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Warnung der Pharmaverbände
Führt der Brexit zu Arzneimittel-Lieferengpässen?
In dieser Woche haben die Europäische Union und Großbritannien die inhaltlichen Verhandlungen über den Austritt des Königreiches aus der EU begonnen. Ein sehr komplexer Punkt wird die Arzneimittelversorgung sein, da die EU in regulatorischen Prozessen aber auch in der Lieferkette eng verzahnt ist mit Großbritannien. Britische und europäische Pharmaverbände warnen nun vor den Folgen eines unkontrollierten Austritts und verlangen einen Übergangs-Zeitraum.
Der Austritt Großbritanniens aus der EU wird für die gesamte Arzneimittel-Lieferkette weitreichende Folgen haben. In erster Linie müssen mehrere EU-Regularien geändert werden. Man denke alleine an das Zulassungsverfahren der Europäischen Arzneimittelagentur EMA: Werden EMA-Beschlüsse für den britischen Markt noch gültig sein? Eine weitere große Baustelle ist der Warenverkehr zwischen dem Königreich und EU-Mitgliedstaaten: Können Hersteller, Großhändler und Apotheker Arzneimittel noch so einfach exportieren? Insbesondere die Akteure in der britischen Lieferkette fragen sich, ob und wie sie mit Ware aus dem restlichen Europa versorgt werden können.
Mehrere europäische und britische Pharmaverbände haben sich nun in einem offenen Brief an die beiden Chefunterhändler der Austrittsverhandlungen gewandt, um genau diesen Fragen nachzugehen. In dem Schreiben an den britischen Brexit-Minister David Davis und den EU-Vertreter Michel Barnier warnen die Verbände, darunter der britische Pharmaverband (ABPI) und sein europäisches Pendant (EFPIA) vor einem unkontrollierten und ungeordneten Brexit und verlangen von den Unterhändlern klare zeitliche Vorgaben für den Austrittsplan.
Die Lobbyisten weisen darauf hin, dass die Arzneimittel-Lieferkette, so wie sie zwischen den europäischen Staaten in den vergangenen Jahrzehnten etabliert wurde, „hoch integriert“ sei und in einem „ausgeklügelten System gesetzlicher und regulatorischer Abmachungen“ funktioniere. Um die Patientenversorgung nicht zu unterbrechen, sei es deshalb unabdingbar, dass die Pharmaindustrie möglichst früh Klarheit über den Austrittsprozess bekomme.
Steht eine Schwächung der Arzneimittelsicherheit bevor?
Die Hersteller sprechen sich dafür aus, dass die regulatorischen Verknüpfungen zwischen der EU und Großbritannien in weiten Teilen erhalten bleiben. Als Beispiele nennen die Verbände die Aufrechterhaltung bereits ausgesprochener EU-Zulassungen für Arzneimittel auch für das Königreich sowie die enge Zusammenarbeit zwischen der britischen Arzneimittelbehörde MHRA und der EMA. Deswegen müsse es eine „Vereinbarung zur Zusammenarbeit“ geben, fordern die Industrie-Verbände. Gewarnt wird auch davor, die MHRA zu sehr aus den europäischen Zulassungs- und Verwaltungsprozessen herauszunehmen. Dem Netzwerk würde so Expertise verloren gehen, und auch bei der Überprüfung der Arzneimittelsicherheit könne dies zu Nachteilen führen.
Eine besondere Bedrohung sehen die Hersteller im Bereich des Warenverkehrs. In ihrem Brief erklären sie: „Noch wichtiger ist, dass im Falle eines ungeordneten Austrittes ein Risiko entstehen wird, dass alle zu transportierenden Waren zwischen der EU und dem Königreich entweder bei Grenzkontrollen aufgehalten werden.“ Als Teil dieses Risikos bezeichnen die Verbände auch, dass Arzneimittel in Lagern oder schon bei der Herstellung „exzessiven Wiederholungs-Tests“ ausgeliefert sein könnten. Und weiter: „Das würde in der Tat zu einer schwerwiegenden Unterbrechung der Versorgungsketten der meisten beteiligten Firmen führen, und das wiederum könnte zu Versorgungsengpässen lebenswichtiger Arzneimittel führen.“
Um all das zu vermeiden, wünscht sich die Pharmaindustrie einen „Umstellungs-Zeitraum“. Die Unterhändler sollten einen Zeitraum vereinbaren, in dem die betroffenen Unternehmen in der Lieferkette Zeit bekommen, die neuen Regularien umzusetzen. So müssten beispielsweise Biotech-Unternehmen Unterlassungen für neue Marktzulassungen übermitteln und ihr Personal teilweise aus dem Königreich in EU-Mitgliedsländer umziehen lassen. Auch die Behörden müssten sich personell neu aufstellen. Wann genau dieser Zeitraum für die Pharmaindustrie enden soll, teilen die Verbände nicht mit. Sie geben lediglich an, dass die Versorgung auch nach den Austrittsverhandlungen, die bis Ende März 2019 angesetzt sind, gesichert werden müsse.
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