Generalanwalt Maciej Szpunar

EuGH kippt deutsche Honorarordnung für Architekten

Berlin - 04.07.2019, 14:10 Uhr

Der EuGH macht bei der Honorarordnung der Architekten weiter. Aus Sicht der Richter verstoßen die Preisgrenzen für Architekten, die hierzulande gelten, gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie. (Foto: imago images / Scheiber)

Der EuGH macht bei der Honorarordnung der Architekten weiter. Aus Sicht der Richter verstoßen die Preisgrenzen für Architekten, die hierzulande gelten, gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie. (Foto: imago images / Scheiber)


Szpunars Argumente fast deckungsgleich

Die Bundesrepublik verteidigte die Preisregulierungen im Inland. Sie wies darauf hin, dass die Preisgrenzen nicht für alle Leistungen, sondern nur für Planungsleistungen der Architekten gilt. Ähnlich wie bei den Arzneimittelpreisen versuchte die Bundesrepublik auch hier mit dem Allgemeinwohl zu argumentieren: Schließlich bestehe ein „besonderes öffentliches Interesse an der Gewährleistung hoher Qualitätsstandards“, heißt es in den Schlussanträgen des Generalanwalts zur Position der Bundesrepublik. Konkret gehe es um „die Qualität der Planungsleistungen, den Verbraucherschutz, die Bausicherheit, die Erhaltung der Baukultur und das Ziel des ökologischen Bauens. Das Hauptziel bestehe darin, ein hohes Qualitätsniveau zu gewährleisten, was auch das Erreichen der anderen genannten Ziele erleichtere“. Die Vertreter Deutschlands verwiesen auch auf vorangegangene EuGH-Urteile, aus denen hervorging, dass Honorarordnungen kein Hindernis darstellten, so lange es Flexibilität gebe.

Generalanwalt in diesem Verfahren war übrigens kein Unbekannter für die Apotheker: Der Pole Maciej Szpunar beschäftigte sich mit der Honorarordnung der Architekten. Szpunar hatte 2016 in den Schlussanträgen erklärt, dass die Bundesrepublik aus seiner Sicht nicht genügend Argumente dafür vorgebracht habe, die die Einschränkung der freien Warenverkehrsfreiheit für EU-Versender rechtfertigen könnten. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Der EuGH folgte der Meinung Szpunars und kippte die Rx-Preisbindung, die im Arzneimittelgesetz für EU-Versender festgehalten ist.

Szpunar: Deutschlands Argumente nicht ausreichend

Und auch im Verfahren zur Honorarordnung der Architekten in Deutschland legte Szpunar eine fast deckungsgleiche Argumentation vor. Er könne aus den Argumenten der Bundesrepublik schlichtweg nicht erkennen, warum sich die Preisgrenzen auf das Allgemeinwohl auswirken sollten. Wörtlich erklärte er zu diesem Punkt: „Jedoch, und hier teile ich die Auffassung der Kommission, kann ich nicht erkennen, wie das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland in konkretem Zusammenhang mit der Bausicherheit, der Erhaltung der Baukultur und dem Ziel des ökologischen Bauens steht. Das Vorbringen ist vielmehr vollständig auf die Gewährleistung der Qualität der Planungsleistungen und den Verbraucherschutz ausgerichtet. Um die anderen drei Rechtfertigungsgründe im vorliegenden Fall wirksam zu machen, hätte die Bundesrepublik Deutschland speziell vortragen müssen, warum und wie die betreffenden streitigen Maßnahmen dazu dienen, diese Ziele zu erreichen.“

Und auch in diesem Verfahren folgten die Richter Szpunars Argumenten. In ihrem Urteil erklärten die Richter, dass die Preisgrenzen für Architekten dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widersprächen. Denn: Die Mindestsätze gelten nur für Architekten und Ingenieure. Die Leistungen könnten aber auch von anderen Dienstleistern erbracht werden, die ihre fachliche Eignung nicht nachweisen müssten. Daher seien die Mindestsätze ungeeignet, hohe Qualitätsstandards und den Verbraucherschutz zu sichern. Außerdem habe die Bundesrepublik nicht nachgewiesen, warum ausführliche Preisinformationen für Kunden den Verbraucherschutz nicht sicherten.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

EuGH-Urteil zu Architektenhonoraren

Gefahr für andere Freiberufler?

