Statistik

Positiver HIV-Schnelltest – wie wahrscheinlich ist die Infektion?  

Berlin - 14.01.2019, 17:30 Uhr

Test positiv - HIV-positiv? Statistik-Experten zufolge ist das bei den Schnelltests eher unwahrscheinlich. (s/ Foto: Imago)

Test positiv - HIV-positiv? Statistik-Experten zufolge ist das bei den Schnelltests eher unwahrscheinlich. (s/ Foto: Imago)


Seit Oktober sind HIV-Schnelltests in Apotheken, Drogerien oder aus dem Netz erhältlich. Statistik-Experten plädieren für verständlichere Aufklärung. Denn auch bei korrekten Herstellerangaben ist die Fehlerquote ihren Berechnungen zufolge höher, als angenommen. Unter anderem wegen dieser Limitationen hatte die ABDA im vergangenen Jahr die Apothekenpflicht für die Selbsttests gefordert.

Bin ich HIV-positiv? Für die Antwort wünschen sich Betroffene eigentlich keine Wahrscheinlichkeiten, sondern Gewissheit. Diese versprechen HIV-Schnelltests, die seit Oktober auch in Apotheken, Drogerien oder im Netz verkauft werden dürfen. Die Deutsche Aids Hilfe empfiehlt dazu Tests mit einem CE-Kennzeichen und einer nahezu hundertprozentigen Sensitivität. Dies trifft beispielsweise für den von Ratiopharm vertriebenen „Autotest VIH“ zu. Der Gebrauchsinformation zufolge liegen die Sensitivität bei 100 und die Spezifität bei 99,8 Prozent.

Das klingt doch ziemlich sicher, oder? Der Schein trügt, erklären Professor Gerd Gigerenzer (Max-Planck-Institut für Bildungsforschung), Professor Thomas Bauer (Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung) und Professor Walter Krämer (TU Dortmund) in der „Unstatistik des Monats“, die vergangene Woche veröffentlicht wurde.

Sensitivität und Spezifität

Um die Schlussfolgerungen der Statistik-Experten nachzuvollziehen, hilft es möglicherweise, sich den Unterschied zwischen Sensitivität und Spezifität noch einmal zu vergegenwärtigen. Die Sensitivität steht für die Wahrscheinlichkeit, mit der das Testergebnis einer tatsächlich infizierten Person positiv ausfällt. Hier liegt der Autotest VIH, sofern er korrekt angewendet wird, mit 100 Prozent auf der dunkelgrünen Seite.

Die Spezifität gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass eine Person, die nicht HIV-infiziert ist, ein negatives Testergebnis erhält. Ein Wert von 99,8 Prozent bedeutet, dass die „Falsch-Alarm-Rate“ 0,2 Prozent beträgt.

Einer von 13 positiven Tests trifft zu

Im Falle von HIV-Infektionen ist diese Fehlerquote gar nicht so niedrig, wie sie klingt. Weshalb, verdeutlichen die Statistik-Experten anhand einer Beispielrechnung. So leben laut dem Statistischen Bundesamt in Deutschland etwa 69 Millionen volljährige Personen. Schätzungen des Robert Koch Instituts zufolge sind davon etwa 11.400 mit dem HI-Virus infiziert, ohne es zu wissen. Hochgerechnet auf die 69 Millionen Erwachsenen ist das eine von 6.000 Personen.

Würde man nun hypothetisch eine Stichprobe von genau 6.000 Menschen testen, fiele das Testergebnis der einen, tatsächlich infizierten, Person positiv aus. Aufgrund der „Falsch-Alarm-Rate“ von 0,2 Prozent erhielten allerdings auch zwölf weitere Personen ein positives Ergebnis, die gar nicht infiziert sind. Umgekehrt ausgedrückt: Von 13 positiven Testergebnissen wäre nur eines zutreffend. Und diese Rechnung basiert auf den Annahmen, dass die Herstellerangaben korrekt sind und der Test richtig angewendet wurde. Andernfalls könnte die Trefferquote sogar noch geringer sein.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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