Bei Kindern

Vermehrt Keuchhusten durch Bordetella parapertussis

Stuttgart - 23.08.2023, 17:50 Uhr

Beim Keuchhusten ziehen sich die teils heftigen Hustenanfälle über mehrere Wochen. (Foto: New Africa / Adobe Stock)

Beim Keuchhusten ziehen sich die teils heftigen Hustenanfälle über mehrere Wochen. (Foto: New Africa / Adobe Stock)


Keuchhusten gehört nicht nur zu den hochansteckenden, sondern auch zu den deutschlandweit meldepflichtigen Erkrankungen. Ausgelöst wird diese durch Bordetella pertussis – oder aber durch den unbekannteren Erreger Bordetella parapertussis. Letzterer ist laut einer Auswertung des Robert Koch Instituts derzeit auf dem Vormarsch.

Maske, Abstand, Lüften – die Infektionsschutzmaßnahmen gegen SARS-CoV-2 haben während der COVID-19-Pandemie zu einer deutlichen Abnahme der Fälle von Keuchhusten geführt. Seit dem vierten Quartal des Jahres 2022 nehmen die Fallzahlen wieder zu. Während Infektionen mit dem bekannten Keuchhustenerreger Bordetella pertussis weit hinter dem vorpandemischen Niveau zurückbleiben, wurden in den letzten drei Quartalen (4/2022 bis 2/2023) mehr Infektionen mit dem bis dahin deutlich selteneren Keuchhustenerreger Bordetella parapertussis gemeldet. Mögliche Gründe hierfür diskutiert das Robert Koch-Institut (RKI) im aktuellen Epidemiologischen Bulletin.

para-wer? Wissenswertes über B. parapertussis

Ebenso wie bei B. pertussis, handelt es sich bei B. parapertussis um gramnegative, aerob lebende Stäbchen. Das für B. pertussis typische Pertussistoxin bildet B. parapertussis nicht. Beide Erreger verursachen die Erkrankung Keuchhusten, wobei von B. parapertussis ausgelöste Fälle in der Regel milder verlaufen. Die von der STIKO empfohlene Keuchhusten-Schutzimpfung richtet sich gegen B. pertussis und schützt somit nicht unmittelbar vor B. parapertussis. Eine gewisse partielle Kreuzprotektion ist laut Angaben des RKI möglich.

Zunächst schlüsselt der Bericht die B. parapertussis-Fälle nach Altersgruppen und geografischer Verteilung auf. Es zeigt sich, dass der Anstieg der Fallzahlen vor allem auf Infektionen bei Kindern und Jugendlichen zurückgeht. Besonders betroffen sind 1- bis 4-Jährige, gefolgt von noch jüngeren Kindern und 5- bis 9-Jährigen. Geografisch waren die höchsten Inzidenzen in den Bundesländern Thüringen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern anzutreffen.

Epidemiologische Unterschiede der beiden Erreger

Im Vergleich der durch die beiden Erreger verursachten Erkrankungen, traten einige Unterschiede zutage. Während von B. pertussis verursachte Erkrankungen etwas häufiger auf weibliche Personen entfallen (57 %), tritt B. parapertussis bei weiblichen und männlichen Personen gleich häufig auf (51 bzw. 49 %). B. parapertussis betrifft vorwiegend Kinder unter 10 Jahren (83 % der Fälle), während 70 % der B. pertussis-Fälle seit 2013 bei Erwachsenen ab 20 Jahren auftraten. Diese Beobachtung ist möglicherweise auf die hohen Impfquoten gegen B. pertussis im Kindesalter zurückzuführen. Mindestens einmal gegen Pertussis geimpft waren 44 % der an B. pertussis und 72 % der an B. parapertussis Erkrankten. Hinsichtlich der Krankheitssymptome wurden bei Infektionen mit B. pertussis häufiger Stridor, Erbrechen beim Husten und Apnoe bei Säuglingen gemeldet, während bei B. parapertussis häufiger das Symptom anfallsartiger Husten protokolliert wurde.

Welche Keuchhusten-Impfstoffe sind für Schwangere zugelassen?

G-BA: Pertussis-Impfung für Schwangere nun im Mutterpass

Woher kommt nun also der Anstieg der B. parapertussis-Fälle? Für eine Zunahme der Schwere der Erkrankungen gab es laut Epidemiologischem Bulletin keine Hinweise. Anzunehmen sei jedoch der Einfluss mehrerer Faktoren: Zum einen ist ein sogenannter „Nachholeffekt“ nach der COVID-19-Pandemie wahrscheinlich, bei dem der Erreger auf eine größere Gruppe von ansteckbaren Personen trifft, deren Immunsystem noch nie oder lange nicht mehr in Berührung mit dem Erreger gekommen ist. Dass ein solcher Effekt für B. pertussis nicht beobachtet werde, könne an der hohen Impfquote bei Kindern liegen. Zum anderen habe sich während der Pandemie der Einsatz von Multiplex-PCR-Verfahren mehr und mehr etabliert. Es sei daher anzunehmen, dass mehr Fälle identifiziert und dem Erreger zugeordnet werden.

Grund zur Panik sind die Zahlen des RKI daher nicht – in absoluten Zahlen ist Keuchhusten derzeit immer noch deutlich seltener als vor der COVID-10-Pandemie* – aber ein guter Anlass für einen Blick in den Impfpass. Eine Pertussis-Impfung wird von der STIKO nicht nur für Kinder empfohlen, sondern auch Auffrischungsimpfungen für Erwachsene.

* Einschub ergänzt am 25.08.2023

Pertussis-Impfempfehlungen der STIKO für Erwachsene

  • Alle Erwachsenen sollten einmalig gegen Pertussis geimpft werden. Die Pertussis-Impfung sollte bei der nächsten fälligen Tetanus-Diphtherie-Impfung als Kombinationsimpfung verabreicht werden.
  • Enge Haushaltskontakte und Betreuungspersonen von Neugeborenen, die in den letzten zehn Jahren keine Pertussis-Impfung erhalten haben, sollten eine Impfung erhalten.
  • Schwangere sollten zu Beginn des dritten Trimenon geimpft werden.
  • Gesundheitsberufler:innen sollten sich alle zehn Jahre gegen Pertussis impfen lassen.

Literatur

Schönfeld V, Heininger U, Littmann M, Steinmetz I, Matysiak-Klose D: Aktuelle Epidemiologie von Bordetella parapertussis-Infektionen in Deutschland. Epid Bull 2023;33:3-14. DOI 10.25646/11681

Schutzimpfung gegen Pertussis: Häufig gestellte Fragen und Antworten. Informationen des Robert Koch-Institutes. Stand 11.05.2021. www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Pertussis/FAQ-Liste_Pertussis_Impfen.html?nn=2375548


Dr. Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


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