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Schutzausrüstung
Apotheker wegen ausbleibender Masken von Landesregierungen enttäuscht
Immer mehr Experten erklären, dass das Tragen von Atemschutzmasken bei der Eindämmung des Coronavirus helfen kann. Inzwischen wird sogar über eine Maskenpflicht diskutiert. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte versprochen, Schutzmasken zu beschaffen, um diese an das Gesundheitspersonal zu verteilen. Die ersten Lieferungen des Bundes und der Länder sind nun auch bei Ärzten und in Kliniken eingetroffen. Die Apotheker hingegen wurden zunächst ausgeklammert. Die Apothekerkammern reagieren mit zunehmendem Unverständnis darauf.
Die Nachfrage nach Atemschutzmasken ist seit Beginn der Coronakrise in ungeahnte Höhen geklettert. Engpässe bestehen eigentlich bei allen Produkten: Es gibt weder „einfache“ Schutzmasken, die auch als „OP-Masken“ bezeichnet werden, noch gibt es Filtermasken (FFP), die je nach Bauart auch den Träger der Maske vor Infektionen schützen können. Klar ist: Die Nachfrage nach Atemschutzmasken dürfte in den kommenden Wochen noch weiter ansteigen. Denn viele Experten empfehlen inzwischen das Tragen solcher Masken und auch das Robert Koch-Institut (RKI) kommuniziert auf seiner Internetseite, dass schon durch eine einfache „textile Barriere im Sinne eines MNS (sogenannte community mask oder Mund-Nasen-Bedeckung) Tröpfchen, die man zum Beispiel beim Sprechen, Husten oder Niesen ausstößt, abgefangen werden“ können.
Und so wird hierzulande derzeit schon über eine Maskenpflicht diskutiert, wie sie zumindest teilweise in Österreich und Tschechien in der Öffentlichkeit schon gilt. Das Problem ist nur: Wie kann man eine Pflicht anordnen, wenn es keine Masken gibt? Die Bundesregierung und die Landesregierungen sind seit Wochen damit beschäftigt, Schutzausrüstung zu beschaffen. Das Gesundheitsministerium Nordrhein-Westfalen hatte bis zur vergangenen Woche beispielsweise 3,7 Millionen Masken zentral beschafft und diese an Kliniken und Ärzte verteilt. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte in einem Interview, dass er sich derzeit als „Masken-Beschaffungsminister“ sehe.
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Diese bereits ausgelieferten Masken sind allerdings nicht in den Apotheken gelandet – obwohl Apotheker und ihre Teams tagtäglich unzählige Patienten in direktem Kontakt beraten. Bayerns Kammerpräsident Thomas Benkert hat sich darüber nun beschwert. In einem Interview mit der „Nürnberger Zeitung“ erklärte Benkert, dass die vom BMG beschafften Masken nun im Freistaat verteilt würden – ohne dass die Apotheken beliefert würden. „Die Apotheken gehen dabei vollkommen leer aus, obwohl es unsere Mitarbeiter sind, die Tag für Tag die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung aufrecht erhalten, die täglich sehr viel Kontakt mit den Menschen haben – und nicht wissen, ob vor ihnen möglicherweise gerade ein mit dem Coronavirus Infizierter steht oder eine mögliche Kontaktperson“, so der BLAK-Präsident. Pro Tag benötigten die Apotheken in Bayern insgesamt 30.000 Masken.
