Kranus Edera erbringt Nutzennachweis

DiGA bei Erektions­störungen dauerhaft erstattungsfähig

Stuttgart - 22.05.2023, 09:14 Uhr

Hilfe bei Erektionsstörungen gibt es auch in digitaler Form. (Foto: H_Ko / AdobeStock)

Hilfe bei Erektionsstörungen gibt es auch in digitaler Form. (Foto: H_Ko / AdobeStock)


Die DiGA „Kranus Edera“ soll von erektiler Dysfunktion Betroffene unterstützen. Auch, indem sie zu Änderung des Lebensstils als Teil der Therapie animiert. Nachdem die App den Nutzennachweis erbracht hat, ist sie nun dauerhaft erstattungsfähig.

Die erektile Dysfunktion ist nach wie vor ein schambesetztes Tabuthema, und das, obwohl viele Männer betroffen sind. In der Folge fällt es ihnen schwer, das Gespräch mit einem Arzt zu suchen und sie greifen stattdessen lieber zu manchmal gefährlichen „Wundermitteln“ aus dem Netz. Nötig wäre das nicht, denn es gibt mittlerweile gut wirksame Therapieansätze.

Ist die Diagnose einmal gestellt, kommen meist Phosphodiesterase-5-Hemmer wie Sildenafil oder Tadalafil zum Einsatz. Allerdings sollte ihnen laut abgelaufener S1-Leitlinie (Diagnostik und Therapie der erektilen Dysfunktion) stets eine ursächliche Therapie vorangehen. Zu dieser gehört laut Leitlinie auch die Veränderung des Lebensstils, wie z. B. eine Gewichtsreduktion und der Verzicht bzw. die Reduktion des Nikotin- und Alkohol-Konsums. Zudem wird ggf. eine psychiatrisch-psychologische Therapie empfohlen.

S3-Leitlinie soll abgelaufene S1-Leitlinie ersetzen

Laut AWMF online wird die Ende Februar abgelaufene S1-Leilinie „Diagnostik und Therapie der erektilen Dysfunktion“ künftig durch eine S3-Leitlinie ersetzt. Die Veröffentlichung ist für Ende November 2023 geplant.

Um die Betroffenen bei den nichtmedikamentösen Maßnahmen zu unterstützen, steht seit Ende 2021 mit „Kranus Edera“ eine digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) bereit. Mittels digitalem Coaching soll die App es den Betroffenen ermöglichen, selbst in ihrer Behandlung aktiv zu werden.

Nun konnte die App ihren Nutzen in einer randomisierten Studie belegen und dadurch den Statuswechsel vollziehen. Kranus Edera wird somit fortan dauerhaft von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Wir haben uns die Anwendung einmal genauer angeschaut.

Beckenbodentraining und Angstabbau

Kranus Edera stellt – laut Anbieter – eine alleinstehende, ganzheitliche Therapie bei erektiler Dysfunktion (Impotenz organischen Ursprungs) dar. In einem zwölfwöchigen Programm erhalten die Anwender wöchentlich neue Übungen aus den vier Bereichen Physiotherapie, mentales Training (Achtsamkeit, Sexualtherapie), kardiovaskuläres Ausdauertraining und Beckenbodentraining.

Sowohl Intensität als auch Komplexität der Übungen werden dabei von Woche zu Woche angepasst. Das Anfangsniveau wird anhand eines Fragebogens zu Programmbeginn festgelegt. Ergänzt wird das Angebot um Hintergrundinformationen zur Erkrankung sowie Tipps zu Ernährung und vorbeugenden Maßnahmen. In einer Fortschrittsanzeige werden die absolvierten Trainingseinheiten übersichtlich dargestellt.

Auf seiner Website erklärt der Anbieter den Nutzen der vier Übungsbereiche wie folgt: Ziel des mentalen Trainings sei es, Stress und Ängste abzubauen, die sich möglicherweise negativ auf die Erektionsfähigkeit auswirken. Zudem solle durch regelmäßiges Ausdauertraining die Durchblutung des Körpers – insbesondere des Penis – verbessert werden. Das physiotherapeutische sowie das Beckenbodentraining diene dazu, Bauch-, Rumpf- und Beckenbodenmuskulatur zu kräftigen und so zu einem verlangsamten Blutabfluss aus dem Penis zu führen.

