Umweltbundesamt

Arzneimittelrückstände in Böden und Gewässern

Dessau - 08.02.2012, 14:43 Uhr


In deutschen Gewässern und Böden lassen sich Arzneimittelrückstände mittlerweile immer häufiger nachweisen. Das belegen aktuelle Daten aus Forschungsprojekten des Umweltbundesamtes und der Gewässerüberwachung.

Wie sich diese Substanzen auf die Umwelt auswirken, werde derzeit nicht systematisch untersucht, so das Umweltbundesamt in einer Presseerklärung. Diese Lücke muss nach Auffassung des Umweltbundesamtes (UBA) ein zulassungsbegleitendes Umweltmonitoring schließen. „Die Vorsorge beim Umgang mit Arzneimittelrückständen muss verbessert werden, denn diese Stoffe können problematisch für die Umwelt sein. Eine bessere Überwachung soll helfen, Belastungsschwerpunkte und ökologische Auswirkungen von Medikamenten zu erkennen und die medizinische Versorgung umweltverträglicher zu gestalten.“, erklärt UBA-Präsident Jochen Flasbarth.

Vorkommen und Auswirkungen von Arzneimitteln in der Umwelt werden nach Meinung des Umweltbundesamtes unterschätzt. Wegen des demografischen Wandels unserer Gesellschaft werde die Konzentration von Humanarzneimitteln in der Umwelt vermutlich noch weiter zunehmen. Jochen Flasbarth: „Das UBA empfiehlt daher, ein Umweltmonitoring für Arzneimittel einzuführen. Es soll bereits im Zulassungsprozess für Medikamente verankert werden. Dadurch kann der Schutz der Umwelt gestärkt und die Versorgung der Patienten umweltverträglicher gestaltet werden.“

Eine aktuelle Literaturstudie, die im Auftrag des Umweltbundesamtes durchgeführt wurde, führt die aus Umweltsicht besonders problematischen Arzneimittel auf. Die Studie enthält Daten zu Verhalten und Vorkommen von Arzneimitteln in der Umwelt, priorisiert nach Verbrauchsmenge, Umweltkonzentration und umweltschädigendem Potenzial. Von den 156 in Deutschland in verschiedenen Umweltmedien nachgewiesenen Arzneimittelwirkstoffen wurden 24 mit hoher Priorität eingestuft. Einer dieser Wirkstoffe sei das weit verbreitete Schmerzmittel „Diclofenac“, welches Nierenschäden in Fischen hervorrufen könne und mittlerweile in sehr vielen Gewässern zu finden sei. Es stehe deshalb auch auf der EU-Kandidatenliste für neue sogenannte prioritäre Stoffe zur EG-Wasserrahmenrichtlinie. 

Arzneimittel gelangen laut Untersuchung hauptsächlich mit dem häuslichen Abwasser in die Umwelt. Die meisten Stoffe würden nach der Einnahme – oft unverändert – wieder ausgeschieden. Schätzungsweise mehrere hundert Tonnen pro Jahr nicht verbrauchter Medikamente entsorgten viele Bürger unsachgemäß direkt über Spüle oder Toilette. Da viele Kläranlagen heute noch nicht in der Lage seien, alle Stoffe rückstandslos abzubauen oder zurückzuhalten, erreiche der Rest, wenn auch stark verdünnt, die Flüsse und könne dort besonders empfindliche Organismen wie Fische dauerhaft schädigen. Um gezielt Minderungsmaßnahmen bei der Abwasserreinigung in Kläranlagen ergreifen zu können, müsse die Belastungssituation mit solchen Problemsubstanzen jetzt identifiziert werden, fordert das Umweltbundesamt. 

Selbst im Trinkwasser könnten sehr geringe Konzentrationen enthalten sein. Pro Liter Wasser handele es sich dabei um Bruchteile von Mikrogramm. Trinkwasserhygienisch seien diese Arzneimittelspuren zwar unerwünscht, für den Menschen bestehe dadurch aber keine Gesundheitsgefahr. Alle jetzt zu treffenden Maßnahmen zum Schutz des Trinkwassers dienten deshalb der Vorsorge und langfristigen Versorgungssicherheit, nicht der Abwehr konkreter Risiken.


Lothar Klein


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