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AOK Baden-Württemberg
Bauernfeind: Mechanik der Rabattverträge wirkt Engpässen entgegen
Sind Rabattverträge mitursächlich für Arzneimittel-Lieferengpässe? Viele der Player im Arzneimittelmarkt – auch die Apotheker – meinen ja, jedenfalls die exklusiven. Die Krankenkassen sehen das bekanntlich anders, allen voran die AOK Baden-Württemberg. Ihr neuer Vorstandschef Johannes Bauernfeind ist diesem Punkt ganz auf einer Linie mit seinem Vorgänger Christopher Hermann und meint, die Mechanik der Rabattverträge wirke Engpässen sogar entgegen.
„Das Problem der Lieferengpässe bei Arzneimitteln löst man nicht, indem man pauschal die Arzneimittelrabattverträge kritisiert“, erklärt Johannes Bauernfeind, seit Jahresbeginn Vorstandschef der AOK Baden-Württemberg und damit Nachfolger des „Vaters der Rabattverträge“, Christopher Hermann. Lösungsansätze, so verkündete er am gestrigen Donnerstag via Pressemitteilung, müssten zwingend die globalen Abhängigkeiten in der Arzneimittelversorgung berücksichtigen. Es bedürfe einer gemeinsamen europäischen Strategie, die mehr Markttransparenz und eine Mindestbevorratungspflicht für wichtige Arzneimittel im Blick habe. Ausdrückliche Unterstützung der AOK Baden-Württemberg findet derzeit auch das Vorhaben, die Kompetenzen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zu stärken.
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Wie Hermann ist Bauernfeind überzeugt, dass bislang „allein die Mechanik der Rabattverträge zur Verhinderung von Lieferengpässen beitragen“ könne. Sie machten die Versorgung planungssicherer, stellten Transparenz her und verfügten über wirksame Sanktionierungsinstrumente. „Die Politik sollte jetzt genau prüfen, welches Instrumentarium eine sichere Versorgung der Patienten mit Arzneimitteln befördert und welches nicht“, so Bauernfeind weiter.
AOK Baden-Württemberg wird nicht müde, das System zu verteidigen
Bislang gibt es allerdings keine konkreten Schritte der Politik, die Rabattverträge anzugreifen. Selbst in den jüngst bekannt gewordenen Formulierungshilfen für Änderungsanträge zum Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz findet sich kein solcher Versuch. Nur die Apotheken sollen größere Freiheiten bekommen, wenn ein Rabattarzneimittel nicht lieferbar ist. Dann sollen sie unmittelbar austauschen können – und nicht die Versicherten, sondern die Kassen sollen etwaige Mehrkosten tragen, falls kein alternatives Arzneimittel zum Festbetrag verfügbar ist.
Auch wenn das Bundesgesundheitsministerium (exklusive) Rabattverträge nicht für Lieferprobleme verantwortlich macht: In der Politik, auch in den Regierungsfraktionen, gibt es durchaus Skeptiker. Und so wird die AOK Baden-Württemberg nicht müde, das System zu verteidigen.
Wirkliche Versorgungsprobleme in Krankenhäusern oder bei patentgeschützten Arzneimitteln
Bauernfeind betonte, dass Lieferengpässe nicht mit Versorgungsengpässen gleichzusetzen seien. Wirkliche Versorgungsprobleme beträfen vor allem Arzneimittel für Krankenhäuser oder patentgeschützte Arzneimittel, für die es keine adäquate Alternative gebe. „Versorgungskritische Engpässe treten immer dort auf, wo es, anders als im deutschen Generikamarkt, keine vertraglichen Lieferverpflichtungen gibt“, so der AOK-Vorstandschef. Solche Lieferengpässe seien zum Beispiel in den USA etwa doppelt so häufig wie in Deutschland. Auch in europäischen Staaten ohne vertraglichen Lieferrahmen seien die Auswirkungen weltweiter Arzneimittelengpässe gravierender zu spüren als hierzulande, so die AOK.
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So liste die Schweiz aktuell 568 nicht lieferbare Produkte bei 287 betroffenen Wirkstoffen, in Rumänien fehlten aktuell sogar 695 Präparate. Deutschland verzeichne derzeit 257 nicht lieferbare Arzneimittel, wovon vor allem Kliniken betroffen seien. Allerdings: Bekanntlich ist die deutsche Liste der nicht-lieferfähigen Arzneimittel nicht vollständig, da für den ambulanten Bereich gar keine Meldepflicht besteht. Das soll künftig aber anders werden.
Rohstoffknappheit oder Produktionsausfälle
Bauernfeind betont erneut, dass es vor allem Rohstoffknappheit oder Produktionsausfälle seien, die die Engpässe verursachen. Exklusivverträge zu unterbinden helfe da nicht weiter. Zumal auch bei Mehrfachvergaben die Hersteller häufig letztlich auf denselben Wirkstoffproduzenten zurückgriffen. Ein Mehr-Partner-Modell sei „sogar kontraproduktiv, da die Planungssicherheit für die Unternehmen bei diesem Modell zurückgeht“, so der AOK-Vorstandschef. Nur schlecht kann es allerdings auch nicht sein, schließlich gibt es mittlerweile auch bei den AOK-Rabattverträgen häufiger mehrere Vertragspartner.
8 Kommentare
AOK BW - Gibt es dort gar keinen Sachverstand mehr ?
von ratatosk am 10.02.2020 um 11:11 Uhr
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Bauerfeind
von Conny am 07.02.2020 um 19:49 Uhr
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Äh
von Stefan Haydn am 07.02.2020 um 18:54 Uhr
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AW: Klare Position
von Holger am 10.02.2020 um 11:10 Uhr
Verdrängen
von Reinhard Rodiger am 07.02.2020 um 17:33 Uhr
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Rabattvertragslügen
von Roland Mückschel am 07.02.2020 um 14:50 Uhr
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von Christian Timme am 07.02.2020 um 13:28 Uhr
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von Dr.Diefenbach am 07.02.2020 um 13:11 Uhr
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