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Attacke auf die Mittelsmänner
US-Arzneimittelversorgung: Amazon will mit Krankenversicherungen verhandeln
Ein kürzlich zu Ende gegangener Rechtsstreit zwischen dem Gesundheitskonzern CVS und Amazon zeigt, wie der Onlineriese das Geschäft im US-Arzneimittelhandel aufmischen könnte. Dabei zielt der Konzern offenbar darauf ab, direkt mit Krankenversicherern ins Geschäft zu kommen. Die ohnehin unter Beschuss stehenden einflussreichen Pharmacy Benefit Manager (PBM) sehen das mit Sorge.
Die Ambitionen von Amazon, in das Pharmahandels- und Gesundheitsgeschäft einzusteigen, sind vor allem in den USA seit Längerem zu beobachten: Vor einem Jahr gab der Konzern die Übernahme der Versandapotheke PillPack bekannt; gemeinsam mit der US-Großbank JPMorgan Chase und Warren Buffetts Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway will Amazon zudem ein eigenes Unternehmen zur Gesundheitsversorgung von Mitarbeitern aufbauen. Auch hierzulande gab es bereits erst Testballons, beispielsweise Apotheker für die Vermarktung von Arzneimitteln auf der Plattform zu gewinnen.
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Ein Gerichtsverfahren in den USA gibt nun Hinweise, in
welche Richtung die nächsten Schritte Amazons in den USA gehen könnten. Nach
übereinstimmenden Berichten verschiedener US-Medien ging es dabei um einen ehemaligen
Spitzenmanager der US-Gesundheitsfirma und Apothekenkette CVS,
der als Pharmacy Benefit Manager Arzneimittelpreise mit Krankenkassen
verhandelt hatte. Dieser Mann wollte zu PillPack wechseln.
Daraufhin war CVS vor Gericht gezogen, da der Konzern angenommen hatte, dass PillPack
mithilfe des neuen Managers versuchen werde, die bestehenden Strukturen des
Gesundheitssystems zu umgehen und direkt mit Krankenversicherungen über
Medikamentenpreise verhandeln werde.
Es gab schon Gespräche
Laut Anklageschrift habe Amazon-PillPack bereits direkte Gespräche mit Blue Cross Blue Shield begonnen, einem Verbund von 36 Krankenversicherern, bei denen insgesamt 100 Millionen Amerikaner versichert sind. Diese Gespräche hätten zum Ziel gehabt, die Versicherten mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu beliefern. Laut CNBC und Business Insider habe Amazon vor Gericht eingeräumt, man werde „sowohl mit privaten als auch mit öffentlichen Kostenträgern verhandeln und Beziehungen zu diesen aufbauen“. Wörtlich sagte Amazon PillPack-Chef TJ Parker, sein Unternehmen habe „eine Reihe von unterschiedlichen Dingen“ untersucht.
Es sei offensichtlich, dass PillPack versucht habe, direkt mit Versicherern und anderen Kostenträgern zu verhandeln, urteilte auch das Gericht. Es verbot dem ehemaligen CVS-Mitarbeiter, in der vorgesehenen Funktion zu PillPack zu wechseln.
Explosiver Schritt
Die Vorgehensweise von Amazon und PillPack ist nach Einschätzung von US-Medien ein „explosiver Schritt“ und wäre ein direkter Angriff auf die Tätigkeiten der im US-Gesundheitswesen einflussreichen PBMs. CVS gilt mit seiner Tochtergesellschaft CVS Caremark als größtes PBM-Unternehmen in den USA. PBMs stehen seit geraumer Zeit unter Beschuss der Trump-Regierung. Die Administration wirft ihnen vor, wesentlich für die hohen Arzneimittelpreise in den USA mitverantwortlich zu sein.
Wenngleich PillPack-Chef TJ Parker vor Gericht zu beschwichtigen versuchte, dass man „keine unmittelbaren Pläne“ habe, mit dem Kerngeschäft von CVS Caremark zu konkurrieren, gibt es nach Einschätzung von Branchenkennern durchaus Grund zur Sorge. Denn zum einen ist Blue Cross Blue Shield, jener Versicherungsverbund, den PillPack versucht hat zu adressieren, einer von CVS Caremark's größten Kunden. Zum anderen zeige das Vorgehen, dass Amazon versuche, einen der undurchsichtigsten, aber auch gewinnbringendsten Sektoren des US-Gesundheitssystems zu adressieren.
Großunternehmen profitieren
Die drei US-Gesundheitsriesen Express Scripts, CVS Caremark und Optum Rx besetzen rund 76 Prozent des 423-Milliarden-Dollar großen PBM-Marktes in den USA. Sie sind seit geraumer Zeit jeweils eng verbunden mit den Versicherern Cigna, Aetna und UnitedHealthcare – offenbar zum gegenseitigen Nutzen: United Healthcare teilte kürzlich mit, dass der Partner OptumRx wesentlich für deutliche Umsatzsteigerung verantwortlich sei. Kein Wunder, dass auch andere Versicherer mit derart gewinnbringenden Verbindungen liebäugeln. So bereitet sich beispielsweise Anthem darauf vor, in diesem Jahr einen eigenen PBM-Dienst einzuführen.
Nach Einschätzung von US-Branchenkennern könnten vor allem große Unternehmen und Versicherer ohne eigene interne PBMs ihre Kosten senken, wenn sie sich mit Amazon zusammentun. Immerhin ziele Amazon-PillPack darauf, die Kunden mit preiswerteren Medikamenten zu versorgen.
Amazon-PillPack holt auf
Ganz so weit ist Amazon aktuell aber wohl noch nicht. Derzeit hat PillPack nach Meinung von Analysten noch nicht die Größe, um mit den erfolgreichen PBMs zu konkurrieren. Laut Business Insider verfügte die Firma im November 2018 nur über fünf Versandzentren für Arzneimittel, während CVS und Optum 26 beziehungsweise 18 Verteilzentren betreiben. Andererseits holt PillPack rasch auf und wächst schnell. Zudem hat sich das Unternehmen Lizenzen für den Versand von verschreibungspflichtigen Medikamenten in alle US-Bundesstaaten außer Hawaii gesichert. Schließlich arbeitet der Konzern daran, die Zustellbereiche um seine Distributionszentren zu erweitern.
Selbst CVS musste in der Gerichtsverhandlung zugeben, dass Amazon über „eine robuste Infrastruktur, operative Kapazität und Vertriebsreichweite“ verfügt. Amazon-PillPack sei einzigartig positioniert, um direkt mit den Kostenträgern zu verhandeln und die versandbasierten Dienste von CVS Caremark zu ersetzen.
Auch Brian Tanquilut, Analyst der US-Investmentbank Jefferies, sieht die Möglichkeit, dass Amazon allmählich das Geschäft von CVS Caremark untergräbt, indem der Konzern direkt mit Versicherern ins Geschäft kommt.
1 Kommentar
Amazon kommt ... nur steht dann das A für ...
von Christian Timme am 08.07.2019 um 11:45 Uhr
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