Wirkstoff-Lexikon

Ibuprofen

16.10.2019, 17:55 Uhr


Ibuprofen zählt zu den nichtsteroidalen Antiphlogistika und ist ein oft nachgefragter Wirkstoff gegen Schmerzen und Entzündungen. In der Selbstmedikation ist er in Einzeldosen bis 400 mg pro Einnahme (altersabhängig auch weniger) erhältlich. Ibuprofen wirkt schmerzstillend und entzündungshemmend.


Ibuprofen – die Entstehungsgeschichte

Ibuprofen war, wie so oft in der Arzneistoffsuche, ein Zufallstreffer. Der englische Pharmakologe Stewart Adams suchte Mitte des letzten Jahrhunderts nach einem Arzneistoff, der gegen Rheumatoide Arthritis wirken sollte, aber möglichst wenige Nebenwirkungen mit sich brachte. Zunächst untersuchten er und sein Team Analoga von Acetylsalicylsäure – ohne Erfolg. Deshalb nahmen die Forscher Moleküle mit Carboxylgruppen unter die Lupe und kamen auf diesem Weg zu Ibuprofen. Adams war dann auch der erste Proband seiner Erfindung: Er nahm – so ist es überliefert – nach einer langen Nacht 600 mg gegen seinen Wodka-Kater ein und stellte fest, dass seine Kopfschmerzen nachließen.

Nach der Patentierung kam Ibuprofen dann 1969 auf den Markt. Der „Erfinder“, Adams, verstarb im Januar 2019 im Alter von 95 Jahren.

Wirkmechanismus

Ibuprofen greift als NSAID (Non Steroidal Anti Inflammatory Drug) in die Biosynthese von Prostaglandinen ein. Ibuprofen hemmt nicht selektiv die Cyclooxygenasen 1 und 2 (COX-1, COX-2), die Arachidonsäure in cyclische Endoperoxide umwandeln. Diese Endoperoxide sind Vorstufen von Prostaglandinen und Thromboxan A sowie Prostacyclin. Prostaglandine sind an der Schmerzentstehung, an Fieber und an Entzündungsreaktionen beteiligt. Da Ibuprofen die Synthese von Prostaglandinen unterbindet, wirkt es antiphlogistisch, fiebersenkend und schmerzstillend.

Anwendung

Ibuprofen wird bei verschiedenen Schmerzzuständen eingesetzt. Dazu gehören Zahn- und Kopfschmerzen oder Schmerzen während der Menstruation. Auch bei degenerativen Gelenkerkrankungen wie Arthrose ist Ibuprofen indiziert. Es lindert auch Migräne-Kopfschmerzen und wirkt fiebersenkend.

Pharmakokinetik

Ibuprofen wird schnell und gut resorbiert und hat mit zirka zwei Stunden eine kurze Halbwertszeit. Die Metaboliten sind unwirksam, sie werden hauptsächlich renal eliminiert.
Einen besonders schnellen Wirkungseintritt soll bei oraler Applikation das D,L-Lysin-Salz (Ibuprofen-D,L-Lysinat) besitzen. Aufgrund seiner hohen Wasserlöslichkeit wird es rascher als die freie Arypropionsäure im Gastrointestinaltrakt gelöst. Der Vorteil: Schnell auflösendes Ibuprofen kann schneller resorbiert werden. Dies wiederum sorgt für eine rasche Anflutung des wirksamen Plasmaspiegels. Ein damit verbundener beschleunigter Wirkeintritt ist besonders für Patienten wichtig, die schnell von Schmerzen befreit sein wollen. Denn wenn die eingenommene Tablette aus Sicht des Anwenders nicht schnell genug wirkt, ist die Gefahr der Remedikation gegeben.

Dosierung

Die Einzeldosis beträgt in der Selbstmedikation 200 bis 400 mg mit Höchstdosen von 1200 mg/Tag. In der antirheumatischen Therapie (ärztlich verordnet) kommen Einzeldosen von 400 bis 800 mg zum Einsatz, hier liegen die Tageshöchstdosen bei 2400 mg. Diese Angaben beziehen sich auf Erwachsene. Für Jugendliche, Kinder und Kleinkinder ist die Dosierung vom Alter und Körpergewicht abhängig und jeweils anzupassen. Patienten sollten Ibuprofen grundsätzlich nicht auf nüchternen Magen einnehmen.

Nebenwirkungen (Auszug)

Unter der Einnahme von Ibuprofen wurden folgende Nebenwirkungen beobachtet:

  • zentralnervöse Störungen wie Schwindel, Erregung, Reizbarkeit
  • Überempfindlichkeitsreaktionen mit Hautausschlag bis hin zu Asthmaanfällen
  • Gastrointestinale Beschwerden (Sodbrennen, Übelkeit, Magenschmerzen, Gastritis)
  • Beeinträchtigung der weiblichen Fertilität (Ibuprofen wird daher bei Frauen, die  schwanger werden möchten, nicht empfohlen.)

