Allergodil akut forte

Heuschnupfen: Kann man die Dosis von Azelastin-Nasenspray verdoppeln?

Stuttgart - 09.05.2022, 16:45 Uhr

Heschnupfen-Patient:innen haben in der Apotheke jetzt noch eine Option mehr im Bereich der Selbstmedikation. (x / Quelle: Mylan | Foto: Voy_ager/AdobeStock)

Heschnupfen-Patient:innen haben in der Apotheke jetzt noch eine Option mehr im Bereich der Selbstmedikation. (x / Quelle: Mylan | Foto: Voy_ager/AdobeStock)


Wenn die Pollen fliegen, die Augen tränen und die Nase läuft, ist mancher Allergiker vielleicht schon einmal versucht gewesen, einen Sprühstoß mehr seines Azelastin-Nasensprays zu applizieren, als laut Fachinformation erlaubt ist. Doch ist das ratsam? Bislang konnte man in der Apotheke dazu keine offizielle Empfehlung geben. Jetzt gibt es aber ein neues Nasenspray gegen die saisonale allergische Rhinits, das deutlich höher dosiert ist, als bisherige Azelastin-Präparate. 

Ob „Allergodil akut“, „Azedil“, „Pollival“ oder „Vividrin akut“ Nasenspray – sie alle enthalten 1 mg/ml Azelastinhydrochlorid als Wirkstoff, beziehungsweise 0,14 mg pro Sprühstoß. Verabreicht werden sie morgens und abends mit einem Sprühstoß je Nasenloch. Die Einzeldosis beträgt also 0,28 mg und die gesamte Tagesdosis 0,56 mg. Sie alle sind indiziert zur symptomatischen „Behandlung der saisonalen allergischen Rhinitis (Heuschnupfen) bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab sechs Jahren“. 

Eine Leitlinie zur allergischen Rhinitis wurde im September 2018 angemeldet und soll im März 2023 fertiggestellt werden. Eine alte Leitlinie zur allergischen Rhinokonjunktivitis stammt von 2003

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Viele Heuschnupfen-Patient:innen beginnen ihre Therapie mit oralen Antihistaminika, auch weil nur eine einmal tägliche Einnahme nötig ist. Allerdings hilft die orale Therapie gerade bei Symptomen am Auge weniger gut und ist insgesamt schwächer wirksam als die intranasale Therapie mit Antihistaminika. Die Anwendung eines antiallergischen Nasensprays (beispielsweise mit dem Wirkstoff Azelastin) kann auch gegen eine Konjunktivitis helfen.

Reichen topische Antihistaminika nicht aus, kann mit nasalen Glucocorticoiden die Therapie intensiviert werden. Die Glucocorticoide sind am wirksamsten, haben gegenüber den Antihistaminika aber eine gewisse Wirklatenz. Weil nasale Antihistaminika schneller, aber schwächer wirksam als nasale Glucocorticoide sind, ist die Kombination beider Präparate vor allem zu Beginn der Heuschnupfen-Saison sinnvoll. Mit oralen Antihistaminika sollten nasale Glucocorticoide jedoch nicht kombiniert werden, weil die Kombination keinen zusätzlichen Nutzen bringen soll.

Den Patient:innen stehen also einige Optionen zur Verfügung, um ihre Allergie-Symptome zu lindern. Eine Dosissteigerung eines Azelastin-Nasensprays erscheint da nicht nötig (und war bislang auch nicht innerhalb der Zulassung erlaubt). 

Auch Kinder dürfen ein wenig höher dosieren

Manch einer mag die Antihistaminika-Nasensprays nicht, weil sie bitter schmecken und häufiger appliziert werden müssen als Tabletten. In diese Lücke versucht nun offenbar das neue Präparat „Allergodil® akut forte Nasenspray“ vorzustoßen. Es ist seit März 2022 auf dem Markt und ebenfalls gegen Heuschnupfen ab einem Alter von sechs Jahren zugelassen. Allerdings heißt es „forte“, weil es 1,5 mg/ml Azelastinhydrochlorid enthält, pro Sprühstoß 0,21 mg, also 1,5 Mal so viel wie „Allergodil akut“.*

Appliziert werden soll es ab zwölf Jahren im Idealfall nur noch einmal täglich – und dann gleich mit zwei Sprühstößen pro Nasenloch, insgesamt also 0,84 mg Azelastinhydrochlorid. Die Dosis darf laut Fachinformation sogar noch auf zweimal täglich zwei Sprühstöße pro Nasenloch gesteigert werden – die maximal erlaubte Tagesdosis von 1,68 mg.* 

Zwischen sechs und elf Jahren dürfen Kinder das Spray zwar auch zweimal täglich anwenden, allerdings nur mit einem Sprühstoß je Nasenloch. Mit Kindern liegen zur Anwendungsdauer laut Fachinformation bislang nur klinische Erfahrungen von bis zu vier Wochen vor. Klinische Studien mit einer Dauer von bis zu einem Jahr mit einer doppelt so hohen Tagesdosis sollen jedoch eine gute Sicherheit bei Erwachsenen und Jugendlichen gezeigt haben. 

Bei nasaler Anwendung gilt eine Überdosierung generell als unwahrscheinlich. Wird die Lösung versehentlich verschluckt, ist laut Fachinformation aufgrund tierexperimenteller Befunde mit zentralnervösen Erscheinungen zu rechnen, wie Benommenheit, Verwirrtheit, Koma, Tachykardie und Hypotonie. Ein Antidot ist nicht bekannt. Es können also nur die Symptome behandelt werden.

Die volle Wirkung des neuen Azelastin-Sprays soll nach 15 Minuten einsetzen und bis zu 24 Stunden anhalten. Die Eliminationshalbwertszeit im Plasma wird nach einmaliger Gabe mit etwa 20 Stunden für Azelastin und etwa 45 Stunden für den therapeutisch aktiven Metaboliten N-Desmethylazelastin angegeben.

*Dieser Text wurde am 12.5.2022 um 14:07 Uhr präzisiert. Denn die Einzeldosis wurde nicht verdoppelt, sondern um 50 Prozent erhöht. Allerdings beträgt die mögliche Gesamtdosis für Erwachsene das Dreifache bisheriger Azelastin-Nasensprays. 


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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