DAZ aktuell

Formfehler-Retax praktisch abgeschafft

Neue Retaxationsregeln ab 1. Juni – DAV und GKV-Spitzenverband einigen sich

STUTTGART (wes) | Der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband haben sich am 23. Mai auf neue Regeln zu Retaxationen geeinigt. Nullretaxationen wird es zwar auch weiterhin geben, beispielsweise wenn trotz Rabattvertrag kein Rabattarzneimittel abgegeben wird. Aus unbedeutenden, formalen Gründen darf allerdings nicht mehr retaxiert werden, die Apotheker bekommen außerdem mehr Korrekturbefugnisse.

„Künftig sollen unbedeutende formale Fehler des verordnenden Arztes, die weder die Wirtschaftlichkeit noch die Therapiesicherheit betreffen, nicht mehr dazu führen, dass die Krankenkassen ordnungsgemäß belieferte Rezepte nicht mehr bezahlen“, lautet der Schlüsselsatz in der gemeinsamen Mitteilung von DAV und GKV-Spitzenverband zur Einigung im Retaxstreit vor der Schiedsstelle. Gemeint sind damit „z. B. eine andere Schreib- oder Kennzeichnungsweise auf dem Rezept, eine unleserliche Unterschrift oder einzelne fehlende Angaben des Arztes. Auch Korrekturen durch den Apotheker sollen nach telefonischer Rücksprache mit dem Arzt möglich sein“.

Nach der der DAZ vorliegenden Neufassung des § 3 des Rahmenvertrags zwischen DAV und GKV-Spitzenverband darf die Apotheke nach Rücksprache mit dem Arzt z. B. folgende Angaben ergänzen oder korrigieren:

  • Name, Vorname, Berufsbezeichnung und Anschrift der Praxis oder der Klinik der verschreibenden Person (BtMVV: einschließlich Telefon­nummer),
  • Datum der Ausfertigung, Ausstellungsdatum,
  • Name und Geburtsdatum der Person (BtMVV: zusätzlich Anschrift), für die das Arzneimittel bestimmt ist,
  • Bezeichnung des Fertigarzneimittels oder des Wirkstoffes einschließlich der Stärke, (BtMVV: sofern zusätzlich notwendig: Bezeichnung und Gewichtsmenge des enthaltenen Betäubungsmittels je Packungseinheit, bei abgeteilten Zubereitungen je abgeteilter Form),
  • Bei Rezepturarzneimitteln die Zusammensetzung nach Art und Menge oder die Bezeichnung des Fertigarzneimittels, von dem Teilmengen abgegeben werden sollen,
  • BtMVV: Menge des verschriebenen Arzneimittels in Gramm oder Milliliter, Stückzahl der abgeteilten Form,
  • Darreichungsformen, sofern Angabe zusätzlich notwendig,
  • BtMVV: Kennzeichnungspflichten nach § 9 Nr. 6 mit A, S, Z, K, N,
  • BtMVV: Der Vermerk „Praxisbedarf“ anstelle der Angaben des Patienten und der Gebrauchsanweisung,
  • Gebrauchsanweisung bei Rezepturarzneimitteln (BtMVV: mit Einzel- und Tagesangabe).

Ein Sprecher des DAV bestätigte gegenüber der DAZ, dass die Verhandlungsparteien keinen abschließenden Katalog aufgestellt haben, bei welchen Fehlern Retaxationen erlaubt sind und bei welchen nicht. Es würden „einige wichtige Beispiele [...] aufgezählt, aber auch in anderen – vor allem derzeit noch unbekannten – Fällen ist eine Retaxation unberechtigt, wenn nur ein unbedeutender Fehler im genannten Sinn gegeben ist.“

Auch bei der Abgabe von Reimporten gibt es Änderungen. Wie der DAV mitteilt, hindert „das gesetzte Aut-idem-Kreuz den Austausch im Verhältnis von Original- und Importarzneimitteln nicht“. Damit werde die Rechtsprechung des Sozialgerichts Koblenz „mit Wirkung für alle Krankenkassen als nicht anwendbar erklärt“. Ferner seien auf das Wirtschaftlichkeitsgebot gestützte Retaxationen ausgeschlossen, wenn das namentlich verordnete Arzneimittel abgegeben wird.

Außerdem gibt die neue Regelung Raum für landesspezifische Regelungen. Hier können Korrektur- und Heilungsmöglichkeiten konkretisiert werden und Retaxationsobergrenzen, wie sie z. B. in Hamburg bereits bestehen, vereinbart werden.

Sowohl DAV wie auch GKV-Spitzenverband äußern sich in der Mitteilung zufrieden, die neue Regelung werde „die Rechtssicherheit für die Beteiligten verbessern“. Mit der Einigung endet ein jahrelanger Streit um die Retaxationen, der zuletzt vor der Schiedsstelle nach § 129 SGB V ausgetragen wurde. Deren unparteiischer Vorsitzender Rainer Hess zeigte sich ebenfalls zufrieden, dass eine Schlichtung doch noch gelungen ist. |

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