Mehr zu den Eckpunkten, speziell auch zu den Bedingungen für die erste Säule, finden Sie auf der Webseite des Bundesgesundheitsministeriums.
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Erst Eigenanbau, dann Modellprojekte
Cannabis-Legalisierung: Ampel nimmt erneut Anlauf
Zuletzt schien das Vorhaben zu stocken, doch heute kündigte Gesundheitsminister Lauterbach an: Der Cannabis-Konsum für Erwachsene zu Genusszwecken soll noch in diesem Jahr legal werden. Gemeinsam mit Landwirtschaftsminister Özdemir stellte er heute die angepassten Eckpunkte für diesen Plan vor. Ende des Monats soll ein erster Gesetzentwurf vorliegen – Apotheken werden darin aber noch keine Rolle spielen.
Im vergangenen Oktober beschloss das Bundeskabinett schon einmal ein Eckpunktepapier zur kontrollierten Cannabisabgabe an Erwachsene – ein Projekt, das sich die Ampel bereits in ihren Koalitionsvertrag geschrieben hatte. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stellte die weitgehenden Pläne damals unter den Vorbehalt, dass noch Gespräche mit der EU-Kommission stattfinden sollen. Denn sie mit europäischem und internationalem Recht in Einklang zu bringen, war von Anfang an die größte Herausforderung. Mittlerweile fand der Austausch mit Brüssel statt und Lauterbachs Ministerium blieb in der Folge nichts anderes übrig, als einen Teil seiner Ideen aufzugeben. Einige Ansätze blieben aber bestehen und wurden nun zu neuen Eckpunkten weiterentwickelt.
Die Ampel ist grundlegend auf dem Irrweg. Drogenlegalisierung ist einfach der falsche Weg. Karl Lauterbach schlägt als Gesundheitsminister ernsthaft die Gründung von Drogen-Clubs vor. Das löst keine Probleme, sondern schafft neue. Hände weg von Drogen! #Cannabis
— Markus Söder (@Markus_Soeder) April 12, 2023
Wohin die Reise jetzt gehen soll, erläuterten Lauterbach und Bundeslandschaftswirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) am heutigen Mittwoch in der Bundespressekonferenz in Berlin. Dabei stellte Lauterbach klar, dass die Ziele dieselben blieben: Es gehe darum, die Qualität zu kontrollieren, die Weitergabe verunreinigter Substanzen zu verhindern, den Jugendschutz sowie den Gesundheitsschutz für Konsumentinnen und Konsumenten bestmöglich zu gewährleisten und den Schwarzmarkt einzudämmen.
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Für die Apotheken stellt sich bei all diesen Überlegungen immer wieder die Frage, wo sie ihren Platz finden sollen. Abgabestellen für medizinisches Cannabis sind sie bereits – doch die Meinungen, ob sie auch Cannabis zu Genusszwecken abgeben sollten, gehen auseinander. Die Standesvertretungen sind keine begeisterten Verfechter dieses potenziellen Geschäftsfelds. Sie verweisen immer wieder auf den heilberuflichen Zielkonflikt, schließlich ist es Aufgabe der Apotheken, Patienten und Patientinnen mit Arzneimitteln zu versorgen. Schon bei den ersten Eckpunkten war nicht klar, ob auch Apotheken als lizenzierte Fachgeschäfte für die Abgabe fungieren sollen. Auch bei dem neuen Modell ist diese Frage noch nicht beantwortet – Genaueres wird man möglicherweise im Herbst erfahren.
„Niemand soll mehr bei Dealern kaufen müssen, ohne zu wissen, was man sich da einhandelt. Durch einen kontrollierten Anbau und die Abgabe im Rahmen von Cannabis-Clubs stärken wir den Jugend- und Gesundheitsschutz. Und: Wir entziehen der organisierten Kriminalität den Boden, die selbst vor dem Verkauf an Kinder nicht zurückschreckt.“
Denn die neuen Cannabis-Pläne der Bundesregierung fußen auf zwei Säulen, wovon die erste, die zunächst etabliert werden soll, noch nichts mit Apotheken zu tun hat. Es geht dabei um den Anbau in nicht gewinnorientierten Vereinigungen („Cannabis Clubs“) und den privaten Eigenanbau – beides soll bundesweit ermöglicht werden. Bis zu 500 (erwachsene) Mitglieder sollen die privaten Clubs haben können. Hier kann Cannabis gemeinschaftlich angebaut und an die Mitglieder zum Eigenkonsum abgegeben werden (max. 25 g Cannabis pro Tag, max. 50 g pro Monat).
