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Arzneimittel und Therapie
Augenheilkunde: Brimonidin bei Glaukom
Das Glaukom - im Volksmund grüner Star genannt - ist eine der häufigsten Erblindungsursachen. Das primäre Offenwinkelglaukom macht 80 bis 90% aller Glaukomfälle aus.
Erhöhten Augeninnendruck senken Alle bislang verwendeten Glaukommittel senken den erhöhten Augeninnendruck, den einzigen bekannten Kausalfaktor des Glaukoms. Allerdings gibt es auch Glaukompatienten ohne erhöhten Augeninnendruck. Bei ihnen könnte eine gestörte Mikrozirkulation des Sehnervenkopfes oder ein initiales Trauma für das Glaukom verantwortlich sein. Unabhängig vom auslösenden Faktor scheint das Glaukom ein neurodegenerativer Prozeß zu sein, dessen Stoffwechselprodukte zum Nervenzelltod führen. Beispielsweise fand man in den Augen von Glaukompatienten Glutamat in neurotoxischer Konzentration.
Vor allem Betablocker Bis zur Einführung der Betablocker waren Miotika die Mittel der Wahl beim Offenwinkelglaukom, insbesondere Pilocarpin. Heute werden überwiegend Betablocker am Glaukomauge eingesetzt, mit nichtselektiven Betablockern wie Timolol als Goldstandard. Gegenüber Miotika haben sie den Vorteil, daß sie nur zweimal täglich angewendet werden und die Sehfunktion nicht beeinträchtigen. Allerdings müssen kardiale und pulmonale Nebenwirkungen und entsprechende Kontraindikationen beachtet werden. Alpha2-Agonisten, wie Clonidin und Apraclonidin, besitzen in Deutschland bisher keinen großen Marktanteil. Clonidin hat wegen seiner hohen Lipophilie zentrale Nebenwirkungen (Blutdruckabfall, Müdigkeit), Apraclonidin führt häufig zu Allergien. Drei weitere Substanzen kamen kürzlich auf den Markt: 1995 der Carboanhydrasehemmer Dorzolamid, 1997 das Prostaglandinanalogon Latanoprost und im Februar 1998 der Alpha2-Agonist Brimonidin.
Alpha2-Agonist Brimonidin Brimonidin bindet mit etwa 1800fach höherer Affinität an Alpha2-Rezeptoren als an Alpha1-Rezeptoren. Die Stimulierung von Alpha2-Rezeptoren im Auge senkt den Augeninnendruck, zusätzliche unerwünschte Wirkungen sind eine leichte Pupillenverengung, Mundtrockenheit und Müdigkeit. Alpha1-Rezeptoren vermitteln dagegen Pupillenerweiterung, Lidretraktion und Gefäßverengung. An Beta1-Rezeptoren des Herzens und Beta2-Rezeptoren der Lunge zeigt Brimonidin keine Wirkung. Brimonidintartrat wird in Form von 0,2%igen Augentropfen zweimal täglich am Auge appliziert. Die Substanz verteilt sich im gesamten Auge, auch im hinteren Bereich. Im Plasma werden dagegen nur niedrige Konzentrationen erreicht. Die Halbwertszeit beträgt 2,5 Stunden. Brimonidin senkt den Augeninnendruck über einen dualen Wirkungsmechanismus: Es verringert die Produktion des Kammerwassers und fördert seinen Abfluß. Darüber hinaus scheint die Substanz am Sehnerv durchblutungsfördernd und neuroprotektiv zu wirken. Untersuchungen an 15 gesunden Probanden mit einer Laser-Doppler-Flußmessung ergaben, daß mit Brimonidin die oberflächlichen Schichten des Sehnervs und insbesondere die Netzhaut besser durchblutet werden. In einem Tiermodell der mechanischen Sehnervschädigung erhöhte eine intraperitoneale Brimonidin-Gabe die Überlebensrate retinaler Ganglienzellen. Neuroprotektive Wirkungen wurden für Brimonidin außerdem in einem Modell der lichtinduzierten Schädigung sowie einem Modell der retinalen Ischämie gezeigt. Der Alpha2-Agonist wurde in klinischen Studien mit über 2000 Patienten geprüft. Die Patienten wendeten das Mittel bis zu drei Jahre lang an. Zielkriterium bisheriger Studien war die Senkung des erhöhten Augeninnendrucks; der Erhalt des Gesichtsfeldes muß noch in langfristigen Studien gezeigt werden.
Additive Wirkung mit Betablockern Randomisiert und doppelblind wur- den Brimonidin-Augentropfen mit 0,5%igen Timolol-Augentropfen verglichen. Beide wurden ein Jahr lang zweimal täglich angewendet. 466 Patienten mit primärem Offenwinkelglaukom oder erhöhtem Augeninnendruck verwendeten Brimonidin, 371 Timolol. Brimonidin und Timolol senkten den Augeninnendruck vergleichbar stark, ohne den Blutdruck zu beeinflussen. Die Herzfrequenz sank nur unter Timolol. In einer dreimonatigen randomisierten Doppelblindstudie wurde Brimonidin mit dem beta1-selektiven Betablocker Betaxolol (0,25%ige Augentropfen, zweimal täglich appliziert) an rund 200 Patienten verglichen. Brimonidin senkte den erhöhten Augeninnendruck stärker als Betaxolol. In Kombination mit Betablockern wirkt Brimonidin additiv. So ergab eine dreimonatige randomisierte Vergleichsstudie an 125 Patienten, die auf Betablocker nicht ausreichend ansprachen, eine zusätzliche, mit Pilocarpin (2,0%, dreimal täglich appliziert) vergleichbare Drucksenkung. Pilocarpin führte allerdings häufiger zu Nebenwirkungen. Während mit Pilocarpin Kopfschmerzen (24%) und Sehstörungen (6%) dominierten, traten mit Brimonidin vor allem Allergien am Auge und Mundtrockenheit (jeweils 8%) auf.
Quelle Dr. Friedemann Kimmich, Ettlingen, Priv.-Doz. Dr. Ekkehard Fabian, Rosenheim, Ph. D. James Burke, Irvine (USA), Prof. Dr. Lutz E. Pillunat, Hamburg, Dr. Joachim Zeisberg, Berlin, Pressekonferenz "Alphagan" - bessere Chancen für Patienten mit Glaukom", Essen, 12. Februar 1998, veranstaltet von der Pharm-Allergan GmbH, Ettlingen.
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