Rezeptfreie Schlafmittel im Test

Das rät Stiftung Warentest bei Schlafstörungen

Stuttgart - 22.09.2022, 15:15 Uhr

Nachts lange wach zu liegen oder nicht richtig einschlafen zu können, kann auf Dauer belasten. (s / Foto: Wordley Calvo Stock/AdobeStock)

Nachts lange wach zu liegen oder nicht richtig einschlafen zu können, kann auf Dauer belasten. (s / Foto: Wordley Calvo Stock/AdobeStock)


Schlafstörungen belasten Betroffene, vor allem wenn sie häufiger auftreten. Schnelle Hilfe wird dann oft bei rezeptfrei erhältlichen Arzneimitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln gesucht. Stiftung Warentest hat solche Schlafmittel getestet, allgemeine Tipps zusammengestellt und sich auch zu verschreibungspflichtigen Arzneimitteln geäußert. Melatonin fiel im Test durch.

Aus der Apotheke kennt man es als häufig vorkommendes Beratungsthema: Schlafstörungen. Dieser Problematik hat sich nun Stiftung Warentest in der Ausgabe 10/2022 angenommen und rezeptfreie Schlafmittel bewertet. Das Fazit: Zu den besten Mitteln gehören die Antihistaminika Diphenhydramin sowie Doxylamin und „bestimmte“ Baldrianpräparate. Dem vielbeworbenen Melatonin erteilen die Tester dagegen eine Absage.

Bevor im Testbericht auf Arzneimittel eingegangen wird, gibt Stiftung Warentest den Leser:innen zunächst ein paar Tipps für eine gute Schlafhygiene mit. Beispielsweise sollte abends auf schwer verdauliche Speisen verzichtet werden, das Schlafzimmer gut gelüftet werden und die Zimmertemperatur zwischen 16 und 18 °C liegen. Falls diese bewährten Tipps nicht helfen, könnten rezeptfreie Schlafmittel „einen Ausweg aus der nächtlichen Qual bieten“.

Antihistaminika für Über-65-Jährige nur mit ärztlicher Rücksprache

Insbesondere werden im Testbericht Diphenhydramin und Doxylamin als geeignet empfohlen. Allerdings nur für eine kurzzeitige Anwendung, die zwei Wochen am Stück nicht übersteigen sollte. Begründet wird dies mit einem möglichen Gewöhnungseffekt und nachlassender Wirksamkeit. Eine längere Anwendung und höhere Dosierungen könnten beispielsweise zu Schwindel und Verwirrtheit führen. Bei Menschen über 65 Jahren wird vor der Einnahme ein ärztliches Gespräch empfohlen, da sie empfindlich, zum Beispiel mit Verwirrtheit, auf die genannten Antihistaminika reagieren könnten. 

Unter den vier getesteten Präparaten mit Diphenhydramin wird Halbmond-Tabletten® mit einem Preis laut Lauer-Taxe (1. September 2022) von 7,97 Euro für 20 Tabletten als Preistipp angepriesen. Unter den Doxylamin-haltigen Arzneimitteln ist Schlafsterne® mit 4,59 Euro für zehn Tabletten der Preissieger.

Baldrian-Präparate im Test: „eingeschränkt geeignet“ 

Wer zu einem Baldrian-Präparat greifen will, sollte laut den Experten von Stiftung Warentest darauf achten, dass „bestimmte Baldrianwurzel-Trockenextrakte in ausreichend hoher Dosierung“ zwischen 300 und 600 mg enthalten sind, etwa Abtei Baldrian forte oder Klosterfrau Baldrian Forte 600 Nervenruh. Die Wirkung sei nicht abschließend belegt, aber wissenschaftliche Studien legten diese nahe. Daher die Einschätzung „eingeschränkt geeignet“. Vorteil sei, dass Baldrian-Präparate „kaum“ Nebenwirkungen verursachten und nicht abhängig machten. Es wird darauf hingewiesen, dass sie über Tage oder Wochen eingenommen werden müssen, um schlaffördernd zu wirken, allerdings sollten sie nicht auf Dauer in der Selbstmedikation angewendet werden. 

Baldrian

Thema: Heilpflanzen

Baldrian

BMG folgt nicht den Empfehlungen des Sachverständigenausschusses

Doxylamin bleibt rezeptfrei

Auf eine ärztliche Abklärung der Ursachen wird hingewiesen. Außerdem wird ein Schlaftagebuch empfohlen, in dem unter anderem auch eingenommene Medikamente notiert werden sollen.

Melatonin nicht für die Selbstmedikation empfohlen

Melatonin wird häufig als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Stiftung Warentest weist darauf hin, dass diese Produkte beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit nur angemeldet werden müssen ohne Nachweis der Wirksamkeit und Angaben zu Wechsel- und Nebenwirkungen. 

Bereits im Jahr 2018 seien alle Melatonin-haltigen Nahrungsergänzungsmittel von Stiftung Warentest negativ bewertet worden. Von einer Selbstbehandlung habe man damals bereits abgeraten. Diese Präparate seinen „viel beworben, aber wenig erforscht“.

Hinweis zu verschreibungspflichtigen Arzneimitteln

Bei unzureichender Wirkung von schlaffördernden Maßnahmen oder rezeptfreien Schlafmitteln könne man sich ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel ärztlich verordnen lassen. Dabei bewertet Stiftung Warentest Brotizolam, Zolpidem und Zopiclon vor allem bei Einschlafstörungen als „geeignet“, während Lormetazepam und Temazepam bei Durchschlafstörungen „infrage“ kämen. Auf die kurzzeitige Anwendungsdauer und die Gefahr einer schnell entstehenden Abhängigkeit wird der/die Leser:in hingewiesen.

Generell sollte man, was den Schlaf angeht, die „Ansprüche nicht zu hoch schrauben“. Auch wenn es schwer fiele, sei Gelassenheit eines der „wirksamsten Schlafmittel", meinen die Autoren des Testberichts.


Desiree Aberle, Apothekerin, Redakteurin DAZ
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Schlafmittel bei Stiftung Warentest

Von Gute-Nacht-Tee bis Melatonin – was hilft?

Pflanzliche Arzneimittel für Kinder (Teil 3)

Schlafstörungen bei Kindern – gibt es da auch was Pflanzliches?

Möglichkeiten der Selbstmedikation bei behandlungsbedürftigen Schlafstörungen

„Ich kann nicht schlafen!“

Die Differenzialtherapie einer schweren Insomnie

Ausgeschlafen

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.