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Kooperation muss rechtssicher werden
BVKA-Jahrestagung: Ein kleiner Verband mit gebündelter Expertise und beachtlichen Erfolgen
Am 27. und 28. Mai fand in Mainz die Jahrestagung und Mitgliederversammlung des BVKA statt – letztmalig unter diesem Verbandsnamen. Denn Mitte des Jahres soll die bereits im vergangenen Jahr beschlossene Umbenennung in „Bundesverband der Versorgungsapotheker“ (BVVA) tatsächlich vollzogen sein. Die Umbenennung ist für den Verband naheliegend, schließlich hat er sein Aktionsfeld schon seit Längerem ausgeweitet und kümmert sich nicht mehr nur um die besonderen Belange von klinik- und heimversorgenden Apotheken, sondern auch um jene, die in der Palliativ- und Substitutionsversorgung engagiert sind.
Securpharm, Stationsapotheker und Fernversorgung
In seinem berufspolitischen Bericht verwies Peterseim auf die Erfolge, die der BVKA in den vergangenen Monaten verbuchen konnte. So sei es etwa gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft gelungen, das Problem der großen Packungsmengen im Securpharm-System pragmatisch zu lösen. Denn die Delegierte Verordnung zur Fälschungsschutzrichtlinie berücksichtigt nicht die deutsche Besonderheit, dass hierzulande 80 Prozent der Krankenhäuser nicht durch eigene Klinikapotheken versorgt werden. Hier habe man Überzeugungsarbeit geleistet, dass die für Krankenhausapotheken geltenden Regelungen auch für die krankenhausversorgenden Apotheken gelten müssen. Das Bundesgesundheitsministerium habe sich diesem Weg angeschlossen und dieses Vorgehen an die Aufsichtsbehörden weitergegeben. Für Peterseim ein schöner Beleg dafür, dass auch ein kleiner Verband viel erreichen kann, wenn „man sich qualifiziert dahinterklemmt“.
Auch in Sachen Stationsapotheker war der Verband aktiv. Peterseim erinnerte daran, dass der BVKA gemeinsam mit der Apothekerkammer Niedersachsen dafür gesorgt habe, dass im neuen niedersächsischen Krankenhausgesetz am Ende klargestellt wurde, dass der Stationsapotheker der Weisung des leitenden Krankenhausapothekers unterstellt ist – und nicht der Krankenhausverwaltung.
Vorstandswahl
Einstimmig erfolgte am 27. Mai 2019 die Wahl des BVKA-Vorstands. An der Spitze bleibt für zwei weitere Jahre Dr. Klaus Peterseim (Dom-Apotheke Essen). Ihm zur Seite stehen Karl-Heinrich Reimert (Marien-Apotheke Göttingen) und Achim Gondermann (Neue Amts-Apotheke Bad Camberg) als stellvertretende Vorsitzende. Gondermann übernimmt das Amt von dem nicht wieder kandidierenden Andreas Willmann (Rathaus-Apotheke Wilnsdorf). Michael Marxen (Kronen-Apotheke Wesseling) wurde als Schatzmeister, Christian Suter (Falken-Apotheke Gründau) als Schriftführer wiedergewählt.
Immer wieder beschäftigen den Verband auch Fälle der Fernversorgung von Kliniken. So missfiel ihm zuletzt, dass das Helios Klinikum Pforzheim durch die Helios Klinik Rottweil versorgt wurde – über eine Distanz von 120 km und die A8 zwischen Pforzheim und Stuttgart. Der BVKA wandte sich an das Regierungspräsidium Freiburg und verwies auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Genehmigung eines Vertrags zur Krankenhausversorgung voraussetzt, dass die Apotheke in angemessener Nähe zum Krankenhaus liegt und dabei ein Orientierungswert von einer Stunde anzulegen ist. Peterseim appellierte an die Mitgliederversammlung: „Ich bitte Sie dringend: Wenn Sie solche Fälle von Fernversorgung sehen, sagen Sie uns Bescheid, wir greifen ein!“
Weiterhin berichtete Peterseim von der geplanten Veröffentlichung eines neuen Mustervertrags zur Heimversorgung im Juni. Dessen Erstellung durch Prof. Dr. Hilko Meyer hat einige Zeit in Anspruch genommen. Denn die Materie ist komplex und es waren viele besondere Punkte und aktuelle Entwicklungen zu berücksichtigen – Stichworte sind etwa die Datenschutzgrundverordnung und das Korruptionsstrafrecht.
