Twenty21 in Großbritannien

Europas größte Studie mit Cannabis-Patienten gestartet

04.12.2019, 09:00 Uhr

Medizinalcannabis wird in Großbritannien derzeit nicht vom NHS erstattet. Eine groß angelegte Datensammlung soll die Evidenz liefern, damit sich das ändert. (c / Foto: imago images / epd)

Medizinalcannabis wird in Großbritannien derzeit nicht vom NHS erstattet. Eine groß angelegte Datensammlung soll die Evidenz liefern, damit sich das ändert. (c / Foto: imago images / epd)


In Großbritannien wurde in diesen Tagen das erste Patientenregister für medizinisches Cannabis in Europa ins Leben gerufen. Mit Hilfe des Registers sollen Daten von 20.000 Patienten zusammengetragen werden, und zwar zu sieben verschiedenen Anwendungsbereichen. Die Wissenschaftler erhoffen sich davon ausreichende Wirksamkeitsnachweise, damit der NHS die Behandlung mit Medizinalcannabis bezahlt.

Großbritanniens führendes unabhängiges wissenschaftliches Gremium für Drogen „Drug Science“ hat ein groß angelegtes Projekt gestartet, um die Beleglage zu medizinischem Cannabis mit umfangreichen Daten aus der praktischen Anwendung zu verbessern. In das Projekt TWENTY21 sollen insgesamt 20.000 Patienten mit verschiedenen Erkrankungen einbezogen werden. Ziel ist es, die europaweit größte Evidenz für die Wirksamkeit von medizinischem Cannabis zu schaffen. Drug Science hofft, dass die Ergebnisse ausreichende Nachweise liefern werden, damit die Ärzte mehr Vertrauen in die Behandlungsform gewinnen. Außerdem sollen Entscheidungsträger, wie der Nationale Gesundheitsdienst (NHS) von den Vorteilen einer breiteren Akzeptanz von medizinischem Cannabis überzeugt werden. Das Ziel: Der NHS soll die Behandlungskosten übernehmen, was bislang nicht der Fall ist.

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Patienten bleiben unbehandelt oder haben Schulden

Medizinisches Cannabis ist für viel zu viele immer noch unerreichbar“, sagt der Drogenspezialist und Aktivist David Nutt, der das Projekt leitet. „Patienten bleiben unbehandelt, haben erhebliche Schulden aufgrund der Kosten für private Rezepte oder werden kriminalisiert, weil sie gezwungen sind, sich dem Schwarzmarkt zuzuwenden. Nichts davon haben sie verdient. Die Situation hinsichtlich der Verschreibung müsse sich dringend ändern, fordert der Psychiater und Psychopharmakologe. 

Welche Einsatzgebiete werden untersucht?

TWENTY21 richtet sich an Patienten mit folgenden Erkrankungen, bei denen eine alternative Behandlung fehlgeschlagen ist:

  • Chronischer Schmerz
  • Angststörung
  • Epilepsie
  • Multiple Sklerose
  • Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
  • Suchterkrankungen, als Mittel zur Verminderung von Schädigungen
  • Tourette-Syndrom

Es wird betont, dass TWENTY21 keine randomisierte kontrollierte Studie ist, bei der einige Patienten Placebo erhalten würden. Vielmehr werden Real World-Daten gesammelt, um die Wirksamkeit, Sicherheit, die Lebensqualität (QALY) und von Patienten gemeldete Ergebnisse für die Arten von medizinischen Cannabis, die bei den genannten Krankheiten eingesetzt werden, zu dokumentieren. Alle Teilnehmer erhalten die Zubereitungen zu erschwinglichen Kosten, die von Partnerunternehmen aus der pharmazeutischen Industrie und von Drug Science selbst subventioniert werden.

 Den Mangel an Beweisen beheben

Das Projekt TWENTY21 erfährt breite Unterstützung aus medizinischen Fachkreisen, unter anderem vom Royal College of Psychiatrists, von der britischen Schmerzgesellschaft, der United Patients Alliance sowie von Aktivisten für medizinisches Cannabis.

„Das Royal College of Psychiatrists begrüßt dieses Projekt“, teilt die Präsidentin des College Wendy Burn mit. „Es soll einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den Mangel an Beweisen für die Verwendung von Cannabis-basierten Arzneimitteln in verschiedenen Anwendungsbereichen, einschließlich der psychischen Gesundheit, zu beheben. Wir hoffen, dass es zusammen mit anderen Forschungsergebnissen, wie zum Beispiel dringend benötigten randomisierten kontrollierten Studien, die Evidenz für Cannabis-basierte Arzneimittel weiter stärken wird."

Erst kürzlich hatte ein umfassender Review zur Datenlage bezüglich medizinischer Cannabinoide, einschließlich Medizinalcannabis und ihrer synthetischen Derivate, wie Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD), bei verschiedenen psychischen Störungen für Ernüchterung gesorgt. Die Ergebnisse aus der „wirklichen Welt“ dürfen also mit Spannung erwartet werden.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

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von Ingolf Böhme am 22.12.2019 um 9:43 Uhr

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