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Arzneimittel und Therapie
Wie sich Mikroorganismen zu Biofilmen zusammenrotten
Biofilme bestehen aus einer dünnen Schleimschicht, eben dem "Film", in der Mikroorganismen eingebettet sind. Sie entstehen, wenn Mikroorganismen sich an Grenzflächen ansiedeln, und werden vor allem in wässrigen Systemen gebildet, entweder auf der Wasseroberfläche oder auf einer Grenzfläche zu einer festen Phase. Das Stoffwechselgeschehen der Bakterien im Biofilm unterscheidet sich deutlich von dem in freier Suspension. So verlieren bewegliche Bakterien ihre Geißeln. Gleichzeitig bietet die Matrix mechanische Stabilität und zwischen den Organismen werden synergistische Wechselwirkungen hergestellt. Durch spezielle Signalmoleküle können sie sich untereinander verständigen, auch der Austausch von Genen ist möglich. So entsteht eine leistungs- und widerstandsfähige Lebensform wie bei vielzelligen Organismen. In mehr als 60% aller bakteriellen Infektionskrankheiten schützen sich die Erreger durch die Bildung von Biofilmen vor Angriffen des Immunsystems.
Kommunikation zur Biofilm-Bildung
Bereits früher war ein Zusammenhang zwischen dem Übergang vom Single-Dasein in die Biofilm-Lebensform und einer erhöhten Bildung des bakteriellen Signalmoleküls c-di-GMP (cyclisches di-Guanosinmonophosphat) erkannt worden. Wissenschaftler der Cornell University in Ithaka konnten jetzt zeigen, dass auch bei Cholera-Vibrionen die Ausbildung von Biofilmen über diesen second messenger geregelt wird. Darüber hinaus wird bei bestimmten Konzentrationen des Moleküls auch die Bildung des Choleratoxins (CTX) stimuliert. Dieses Enterotoxin ist die Ursache für den Brechdurchfall bei einer Choleraerkrankung. Die Forscher wiesen mit einer 3-D-Strukturanalyse nach, dass das Signalmolekül an ein bestimmtes Protein (VpsT) andockt. Dieses Eiweiß ist der eigentliche "Organisator" der Biofilm-Bildung und ein Regulator der DNA-Transkription. Nach Kontakt der beiden Moleküle kommt es zu einer Aktivierung von Komponenten, die die Bildung von Biofilmen aktivieren, und gleichzeitig wird die Aktivität der Gene, die für die Beweglichkeit der bakteriellen Zellen verantwortlich sind, heruntergefahren. "Damit haben wir eine Liste der involvierten Einzelteile, die Biofilm-Formationen steuern. Mit diesen Daten können wir Ansätze erarbeiten, um die Vorgänge zu unterbrechen und Ansatzpunkte für Therapien zu identifizieren" erläutert der Studienleiter Holger Sondermann. Biofilme werden nicht nur mit zahlreichen Infektionen in Verbindung gebracht wie Wundinfektionen, Urethritis, Prostataentzündungen, Karies und chronischen Mittelohrentzündungen bei Kindern. Auch die Kontamination und Besiedlung von medizinischen Instrumenten kann mit einer Biofilm-Bildung assoziiert sein.
Quellen Krasteva, P.; et al.: Vibrio cholerae VpsT Regulates Matrix Production and Motility by Directly Sensing Cyclic di-GMP. Science (2010) 327: 866-868. Römling, U.: Great Times for Small Molecules: c-di-AMP, a Second Messenger Candidate in Bacteria and Archaea. Sci. Signal. (2008) 1(33): 39.
Dr. Hans-Peter Hanssen
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