Mögliche Wechselwirkungen

Patienten, die täglich niedrig dosierte ASS zur Prophylaxe von Herz-Kreislauf-Erkrankungen einnehmen und zusätzlich regelmäßig Ibuprofen anwenden (müssen), sollten zwischen den Einnahmezeitpunkten mindestens zwei Stunden Zeitabstand einhalten, wobei zuerst ASS einzunehmen ist. Hintergrund ist, dass beide Wirkstoffe an die Cyclooxygenase 1 binden, Ibuprofen aber die Thrombozytenaggregation weniger gut hemmt als ASS (irreversibel). Wird Ibuprofen zuerst eingenommen, bindet es zuerst an dieses Enzym und kann möglicherweise die Wirkung von ASS und damit dessen kardioprotektive Wirkung abschwächen. Patienten, die ASS täglich, Ibuprofen aber nur gelegentlich einnehmen, haben diese Wechselwirkung nicht zu erwarten.

Ibuprofen sollte ohne ärztliche Rücksprache wegen der Gefahr synergistischer Effekte nicht zusammen mit anderen NSAID eingenommen werden, wie zum Beispiel Diclofenac, Naproxen oder ASS. Vorsicht ist auch geboten, wenn der Patient bereits Medikamente einnimmt, die das Risiko für Ulzera oder Blutungen erhöhen (Heparine, orale Kortikosteroide, selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wie Sertralin).

Ibuprofen kann die blutdrucksenkende Wirkung von Antihypertensiva, besonders die von ACE-Hemmern, abschwächen. Den blutzuckersenkenden Effekt von oralen Antidiabetika kann Ibuprofen steigern.

Ibuprofen erhöht den Serumspiegel von Lithium, Digoxin und Phenytoin und kann die Wirkung bestimmter Antihypertensiva abschwächen, insbesondere bei längerer Einnahme.

Es sind derzeit keine nachgewiesenen Effekte von Ibuprofen auf den Verlauf von Covid-19 bekannt (Stand 16.03.2020).

Kontraindikationen (Auszug)

  • Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn
  • Bestehende oder vergangene Ulzera
  • Gastrointestinale Blutungen in der Anamnese im Zusammenhang mit der Einnahme von NSAIDs
  • Hoher Blutdruck
  • Eingeschränkte Nierenfunktion
  • bekannte Reaktionen von Bronchospasmus oder Asthma nach der Einnahme von NSAIDs
  • Gerinnungsstörungen
  • Frauen, die schwanger werden möchten

Schwangerschaft und Stillzeit

Im ersten und zweiten Trimenon ist wie immer eine strenge Indikationsstellung erforderlich, die Einnahme ist aber nach ärztlicher Rücksprache möglich. Im dritten Trimenon ist Ibuprofen kontraindiziert.

Während der Stillzeit sollte Ibuprofen – bei bestehender Indikation und nach ärztlicher Rücksprache – innerhalb der Gruppe der NSAIDS bevorzugt werden, so die Empfehlung von embryotox, dem Beratungszentrum der Charité zu Arzneimitteln in Schwangerschaft und Stillzeit.

Ibuprofen in Kombinationspräparaten

Ibuprofen ist auch in Kombinationspräparaten enthalten. Ein typisches Beispiel sind Erkältungsmittel. Sie enthalten dann zusätzlich beispielsweise Pseudoephedrin. Pseudoephedrin schwillt die Nasenschleimhaut ab. Dieser Arzneistoff wirkt gefäßverengend und schwillt daher die Schleimhaut im Nasenraum (Nase, Nebenhöhlen) für mehrere Stunden ab. Diese Kombinationsarzneimittel sollten nur dann eingenommen werden, wenn im Rahmen eines viralen Infekts sowohl die Wirkungen von Ibuprofen als auch die Wirkung von Pseudoephedrin benötigt werden.

Kurzzeitanwendung beachten

Kombinationspräparate mit Pseudoephedrin dürfen maximal fünf Tage lang angewendet werden. Sie besitzen ein gewisses Abhängigkeits- und auch Missbrauchspotenzial (Unterstützung der Gewichtsreduktion). Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Diabetes sollten vor der Einnahme ärztlichen Rat einholen, zudem sind durch die Kombination vermehrt Wechsel- und Nebenwirkungen zu erwarten. Pseudoephedrinhaltige Medikamente sind in der Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert. Das gleiche gilt für die Anwendung bei Frauen, die eine Schwangerschaft planen.

Auch Coffein wird kombiniert

Zweier-Kombinationen gibt es auch mit Coffein in Tabletten zur Kurzzeitbehandlung (maximal drei Tage) von akuten Schmerzen. Coffein besitzt eine leicht stimulierende Wirkung und wird als adjuvantes Analgetikum eingesetzt. Insgesamt soll es zu einem schnelleren Wirkeintritt kommen als unter Ibuprofen alleine.
 


Eva-Maria Hierl, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Kombination bzw. schneller Wechsel von Ibuprofen 800 auf Etoraxia 90 mg

von Eberhard Klees am 17.10.2019 um 9:22 Uhr

Führt ein Wechsel von ein auf den anderen Tag zwischen den beiden Medikamenten zu Problemen? Durch Morbus Perhes in Jugendjahren habe ich in allen Gelenken starke Arthrose und schon 3 künstl. Gelenke.

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