Deutsche Diabetes Gesellschaft

Glucose-Regulation nach COVID-19 überprüfen

Stuttgart - 20.04.2022, 15:15 Uhr

Die DDG fordert eine „aktive Untersuchung der Glucoseregulation aller Betroffenen nach Infektionen, besonders nach einer Ansteckung mit dem SARS-CoV-2-Erreger“. (x / Foto: Africa Studio / AdobeStock)

Die DDG fordert eine „aktive Untersuchung der Glucoseregulation aller Betroffenen nach Infektionen, besonders nach einer Ansteckung mit dem SARS-CoV-2-Erreger“. (x / Foto: Africa Studio / AdobeStock)


Eine Studie des Deutschen Diabetes-Zentrums erhärtet den Verdacht, dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 die Entstehung eines Diabetes begünstigen kann. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft fordert nun sogar ein Diabetes-Screening mit Langzeitblutzuckermessung nach einer Corona-Infektion. Bei Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Schwäche solle man auch an einen Typ-2-Diabetes denken.

Die Frage, ob COVID-19 möglicherweise die Entstehung eines Diabetes fördern kann, kam schon recht früh im Verlauf der SARS-CoV-2-Pandemie auf. Im Januar dieses Jahres zeigte sich die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) jedoch noch kritisch angesichts einer Studie aus den USA, die zeigen sollte, dass junge Patienten mit COVID-19 häufiger an Diabetes erkranken als Gleichaltrige, die sich nicht mit dem Coronavirus angesteckt haben. Die DDG wies auf „gravierende methodische Schwächen der Studie“ hin.

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Es müssten noch weitere Langzeitstudien mit verlässlichen Daten durchgeführt werden, um über kausale Zusammenhänge sprechen zu können, hieß es. Doch nun hat sich die DDG vergangene Woche erneut in einer Pressemitteilung zum Thema geäußert: Eine weitere Studie zeige ein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes nach einer überstandenen Corona-Infektion. Dieses Mal stammen die Daten aus deutschen Praxen. Ausgehend von den gewonnenen Ergebnissen fordert die DDG jetzt eine „aktive Untersuchung der Glucoseregulation aller Betroffenen nach Infektionen, besonders nach einer Ansteckung mit dem SARS-CoV-2-Erreger“.

Neue Risikogruppe für Typ-2-Diabetes – über 22 Millionen Menschen

Die DDG bezieht sich auf die Studie „Incidence of newly diagnosed diabetes after Covid-19“ des Deutschen Diabetes-Zentrums, die im März 2022 im Fachjournal „Diabetologia“ erschienen ist. Laut dieser Studie entwickeln Betroffene mit COVID-19 im Vergleich zu Menschen mit anderen Atemwegsinfektionen häufiger einen Typ-2-Diabetes. Das relative Risiko, nach einer Corona-Infektion an Diabetes zu erkranken, sei um 28 Prozent höher als nach einer anderen (viralen) Atemwegsinfektion: Über einen Zeitraum von einem Jahr erkrankten in der Studie damit ca. drei bis vier Personen pro 1.000 Menschen mehr an Diabetes nach einer COVID-19 Infektion als nach einer anderen Atemwegsinfektion, heißt es. „Diese Risikoerhöhung erscheint zunächst gering“, sagte Professor Wolfgang Rathmann, Erstautor der Studie gegenüber der DDG. „Doch damit haben wir eine neue Risikogruppe für Typ-2-Diabetes. Und das werden alle Menschen sein, die sich mit COVID-19 infiziert haben und infizieren werden. In Deutschland sind das zum jetzigen Zeitpunkt über 22 Millionen Menschen.“

Die Studie bezieht sich insgesamt auf Daten von über 70.000 Patientinnen und Patienten, welche aus einer bundesweiten Praxisdatenbank (Disease Analyzer; IQVIA Frankfurt) stammen. „Die Stichprobengröße war größer als in früheren, meist krankenhausbasierten Studien. Außerdem verwendeten wir Originaldaten aus den Praxen, die uns valide Angaben zu Prävalenz und Inzidenz von Typ-2-Diabetes und anderen chronischen Erkrankungen geben können“, so Rathmann. Die Aufgrund der geringen Fallzahl lässt sich zu Typ-1-Diabetes noch keine Aussagen treffen.

Manifestation lässt sich verhindern

Geklärt werden müsse allerdings noch, ob der Typ-2-Diabetes nach einer Corona-Infektion nur vorübergehend auftritt oder zu einer chronischen Erkrankung führt. Wie auch bei einem – nicht nach einer Viruserkrankung auftretenden – Diabetes Typ 2 könnten gezielte Präventionsmaßnahmen einer Manifestation, also einer chronischen Erkrankung, entgegenwirken. „Wir brauchen weitere Forschung, um den Zusammenhang von Infektionserkrankungen und Diabetes mellitus zu verstehen“, betont Professor Andreas Fritsche, Vizepräsident der DDG vom Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz-Zentrums München an der Universität Tübingen. „Deshalb erneuern wir unseren Appell an die Politik, unsere bereits bekannten Forderungen mit höherer Priorität endlich umzusetzen: Wir brauchen ein umfangreiches Maßnahmenbündel zur Prävention und Behandlung von Diabetes.“



Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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