Halloween

Kürbis-Chemie zum Gruselfest

31.10.2024, 17:50 Uhr

Essen oder erschrecken? Zu Halloween zeigen Kürbisse, was in ihnen steckt. (Foto: Alexander Raths/Adobe Stock)

Essen oder erschrecken? Zu Halloween zeigen Kürbisse, was in ihnen steckt. (Foto: Alexander Raths/Adobe Stock)


Kürbisse gehören zu Halloween wie das Ei zu Ostern. Mittlerweile hat sich der irisch-amerikanische Brauch festgesetzt, sodass auch hierzulande eifrig zum Stichtag am 31. Oktober Kürbisse ausgehöhlt werden. Doch auch chemisch betrachtet sind die Gewächse interessant – und bergen ein gruseliges Geheimnis.

Kürbisse gehörten auch schon zur Herbstzeit, als es in Deutschland noch kein Halloween gab. Da zierten allerdings eher die zahlreichen Zier- und verzehrbaren Kürbissorten bunt geschmückte Tische und Altäre zum Erntedankfest. Mittlerweile grinsen aus fast jedem Schaufenster mit gruseligen Fratzen versehene große orange Kürbisse, mindestens ab Mitte Oktober. Am 31. Oktober, dem Abend vor Allerheiligen (All Hallows Even) ist Halloween – wie sich das englische Wort im Laufe der Zeit verkürzt und verballhornt hat.

Dass der Kürbis sich auf die irische Sage des Unholds Jack (O’Lantern) zurückführt, weiß kaum jemand. Dieser war zu Lebzeiten so böse, dass er sogar den Teufel übers Ohr gehauen hatte. Als er tot war, verwehrte ihm Gott den Einlass in Jenseits. Und so zog er mit einer ausgehöhlten Rübe, in die er ein Stück glühende Kohle gelegt hatte als Laterne umher auf der Suche nach einem Platz zum Bleiben. Rübe? Ja – erst durch die vielen irischen Einwanderer in Amerika wurde aus der Rübe ein Kürbis. Die gab es dort öfter und sie sind auch viel leichter zu bearbeiten.

Chemisch spannende Inhaltsstoffe

Spannend für naturwissenschaftlich Bewanderte ist aber auch die Chemie, die in Kürbissen steckt. Da wären zunächst die Inhaltsstoffe, die ihn für die Ernährung interessant machen. Da die Curcubitaceae – so ihr botanischer Name – zu 90 Prozent aus Wasser bestehen, ist der Kaloriengehalt nur sehr gering.

Zahlreiche Mineralstoffe – besonders der hohe Anteil an Kalium – machen Kürbisse außerdem zu einem guten Bestandteil des herbstlich-saisonalen Ernährungsplans.

Medizinisch bedeutsam sind die essbaren Kerne der Kürbisse. Sie enthalten Phytohormone aus der Gruppe der delta-5-Sterole und der delta-7-Sterole, denen eine positive Wirkung auf die Prostata nachgesagt wird (in Laborexperimenten ließ sich die Wirkung teilweise belegen).

Mineralstoffe wie Selen, Vitamin E und der hohe Fettgehalt der Kerne sind weitere gesunde Inhaltsstoffe – und Ausgangspunkt für Produkte wie Kürbiskernöl.

Gesund ist aber auch die schöne orange Farbe der Kürbisse für den Menschen – nicht wegen der abschreckenden Wirkung auf Geister, sondern eher, weil es sich dabei um den Farbstoff Beta-Carotin handelt – auch als Provitamin A bekannt. Es wird im Körper zu Vitamin A umgesetzt.