Randomisiert-kontrollierte Studie belegt Nutzen

Um die Wirksamkeit zu belegen und so die dauerhafte Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis zu erreichen, wurden dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Ergebnisse einer zweiarmigen randomisiert kontrollierten Studie mit insgesamt 241 männlichen Probanden vorgelegt. In dieser erhielt die Interventionsgruppe (n = 122) zusätzlich zur Standardversorgung zwölf Wochen lang Zugang zur Kranus-Edera-App. Die Kontrollgruppe (n = 119) erhielt ebenfalls die Standardversorgung, den Zugang zur DiGA erhielt dieses Kollektiv allerdings erst nach einer Wartezeit von zwölf Wochen.

Ziel der Studie war es, die erektile Dysfunktion, die krankheitsbezogene Lebensqualität sowie die Patientensouveränität zu verbessern. Als sekundäres Ziel sollten zudem kardiovaskuläre Risikofaktoren verbessert werden. Gemessen wurden die Veränderungen anhand validierter Fragebögen (primäre Endpunkte) und den Parametern Blutdruck, Body-Mass-Index (BMI), Bauchumfang sowie bestimmten Blutwerten (sekundäre Endpunkte).

Statistisch signifikante Verbesserung nach 12 Wochen

In der Interventionsgruppe konnten – im Vergleich zur Kontrollgruppe – nach zwölf Wochen alle drei primären Faktoren statistisch signifikant verbessert werden.

Die Ergebnisse der primären Endpunkte

  • Erektile Dysfunktion: Verbesserung um 4,5 Punkte vs. 0,2 Punkte
    ermittelt mit Fragebogen „International Index of Erectile Function-5“ (IIEF-5)
  • Lebensqualität: mittlere Verbesserung um 21,5% vs. Verschlechterung um 0,04% der maximalen Scorepunkte
    ermittelt mit Fragebogen „Quality of Life Measure for Men with Erection Difficulties“ (QoL-Med)
  • Patientensouveränität: mittlere Verbesserung um 11,11% vs. 0,64% der maximalen Scorepunkte
    ermittelt mit Fragebogen „Patient Activation Measure-13“ (PAM-13)

Auch in puncto BMI und Bauchumfang schnitt die Interventionsgruppe besser ab. In Hinblick auf Waist-to-Hip-Ratio und Blutdruckwerte konnte hingegen kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. Ob sich auch die Blutwerte verändert haben, ist dem DiGA-Verzeichnis nicht zu entnehmen, da entsprechende Angaben fehlen.

Achtung Kontraindikationen

Kranus Edera kann sowohl allein als auch in Kombination mit PDE-5-Hemmern eingesetzt werden. Die Anwendung eignet sich für Männer ab 18 Jahren mit der ärztlichen Diagnose „Impotenz organischen Ursprungs“. Allerdings stellen eine instabile Angina pectoris sowie ein Myokardinfarkt in der Vergangenheit (29 Tage bis unter 4 Monate zurückliegend) bekannte Kontraindikationen dar. Darüber hinaus sind zahlreiche weitere Ausschlusskriterien zu beachten, wie z. B.

  • mehr als drei kardiovaskuläre Risikofaktoren (arterielle Hypertonie > 150/90 mmHg, Diabetes mellitus, Dyslipoproteinämie, Nikotinabusus, Bewegungsmangel),
  • Blutdruck über 170/100 mmHg,
  • Nervenerkrankungen (z. B. Multiple Sklerose, Parkinson, Z. n. Schlaganfall, Demenz, psychiatrische Erkrankungen),
  • Unfall mit Beteiligung des Beckens, des Penis oder der Wirbelsäule sowie
  • eine aktuell durchgeführte Autoinjektionstherapie (SKAT, MUSE).

Nadine Sprecher, Apothekerin, Redakteurin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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