ABDA-Chefjurist zum Rx-Boni-Verfahren

ABDA braucht erst einmal keinen Plan B

Schlussanträge im Verfahren um Arzneimittelpreisbindung überzeugen ABDA-Chefjuristen nicht

ABDA mahnt bei EuGH-Verfahren zur Ruhe

Boni-Verfahren vor EuGH: Generalanwalt hält Rx-Boni-Verbot für europarechtswidrig.

Schlussanträge „nicht nachvollziehbar“

Ist das deutsche Recht zahnlos gegenüber ausländischen Versendern?

Gerichte wollen Klärung – Spahn verweigert Auskunft

Schlussanträge im Verfahren AKNR vs. DocMorris

EuGH-Generalanwalt hat kein Problem mit DocMorris-Rabattaktionen

5 Kommentare

Apotheken waren erst der Anfang

von ratatosk am 04.07.2019 um 18:17 Uhr

Leider haben es die anderen Berufsstände nicht verstanden, daß sie nach uns an der Reihe sind ! - sonst hätte man zusammen viel erreichen können. Aber auch die uns so feindlichen Medien werden noch sehen, wie die Buchpreisbindung vernichtet wird, hier ist dann zumindest noch Schadenfreude möglich. Darum sind die Briten ja auch der EU so überdrüssig geworden und die Deutschen werden dies noch nacherleben.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Apotheken waren erst der Anfang

von Heiko Barz am 04.07.2019 um 21:02 Uhr

Wir in Deutschland werden solange wie die Lemminge vor den Eurokarren gespannt, bis wir dann endlich die nächste Vernichtungsklippe herunterstürzen können. Wenn wir dann des „Europas“ überdrüssig sein werden, wie die Briten es heute schon sind, dann können all die ihr Mütchen kühlen, die schon immer Deutschland vernichtet sehen wollen. Und von denen gibt es Einige.
Wie sagte ein Kollege, er habe Europa satt. Dem stimme ich inhaltlich voll zu.
Wenn man das derzeitige Ränkespiel um „Kanonen Uschi“ betrachtet, dann glaubt man eher an eine Klassensprecherwahl der Sextaner als an eine übergeordnete Staatenunion.
Es ist unwürdig.

Ja nu

von Peter am 04.07.2019 um 15:26 Uhr

wie macht ein Land zur Bananenrepublik?
Man lässt es zu, dass Akademiker in Deutschland mit ihrem Abschluss in ihrem teueren Land leben und arbeiten "dürfen" aber gleichzeitig mit Kollegen aus EU Niedriglohnländern die den selben Abschluss haben aber gerne für viel weniger gemessen am deutschen Preis jedoch viel höher als in dem Land in dem sie leben ihre Dienste in Deutschland anbieten. DAS funktioniert aber bekanntermaßen nur, weil wir innerhalb der EU noch ein immenses Einkommensgefälle haben und die EU scheinbar diesen Fakt gerne ausblendet. Ein Honorar oder Einkommen kann nicht isoliert betrachtet sondern sollte im Verhältnis gesehen werden. Was verdiene ich hier, was kostet das Leben hier, WAS brauche ich HIER um angemessen zu verdienen und, ganz wichtig, wieviel nimmt sich der Staat von mir in Form der Einkommens und MwSt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Ja nu

von Udo Tjaden am 05.07.2019 um 12:06 Uhr

Ein Eingriff in einen freien Markt ( und das sind Mindest - und Höchstvergütungen nunmal ) , ist immer nur gerechtfertigt , wenn schützenswerte Grundrechte aufgrund unterschiedlicher Marktmacht in Gefahr geraten . Da wir in einem Zeitalter der Globalisierung jedwede Form von Planungen über alle Landesgrenzen hinweg erstellen können , bleibt doch eher die Frage , ob solche nationalstatlichen Alleigänge nicht sämmtlich abgeschafft werden müssen . Wir können auch der Werftensubventinierung und der Kohleförderung nachtrauern , Fakt ist , sie haben sich alle selbst überholt . Kein deutscher Architekt muss sich ,bei guter Arbeit , hinter festen Gebürensetzen durch den Gesetzgeber verstecken !

Aha.

von A. Fischer am 04.07.2019 um 15:07 Uhr

Und schwupps kommt man wieder mit den Architekten ins Gespräch. Ich bin dieses EuGH sowas von Satt. Können wir nun bald die Lehrergehälter aus Portugal übernehmen? Anwaltskosten wie in Osteuropa? Ärztehonorare wie in Albanien? Wo geht die Reise hin?

"Some people just want to watch the world burn" Alfred Pennyworth

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.