Österreich

Studie: Patienten profitieren nicht von OTC-Deregulierung

Remagen/Berlin - 10.01.2018, 17:00 Uhr

Laut einer aktuellen österreichischen Studie würden die Konsumenten von OTC-Medikamenten durch eine Deregulierung nicht bessergestellt werden. (Foto: Benjamin Nolte /stock.adobe.com)

Laut einer aktuellen österreichischen Studie würden die Konsumenten von OTC-Medikamenten durch eine Deregulierung nicht bessergestellt werden. (Foto: Benjamin Nolte /stock.adobe.com)


Fremd-und Mehrbesitz lässt Preisabsprachen befürchten

In einigen Ländern hätten überdies umfassende Deregulierungsmaßnahmen zu einer erhöhten Marktkonzentration geführt, so zum Beispiel in Norwegen und Schweden, wo die durchgeführten Reformen neben der Liberalisierung des OTC-Vertriebs auch die Besitzregelungen für Apotheken betrafen. In Norwegen habe dies zu einem hohen Maß an vertikaler und horizontaler Integration geführt. Als Konsequenz seien über 80 Prozent der Apotheken im Besitz einer der drei größten Großhandelsfirmen. Statt erhöhten Wettbewerbs sei es dort zu Marktstrukturen mit heterogenen Oligopolen gekommen. In Schweden hätten sich in Folge der Auflösung des staatlichen Apothekenmonopols ebenfalls nur wenige großen Apothekenketten gebildet. Permanente Kontrollen der Wettbewerbsbehörden im Hinblick auf potenzieller Preisabsprachen seien deshalb unumgänglich.

Kein Effekt auf die Preise von OTC-Arzneimitteln

Im Übrigen konnten die Autoren des Gutachtens in Folge von Deregulierungsmaßnahmen keine anhaltenden Senkungen der Preise für OTC-Arzneimittel beobachten, ein Befund, den sie nach eigenem Bekunden so nicht erwartet haben, denn die ökonomische Theorie sage ein Sinken der Preise aufgrund des erhöhten Wettbewerbs vorher. Vielmehr habe sich zum Beispiel in Dänemark sogar ein Preisanstieg bemerkbar gemacht, wobei die Preise in den Verkaufsstellen außerhalb des Apothekensektors im Schnitt niedriger lagen als in den Apotheken. 

Verdacht auf gesteigerten Konsum, aber keine Daten

Bezüglich der Auswirkungen von Deregulierungen auf den Konsum von OTC-Präparaten bzw. das Ausmaß von Fehleinname und Missbrauch trifft die Studie keine eindeutigen Aussagen. Zwar konnte in keinem der betrachteten Länder ein Anstieg im Konsum der Mittel festgestellt werden, der eindeutig auf die entsprechenden Deregulierungsmaßnahmen zurückzuführen wäre. Die empirische Literatur deute aber darauf hin, dass „Fehleinnahme und Missbrauch auch bei nicht-rezeptpflichtigen Mitteln in nicht zu vernachlässigendem Ausmaß vorliegen“ und dass ein Teil der Konsumenten nur ein mangelhaftes Wissen über die Risiken habe, schreiben die Verfasser des Gutachtens. Hinzu komme, dass auch eventuell sinkende Preise letztlich dazu führen könnten, dass die Menschen mehr und auch untrollierter OTC-Medikamente einnehmen. Empirische Beweise für diese klassischen ökonomischen Theorien gebe es allerdings nicht.

Wert der Beratung in Apotheken hängt von der Qualität ab

Während der Kauf von Arzneimitteln in der Apotheke zumindest die Möglichkeit einer Beratung durch eine Person mit entsprechendem Fachwissen böte, sei dies beim Kauf außerhalb von Apotheken oft nicht möglich, so wird weiter festgestellt. Tendenziell schätzten Konsumenten die Apotheken als vergleichsweise sichere Bezugsquelle von OTC-Arzneimitteln ein. In welchem Ausmaß die Beratung in Apotheken allerdings zur Vermeidung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen bei den Präparaten beitrage, sei bisher noch nicht empirisch untersucht worden. Hier dürfte deren Qualität ausschlaggebend sein.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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