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Mangel an Grippeimpfstoffen 2020/21
Warum wird Flucelvax nicht einfach nachproduziert?
Derzeit berichten Apotheker, Ärzte und Patienten über Engpässe bei Grippeimpfstoffen. Dass Influenzaimpfstoffe aus Hühnereiern nicht einfach und schnell nachproduziert werden können, ist bekannt – doch ist nicht gerade ein Vorteil von zellkulturbasierten Grippeimpfstoffen, dass im Falle einer Influenzapandemie der Herstellprozess schneller gestartet werden kann? DAZ.online hat mit Seqirus gesprochen, dem Hersteller von Flucelvax, der derzeit einzigen säugetierzelllulturbasierten Grippevakzine in Deutschland.
„Ein potenzieller Vorteil der Zellkulturtechnologie besteht darin, dass sie im Falle einer Pandemie einen schnelleren Start des Impfstoffherstellungsprozesses ermöglichen könnte“, erklärt die US-amerikanische Seuchenbehörde (CDC, Centers for Disease Control an Prevention) einen der möglichen Vorteile von Grippeimpfstoffen, die in Zellkulturen – statt in Hühnerembryonen – hergestellt werden. In Deutschland ist seit Dezember 2018 mit Flucelvax Tetra ein einziger säugetierzellkulturbasierter Grippeimpfstoff zugelassen und auf dem Markt, der Hersteller ist Seqirus.
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Der Produktionsstart könnte deswegen rascher erfolgen, da die Zellen, die zur Herstellung von Flucelvax verwendet werden, tiefgefroren aufbewahrt und ‚gelagert‘ werden, erklärt die CDC weiter. Zellbanken stellten sicher, dass ein ausreichender Vorrat an Zellen für die Impfstoffproduktion leicht verfügbar ist, somit sei die Züchtung der Grippeviren in Zellkulturen für die Herstellung von Flucelvax nicht von einer Eizelle abhängig.
Könnte Seqirus nicht weitere Impfstoffe bereitstellen?
Warum nutzt man diesen Vorteil aber nicht in der aktuellen Lage um knappe Grippeimpfstoffe? Könnte man nicht einfach zusätzliche Impfstoffe für die aktuelle Influenzasaison nachproduzieren und den wohl erhöhten Bedarf decken? Diese Frage hat sich DAZ.online gestellt und mit Seqirus gesprochen.
Wie lange dauert eine Herstellung in Säugetierzellkulturen?
Seqirus erklärt: „Der Prozess der Impfstoffentwicklung kann in einer normalen Grippesaison zwölf bis 18 Monate dauern. In einem saisonalen Kontext ist die Vorlaufzeit für die Herstellung und Freigabe des Produkts durch zahlreiche andere Faktoren beeinflusst, wie zum Beispiel der Verfügbarkeit von Saatgut und Reagenzien für sowohl zellbasierte als auch für eibasierte Impfstoffe. Aus diesen Gründen sind die Vorlaufzeiten für die beiden Herstellungsverfahren in etwa gleich lang. Die zellbasierte Produktion ist jedoch nicht von der Verfügbarkeit von Eiern abhängig und hat daher das Potenzial, insbesondere im Falle einer Pandemie, schneller als ein eibasierter Impfstoff auf den Markt gebracht zu werden.“
Vorteil liegt in der besseren Wirksamkeit und Eiaunabhängigkeit
Also liegt der Vorteil der zellkulturbasierten Impfstofftechnologie gar nicht primär in der schnelleren Produktion, sondern darin, dass diese eine von Hühnereiern unabhängige Produktion ermöglicht und eine Ei-Adaptation verhindert. Das bestätigt auch Deborah Di Salvo, Director Commercial Operations Deutschland, Österreich und Schweiz im Interview mit DAZ.online: „Auch die Grippeimpfstoffherstellung in Säugetierzellkulturen ist ein komplexer und vielteiliger Prozess. Viele Schritte – wie Bulk-Herstellung, zahlreiche Qualitätskontrollen, Abfüllung und Verpackung – entsprechen der bei der Produktion in Hühnereiern. Was die Schnelligkeit der Produktion angeht, so ermöglicht die zellkulturbasierte Technologie allerdings einen schnelleren Produktionsstart.“ Für die Zellkultur verwende man eine Zelllinie, die mit modernen Zellkulturtechniken mit am Herstellungsort verfügbaren Materialien erweitert werden kann. „Dies bedeutet, dass der Zellkulturprozess möglicherweise schneller auf ein höheres Produktionsniveau angehoben werden kann“, so Di Salvo.
Es kommt nochmals Grippeimpfstoff im November
Seqirus bestätigt zudem, dass im November nochmals Grippeimpfstoff ausgeliefert wird. Wie viele Impfdosen das sein werden, darüber gibt der Hersteller keine Auskunft. Auch habe man bislang alle Vorbestellungen bedient. Teilweise sei auch bereits von der extra produzierten Menge ausgeliefert, der Großteil der zusätzlich für das Bundesgesundheitsministerium hergestellten Menge komme im November. Dass überhaupt zusätzliche Impfdosen produziert werden konnten, ist laut Seqirus eine Ausnahme: Die Bestellung des Bundesgesundheitsministeriums erfolgte im April, also sehr spät und eigentlich zu spät. Denn normalerweise steht nach Angaben von Seqirus schon im August des Vorjahres die zu produzierende Gesamtmenge an Grippeimpfstoff fest, und diese ist fix. Man könne sodann noch innerhalb Europas eine gewisse Anzahl an Impfstoffdosen umschichten, doch könne die absolute Menge nicht mehr erhöht werden.
In diesem Jahr haben Seqirus und auch andere Hersteller von Grippeimpfstoffen ihre Produktion erweitert und länger produziert, um einen möglicherweise erhöhten Bedarf zu decken. „Besonders dieses Jahr macht die Möglichkeit, dass die COVID-19-Pandemie in den Wintermonaten andauert oder erneut auftritt, eine Grippeimpfung wichtiger denn je. Wir geben unser Bestes, um die Versorgung auf den globalen Märkten zu optimieren und sicherzustellen, dass so viele Menschen wie möglich Zugang zu unseren Grippeimpfstoffen haben.“ Seqirus stehe hierzu in engem Kontakt mit dem Bundesministerium für Gesundheit, da die Grippe eine erhebliche gesundheitliche Belastung darstellt und eine Impfung die beste Präventionsmethode ist.
2 Kommentare
Grippeimpfstoff fehlt
von Christa Lippert am 04.11.2020 um 20:12 Uhr
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Grippeimpfstoffe
von Gregor Huesmann am 04.11.2020 um 18:54 Uhr
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