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- DAZ 29/2002
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Arzneimittel und Therapie
Studie gestoppt: Hormonersatztherapie erhöht Risiko für Brustkrebs- und Herz-K
In die Studie waren insgesamt etwa 16 000 Frauen im Alter von 50 bis 79 Jahren einbezogen. Ein Teil von ihnen erhielt ein Kombinationsarzneimittel aus konjugierten Östrogenen und dem Gestagen Medroxyprogesteronacetat (MPA), ein zweiter Teil Plazebo. Über mindestens acht Behandlungsjahre hinweg sollte erfasst werden, bei wie vielen Frauen es in den verschieden Behandlungsgruppen zu einem Herzinfarkt, zum Schlaganfall, zur Einschwemmung von Blutgerinnseln aus tiefen Bein- oder Beckenvenen in die Lunge (Lungenembolie), zu Brustdrüsenkrebs, zu Darmkrebs, zu Gebärmutterkrebs und zu Knochenbrüchen kam.
Brustkrebsrisiko etwas erhöht
Anlässlich einer Zwischenauswertung nach fünf Behandlungsjahren hatte sich jetzt gezeigt, dass bei Frauen, die Östrogene plus MPA erhalten hatten, das Risiko für Darm- und Gebärmutterkrebs sowie das Risiko von Knochenbrüchen im Bereich der Hüftgelenke zwar etwas vermindert, das Brustkrebsrisiko aber etwas erhöht war. Außerdem zeigte sich unter der Hormonersatztherapie eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Lungenembolien, Herzinfarkten und Schlaganfällen, insbesondere im ersten Anwendungsjahr.
Wie der Studienleiter der "Women's Health Initiative" berichtet, hätten die Nachteile den Nutzen überwogen. Da alles in allem in der WHI-Studie bei sonst gesunden postmenopausalen Frauen die Risiken unter der Hormonkombination höher waren als der Nutzen, wurde dieser Teil der Studie vorzeitig abgebrochen. Ursprünglich war die Studie bis 2005 anberaumt. Der Teil der Studie, der im Vergleich mit Plazebo den Nutzen und das Risiko einer reinen Östrogenbehandlung bei Frauen, denen die Gebärmutter entfernt wurde, untersucht, läuft noch weiter; ob dabei ähnliche Ergebnisse wie bei der Kombinationsbehandlung gefunden werden, bleibt abzuwarten.
Die Annahme, dass die in der WHI-Studie mit Östrogen und dem Gestagen MPA erhobenen Befunde auch auf andere Östrogen-Gestagen-Behandlungsregime übertragbar sind, liegt nach einer Meldung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 12. Juli nahe.
BfArM bewertet Nutzen-Risiko-Verhältnis neu
Aus den aufgeführten Studienergebnissen ergibt sich nach Aussage des BfArM Folgendes:
- Bei der Langzeitanwendung von Östrogen-Gestagen-Kombinationstherapien (länger als vier Jahre) bei sonst gesunden postmenopausalen Frauen überwiegen die Risiken einen möglichen Nutzen.
- Eine Behandlung mit Östrogen/Gestagen-Kombinationen zum Zweck der Vorbeugung vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie dieses teilweise in den USA praktiziert wird, erscheint nach dieser Studie keinesfalls mehr sinnvoll. Eine solche Vorbeugung ist bei den in Deutschland im Verkehr befindlichen Präparaten auch nicht als Anwendungsgebiet zugelassen.
- Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erscheint die Anwendung der Hormonpräparate bei ausgeprägten Wechseljahrsbeschwerden wie Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen für einen überschaubaren Zeitraum nach wie vor vertretbar. Sie sollte aber nur nach Ausschluss von Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Rauchen, Anamnese, Familiengeschichte) und nicht länger als nötig erfolgen.
- Die Wirksamkeit von Hormonkombinationen zur Vorbeugung der Osteoporose wurde in der WHI-Studie zwar bestätigt; sie hat jedoch gezeigt, dass bei im wesentlichen gesunden Frauen nach den Wechseljahren die Risiken durch Brustkrebs, Herzinfarkt, Schlaganfall und Lungenembolie überwiegen.
- Auf Grund der Ergebnisse dieser Studie wird das Nutzen-Risko-Verhältnis bei Östrogen-Gestagen-Kombinationstherapien in den zugelassenen Anwendungsgebieten (Wechseljahresbeschwerden und Vorbeugung der Osteoporose) daher vom BfArM neu bewertet werden.
- Frauen in oder nach den Wechseljahren, die zur Zeit mit einem Hormon-Kombinationspräparat behandelt werden, sollten aus Anlass des nächsten Besuches bei Ihrem Arzt die Frage zur Sprache bringen, ob und in welcher Form die Fortsetzung einer Hormonersatztherapie noch weiterhin als sinnvoll angesehen wird.
Kastentext: Nutzen-Risiko-Abwägung
Östrogen/Gestagen-Kombinationen erhöhen das relative Risiko
- von Schlaganfällen um 41%,
- von koronarer Herzkrankheit um 29%,
- von venösen Thromboembolien um 100%,
- von kardiovaskulären Erkrankungen insgesamt um 22% und
- von invasivem Brustkrebs um 26%.
Dem steht eine Reduktion des relativen Risikos
- von Hüftfrakturen um 34%
- von Frakuren insgesamt um 24% und
- von kolorektalem Karzinom um 37%
gegenüber. Die Gesamtmortalität unterscheidet sich nicht.
Literatur
Writing Group for the Women's Health Initiative Investigators: Risks and benefits of estrogen plus progestin in healthy postmenopausal women. Principal results from the women's health initiative randomized controlled trial. J. Am. Med. Assoc. 288, 321 – 333 (2002). National Heart, Lung and Blood Institute (USA): NHLBI stops trial of estrogen plus progestin due to increased breast cancer risk, lack of overall benefit. www.nhlbi.nih.gov/whi
Eine am 9. Juli veröffentlichte Studie aus Amerika hat gezeigt, dass Frauen, die in oder nach den Wechseljahren Östrogene und Gestagene zum Ersatz der verminderten körpereigenen weiblichen Geschlechtshormone einnehmen, ein etwas höheres Brustkrebs- und Herz-Kreislauf-Risiko tragen als Frauen, die solche Arzneimittel nicht anwenden. Die Studie wurde jetzt nach durchschnittlich 5,2 Jahren vorzeitig gestoppt.
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