Auch bis zu sieben Samen oder fünf Stecklinge monatlich sollen die Mitglieder erhalten können. Heranwachsende unter 21 Jahren sollen nur bis zu 30 g pro Monat bekommen – wobei der zulässige THC-Gehalt begrenzt sein soll. Einem Konsum in diesen Clubs steht Lauterbach skeptisch gegenüber – ob dieser möglich sein soll, wird in der Koalition noch zu klären sein.
Diese Pläne der „ersten Säule“ sollen in einem ersten Gesetz umgesetzt werden, dessen Entwurf noch im April vorgelegt werden soll. Dieser werde weder im Bundesrat zustimmungspflichtig, noch bei der EU-Kommission notifizierungspflichtig sein, erklärte Özdemir.
Erst in einem zweiten Schritt will die Ampelkoalition sich in regionalen Modellprojekten an kommerzielle Lieferketten wagen. Unternehmen soll die Produktion, der Vertrieb und die Abgabe in Fachgeschäften von Genusscannabis an Erwachsene in einem lizenzierten und staatlich kontrollierten Rahmen ermöglicht werden. Fünf Jahre sollen Abläufe räumlich begrenzt erprobt und vor allem wissenschaftlich evaluiert werden. So will man Aufschluss gewinnen, wie sich kommerzielle Lieferketten auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie den Schwarzmarkt auswirken. Lauterbach erhofft sich solide Feldstudien, die auch für ganz Europa ein Wegweiser sein können.
In dieser zweiten Säule könnten auch die Apotheken als Abgabestellen ins Spiel kommen. Lauterbach erklärte auf Nachfrage, dass dies zumindest nicht auszuschließen sei. Auf Details wollte er sich aber noch nicht explizit festlegen. Man arbeite intensiv an diesen Plänen, sie sollen nach der Sommerpause präzisiert werden. Bei diesem zweiten Gesetz ist davon auszugehen, dass es ein Notifizierungsverfahren durchlaufen muss.
„Cannabis ist ein weit verbreitetes Genussmittel. Es wird in Deutschland oft illegal angeboten und genutzt. Damit gefährdet es häufig die Gesundheit. Besonders Jugendliche sind durch Cannabis in ihrer sozialen und kognitiven Entwicklung beeinträchtigt. Trotzdem konsumieren immer mehr Jugendliche die Droge. Die Schwarzmarktware ist häufig verunreinigt und schafft zusätzliche Gesundheitsgefahren. Das können wir nicht länger hinnehmen.“
AVNR-Chef ist nicht überzeugt
Seitens der Apothekerschaft war der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR), Thomas Preis, der erste, der sich zu den neuen Eckpunkten zu Wort meldete: „Es ist schon absurd, dass wir gegen massive Lieferprobleme bei Medikamenten für Kinder, Blutdruck-Patienten, Krebskranken und Diabetikern kämpfen müssen und jetzt viel politische Energie verwenden, um Drogen salonfähig zu machen. Auch die abgespeckte Version der Cannabis-Legalisierung ist medizinisch und pharmazeutisch nicht vertretbar.“
Preis glaubt auch nicht an eine Entlastung der Behörden – diese müssten jetzt schließlich noch mehr kontrollieren. Werden die diversen neuen Grenzwerte und Auflagen für die neuen Cannabis-Clubs eingehalten? Der AVNR-Vorsitzende ist überzeugt, dass auch bei diesem Legalisierungs-Modell ein zu hoher Konsum nicht verhindert werden könne. „Das Gegenteil ist der Fall. Wir schaffen uns zusätzliche Probleme, insbesondere bei jungen Menschen.“ Er verweist, dass ein Konsum in jungen Jahren später das Risiko steigere, psychotische Symptome, Depressionen oder Angststörungen zu bekommen.
Das Eckpunktepapier ist ein großer erster Schritt in Richtung #Legalisierung von #Cannabis. Allerdings ist das Konzept zu restriktiv im Hinblick auf:
— Kristine Lütke MdB (@kristine_lutke) April 12, 2023
1⃣ #THC-Obergrenzen
2⃣ #Edibles
3⃣ Wenige Modellregionen
Wir als @fdpbt arbeiten weiter an der Legalisierung wie im KoaV!
Auf die besonderen Auswirkungen von Cannabis auf sich noch entwickelnde Gehirne wies auch Lauterbach mehrfach hin. Er setzt aber darauf, diese Menschen frühzeitig mit Hilfsangeboten zu erreichen. Dazu sei es aber auch nötig, das gesamte Thema erst einmal zu enttabuisieren.
1 Kommentar
Karli
von ratatosk am 18.04.2023 um 16:29 Uhr
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