Kammern beschweren sich über hintere Listenplätze für Apotheker
DAZ.online hat sich auch in anderen Bundesländern bei den Kammern danach erkundigt, ob bereits Lieferungen bei den Apotheken eingetroffen sind. Den einzigen Lichtblick gibt es in Berlin. Hier wurde die Kammer darüber informiert, dass die Berliner Apotheken 25.000 OP-Masken bekommen sollen. Wann genau die Masken in den Apotheken eintreffen sollen, ist aber weiterhin unklar. Kammerpräsidentin Kerstin Kemmritz zeigt aber Verständnis für die Politik. Die Kammerpräsidentin wörtlich:
Auch die Apotheken in Berlin haben viel zu wenig Schutzausrüstung. Auf dem Markt werden derzeit irrsinnige Preise beispielsweise für Atemschutzmasken aufgerufen, dann sind auch die Lieferungen unsicher und die Lieferdaten dazu erst recht. Die Kammer Berlin ist Teil des Krisenstabs. Dort haben wir gegenüber dem Senat unseren Bedarf an Atemschutzmasken und weiterer Schutzausrüstung kommuniziert. Wir benötigen alleine Atemschutzmasken im sechsstelligen Bereich, wenn wir uns für mehrere Wochen bevorraten sollen. Auch wenn der Bedarf prinzipiell anerkannt wurde, haben wir bislang noch keine Lieferungen bekommen und auch keine möglichen Liefertermine. Auch Ärzte, Zahnärzte oder Pflegekräfte sind noch nicht ausreichend versorgt worden. Obwohl das natürlich eine unbefriedigende Situation ist für die Apotheken, habe ich aufgrund der schwierigen Marktverhältnisse Verständnis für die handelnden Politiker, die praktisch mit den gleichen Schwierigkeiten bei der Beschaffung zu kämpfen haben wie Apotheken, Großhändler und Einkaufskooperationen auch. Die Versäumnisse liegen genau wie bei anderen Lieferengpässen in der Vergangenheit und müssen nun intensiv und schnell durch Wiederbelebung einer funktionierenden Lieferkette beseitigt werden.“
LAK Baden-Württemberg: Das ist nicht nachvollziehbar!
Die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg hingegen hat weniger Verständnis dafür, dass Apotheker weit hinten stehen auf der Belieferungsliste. Kammer-Geschäftsführer Karsten Diers erklärte, dass man keine Informationen dazu habe, wie viele und welche Masken die Apotheken von der Landesregierung erhalten werden. Weiter sagte er:
Dass Apotheken vom Land als nicht prioritär eingestuft wurden, ist für uns nicht nachvollziehbar. Wir haben in allen Besprechungen mit dem Sozialministerium immer wieder darauf hingewiesen, dass die Apotheken, die an der vordersten Front der Arzneimittelversorgung stehen, als systemrelevante Gruppe behandelt und mit PSA versorgt werden müssen und dass andernfalls die flächendeckende Arzneimittelversorgung gefährdet ist. Darum halten wir eine frühere und schnellere Belieferung der Apotheken mit PSA für dringend geboten. Die erforderliche Anzahl hängt dabei sicherlich von schon vorhandenen Vorräten der Apotheken und der Zahl der Mitarbeiter ab.“
Dobbert: Nach der Krise müssen wir reden
Brandenburgs Kammerpräsident Jens Dobbert wollte sich inhaltlich zur Masken-Beschaffung nicht äußern. Nur so viel: „Wir werden uns nach der Krise mit den für uns zuständigen Ministerien zusammensetzen und deutlich über all das sprechen, was während der Krise schiefgelaufen ist.“ In Hamburg beschwert sich Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen darüber, dass die Apotheker wie in Bayern auf der „Liste der Prioritäten ganz hinten“ stehen. Es sei zwar gelungen, immerhin die Notdienst-Apotheken am Oster-Wochenende mit einem geringen Kontingent auszustatten. „Aber für alle Apotheken ist einfach viel zu wenig da“, so Siemsen. Die Kammer habe ihren Bedarf bei der Gesundheitsbehörde angemeldet.
Und auch die ABDA hatte sich schon über das Vorgehen der Bundes- und der Landesregierungen bei der Verteilung von Schutzausrüsrtung beschwert. In einer telefonisch geführten Pressekonferenz hatte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt erklärt, dass er es als „unbefriedigend“ bewerte, dass die Apotheker in der Liste der Empfänger von neu beschaffter Schutzausrüstung (Masken, Kittel, Hauben etc.) erst sehr weit unten kämen. Schmidt wörtlich: „Natürlich verstehen wir es, dass in der ersten Welle der Bestellungen nun Ärzte und Pfleger in den Kliniken versorgt werden. Wir weisen aber derzeit in unseren Gesprächen darauf hin, dass gerade die Apotheken häufig Kontakt mit noch unerkannten Infizierten haben.“
3 Kommentare
Masken
von Karl Friedrich Müller am 18.04.2020 um 17:58 Uhr
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Politiker wissen, Apotheker helfen sich immer selbst.
von Heiko Barz am 16.04.2020 um 22:36 Uhr
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Kein Schutzmasken für Apotheken
von M. Einwag am 16.04.2020 um 20:59 Uhr
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