicht mehr für dumm verkaufen zu lassen.

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Brandbrief

von Dr. Radman am 01.11.2023 um 14:45 Uhr

Selbstverständlich wird der Kanzler sich sofort damit beschäftigen und Herrn Lauterbach gleich stoppen.

Mal im Ernst. Herr Scholz ist aus dem gleichen Holz geschnitzt wie Herrn Lauterbach. Er wird für das Gesundheitssystem keinen Finger krümmen. Er glaubt, er habe wichtigeres zu tun.
Außerdem, er könne sich an so einem Brief nicht mehr erinnern.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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