Mit Blick auf Spahn: Sorgfalt vor Geschwindigkeit
Über den gesetzgeberischen Tatendrang von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zeigte sich Peterseim ein wenig erstaunt. Angesichts der vielen Bälle, die Spahn zugleich in der Luft habe, betonte der BVKA-Vorsitzende, dass es wichtig sei, sich genügend Zeit zu nehmen, die Dinge umfassend, zukunftssicher und nachhaltig zu regeln. „Inhaltliche und juristische Sorgfalt sind hier wichtiger als Geschwindigkeit“, so Peterseim.
Für den BVKA zählen dazu vor allem Themen wie Digitalisierung des Gesundheitswesens, Arzneimitteltherapiesicherheit, Stärkung der Hospiz- und Palliativversorgung oder Umsetzung der Fälschungsschutzrichtlinie. Immer gehe es um passende Rahmen- und Arbeitsbedingungen und um Rechtssicherheit für die pharmazeutische Spezialversorgung, so auch derzeit bei der Gesetzgebung zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken.
Meyer: Chancen im Apothekenstärkungs-Gesetz
Letzteren Punkt betrachtete der Gesundheitsrechtsexperte Prof. Dr. Hilko J. Meyer genauer. Er berät den BVKA seit Jahren rechtlich und vertrat ihn am 23. Mai auch bei der Verbändeanhörung zum Referentenentwurf für das Apothekenstärkungs-Gesetz im Bundesgesundheitsministerium. Hier habe er Gelegenheit gehabt, die Anliegen des Verbands auch mündlich vorzutragen, berichtete Meyer. Und damit sei er auch durchaus auf das Interesse der Ministerialbeamten gestoßen. Es geht dem BVKA vor allem um rechtssichere Kooperationstatbestände. „Gewollte Zusammenarbeit soll schließlich nicht behindert werden“, betonte Meyer. Doch nach der Einführung der Korruptionsstraftatbestände im Gesundheitswesen herrscht viel Unsicherheit, was noch erlaubt und was schon verboten ist. Dabei ist gerade in der Klinik-, Heim-, Palliativ- und Substitutionsversorgung eine interdisziplinäre Zusammenarbeit der Apotheken mit Ärzten, Pflegekräften und der Leitung der jeweiligen Einrichtung notwendig. Daher müsse insbesondere § 11 Apothekengesetz um Ausnahmetatbestände vom grundsätzlichen Abspracheverbot ergänzt werden. Das heißt: Heimversorgenden Apothekern soll die Zusammenarbeit mit Heimträgern und den behandelnden Ärzten – insbesondere externen Vertragsärzten, die Bewohner einer stationären Pflegeeinrichtung behandeln –, erlaubt sein. Ebenso soll die Kooperation palliativversorgender Apotheker mit Palliativ-Care-Teams im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) auf sicheren Füßen stehen. Das Gleiche fordert der BVKA für die Zusammenarbeit zwischen Substitutionsarzt und substitutionsversorgendem Apotheker. Möglich sein müssten auch Versorgungsverträge öffentlicher Apotheken mit ambulanten Pflegeeinrichtungen, soweit diese Arzneimittel und Medizinprodukte für Pflegebedürftige aufbewahren. Eine weitere Forderung des Verbands ist, klarzustellen, dass verordnete Fertigarzneimittel in patientenindividuell verblisterter Form auf Patientenwunsch bereitgestellt werden dürfen.
Weiterer Programmpunkt der Jahrestagung war ein Vortrag von Prof. Dr. Gerd Antes, bis vergangenen Herbst Direktor der Cochrane Deutschland Stiftung, zum Thema „Mensch vs. Big Data“. Angesichts des großen Hypes um Digitalisierung und Künstliche Intelligenz auch im Gesundheitswesen warnte Antes vor einer „fast schon religiösen Verehrung“ von Daten. Der Wegbereiter der evidenzbasierten Medizin ist überzeugt: Mit mehr Daten werde nicht alles sicherer, sondern gefährlicher, da die Anstrengungen um Methoden und Qualität auf der Strecke blieben und man Fehler nicht mehr erkenne. Es sprach von einem „Feuerwerk falsch positiver Erkenntnisse“. Für Antes steht fest: In der Medizin braucht man weiterhin die klassischen Methoden und menschliche Empathie.
Am zweiten Tag der Veranstaltung wurden Aspekte der vier verschiedenen Versorgungsbereiche in parallelen Symposien ausführlich diskutiert. Dabei stand neben der Information der fachliche Austausch im Vordergrund.
Was die weitere Zukunft des Verbands betrifft, ist es Peterseim ein besonderes Anliegen, die Mitgliederbasis zu stärken und mehr Apotheker für die aktive Verbandsarbeit zu gewinnen. Auch die Zusammenarbeit mit anderen Verbänden und Organisationen soll gestärkt werden. Man will mehr selbst an Vertragsverhandlungen mitwirken und eigene Leitlinien und Qualitätsstandards schaffen. |
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