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Arzneimittel und Therapie
Morbus Crohn: Neue Anti-TNF-Strategie mit Certolizumab pegol
Der Morbus Crohn lässt sich zwar nicht heilen. In den meisten Fällen ist die chronisch-entzündliche Darmkrankheit allerdings mit der Standardmedikation zufriedenstellend zu behandeln. In der Akutsituation bedeutet dies bei leichtem Schub den Einsatz von 5-Aminosalicylaten oder, bei ileozoekalem Befall, Budesonid, im schweren Schub Prednison beziehungsweise Prednisolon. Bei chronisch-aktivem Verlauf wird eine immunsuppressive Therapie mit Azathioprin oder 6-Mercaptopurin eingeleitet. Die beiden Immunsuppressiva sind auch erste Wahl, wenn eine Erhaltungstherapie nach medikamentös induzierter Remission eingeleitet wird. Wird die Remission durch einen chirurgischen Eingriff erreicht, spricht die Datenlage auch für einen Versuch mit einem 5-Aminosalicylat.
Subkutan applizierbar: Certolizumab pegol Nicht bei allen Patienten sind diese Strategien allerdings erfolgreich. Ähnlich wie in der Rheumatologie wurde deshalb untersucht, ob sich mit monoklonalen TNF-alpha-Antikörpern auch die chronische Entzündung im Darm einbremsen lässt. Ein günstiger Effekt ließ sich mit dem TNF-alpha-Antikörper Infliximab (Remicade®) erreichen, der bislang einzigen zugelassenen Option für eine Anti-TNF-alpha-Therapie bei Morbus Crohn. Das könnte sich bald ändern. Denn die Studienergebnisse der Phase-III-Studie PRECiSE (Pegylated antibody Ragment Evaluation in Crohn`s Disease Safety and Efficacy) mit Certolizumab pegol sind viel versprechend. Certolizumab pegol ist ein Fab-Fragment (fragment antigen binding: Antigen-bindendes Fragment) eines humanisierten monoklonalen TNF-alpha-Inhibitors. Das Fc-Fragment, das für die Bindung von Komplementproteinen verantwortlich ist, wurde durch eine Pegylierung ersetzt. Eine komplementvermittelte Zytotoxizität und Antikörper-induzierte zellvermittelte Toxizität sind dadurch ausgeschlossen. Im Gegensatz zu Infliximab, das intravenös appliziert werden muss, wird Certolizumab subkutan verabreicht.
Remissionsinduktion bei zwei Dritteln der Patienten In der PRECiSE-2-Studie konnte die Wirksamkeit von Certolizumab bei moderat bis schwer aktivem Morbus Crohn gezeigt werden. 668 Patienten mit einem CDAI (Crohn`s Disease Activity Index) zwischen 220 und 450 Punkten wurden in der Induktionsphase mit Certolizumab (400 mg subkutan zu Beginn der Studie sowie nach zwei und vier Wochen) behandelt. Patienten, die nach sechs Wochen einen Abfall des CDAI um mindestens 100 Punkte zeigten, wurden als Responder definiert und erhielten bis zu Woche 24 randomisiert und doppelblind im Abstand von vier Wochen entweder 400 mg Certolizumab oder Placebo.
64% der Patienten (n = 428) sprachen auf die Therapie an und wurden in den weiteren Studienverlauf eingeschlossen. Über 26 Wochen zeigte sich eine signifikante Überlegenheit von Certolizumab gegenüber Placebo. Die Responderrate lag am Ende der Studie bei Patienten mit einem CRP-Wert von mindestens 10 mg/l bei 62% gegenüber 34%, die Remissionsrate bei 42% gegenüber 26%. Vergleichbar waren die Ergebnisse für die gesamte ITT(intention to treat)-Population: Hier lag die Zahl der Responder bei 63%, die Remissionsrate lag bei 48% (Placebo: 36% bzw. 29%). Der CRP-Status des Patienten scheint demnach die Wirksamkeit kaum zu beeinflussen.
Cave: Infektionen Die Wirkung von Certolizumab pegol wird durch die gleichzeitige Behandlung mit Immunsuppressiva oder Glucocorticoiden nicht beeinflusst. Das galt auch für Patienten, die mit Infliximab vorbehandelt waren. Antikörper gegen Certolizumab wurden von weniger als 9% der Patienten gebildet. Dies scheint jedoch keinen Einfluss auf die klinische Wirksamkeit zu haben. Auffallend war, dass unter Certolizumab kaum antinukleäre Antikörper und keine ds-DNA-Antikörper gebildet werden.
Noch ein Wort zu den Nebenwirkungen: Irritationen an der Injektionsstelle waren selten. Ins Kalkül gezogen werden müssen aber auch bei Certolizumab die für Anti-TNF-Therapien typischen Nebenwirkungen wie etwa ein erhöhtes Infektionsrisiko. Im Rahmen des klinischen Entwicklungsprogramms wurde bei einem Patienten eine Tuberkulose entdeckt, die jedoch erfolgreich behandelt werden konnte. Todesfälle traten nicht auf.
Apothekerin Dr. Beate Fessler
Mit dem Crohn’s Disease Activity Index (CDAI) können die auftretenden Schübe klassifiziert und der Krankheitsverlauf bei Crohn-Patienten beurteilt werden. Der CDAI berücksichtigt die Zahl der Stühle, das Allgemeinbefinden und den Hämatokrit. Ein CDAI von weniger als 150 Punkten entspricht einer Remission, ein CDAI von 150 bis 220 Punkten einem milden Schub, ein CDAI zwischen 220 und 450 Punkten einem moderaten und ein CDAI über 450 Punkten einem schweren Schub.
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