Der Geruch der Kürbisse und „Pumpkin Spice“

Kürbisse verbreiten, wenn sie frisch angeschnitten werden, einen sehr charakteristischen Geruch. Auch diesen haben Chemiker untersucht und wie so oft in der Natur Derivate des Isoprens (2-Methylbuta-1,3-dien) dafür ausfindig gemacht. Im Fall der Kürbisse macht die Mischung aus Cis-3-Hexen-1-ol, n-Hexanol und 2-Hexenal den spezifischen Geruch aus. Dass dabei „Hexen“ eine Rolle spielen, ist bestimmt nur Zufall (und englischsprachigen Halloween-Feiernden überhaupt nicht bewusst) …

Wird Kürbis übrigens in Dosen konserviert als Canned Pumpkin – was sich hierzulande nur äußert selten im Supermarkt-Regal findet – ändert sich auch die chemische Zusammensetzung des Geruchs. Die leicht flüchtigen Hexenol-Derivate gehen verloren, stattdessen sorgen 2-Methylbutanal, „Kaffeefuranon“ (2-Methyltetrahydrofuran-3-on, Aroma-Bestandteil von geröstetem Kaffee) und Furfural (Furan-2-carbaldehyd) für ein ganz eigenes Aroma.

Nichts mit Kürbis an sich zu tun hat übrigens das sogenannte Pumpkin Spice. Diese Gewürzmischung aus den USA wird oft für Gerichte mit Kürbis verwendet und enthält unter anderem Zimt, Nelken und Ingwer. Ihre chemischen Bestandteile sind daher eher Cinnamon (Zimtaldehyd, trans-3-Phenyl-2-propenal) aus dem Zimt oder das Eugenol (4-Allyl-2-methoxyphenol) aus der Nelke.

Das gruselige Geheimnis der Curcubitaceen

Aber ein Kürbis wäre kein Halloween-Kürbis, wenn man damit nicht auch Menschen töten könnte. Nicht nur durch das immense mögliche Gewicht eines Riesenkürbis – der Weltrekord aus dem Jahr 2023 für einen Riesenkürbis liegt immerhin bei 1247 Kilogramm und wurde im US-amerikanischen Minnesota vom Züchter Michael Jordan aufgestellt. Da möchte man nicht drunter geraten. Die gesamte botanische Familie der Curcubitaceen, zu der auch Gurken und Zucchini gehören, sind auch grundsätzlich giftig. Von Natur aus bilden sie eine Gruppe von Bitterstoffen mit dem Namen Cucurbitacine. Diese rund 40 verwandten komplexen Moleküle sollen den Kürbis vor allem vor hungrigen Schnecken schützen und können tatsächlich bereits in geringen Dosen auch für Menschen tödlich sein. Dass wir heute recht sorglos mit den verzehrbaren Kürbissen umgehen, ist ein Verdienst von Jahrhunderten Pflanzenzucht. Durch entsprechende Auslese enthalten Kürbisse, Gurken und Zucchini diese Giftstoffe in der Regel nicht. Doch Vorsicht: Nur die Samen aus Zuchthandlungen dürfen verwendet werden. Bereits die nächste Generation, die F1-Generation, bildet meist wieder die Giftstoffe. Daher sollten Curcubitaceen nicht aus selbst gewonnenen Samen einer Kürbisernte wieder ausgesät werden. 

Übrigens sind auch Zierkürbisse aus diesem Grund in der Regel nicht essbar. Allerdings macht die Eigenschaft der Curcubitacine, giftig für Menschen, Tiere, Insekten und sogar Pilze zu sein, sie auch zu interessanten Objekten für die Arzneimittel- und Pflanzenschutzmittelforschung.

Zuletzt: eigenwillige Moleküle, die an Kürbisse erinnern

Zum guten Schluss der Chemie der Kürbisse noch etwas aus der Welt der Makrochemie. Curcubiturile nämlich sind makrozyklische Moleküle, die in ihrer Form an Kürbisse erinnern. Sie bestehen aus mehreren Glycoluril-Einheiten und bilden einen molekularen Käfig – wie die Rillen eines Kürbisses. In diesem chemisch ausgesprochen inertem und bis zur Größenordnung eine Kubiknanometers recht großen Hohlraum lassen sich andere Moleküle transportieren. Auch das wiederum interessant, etwa für die Arzneimittelforschung und viele andere Bereiche der Wissenschaft.

Wenn Sie also das nächste Mal einen Halloween-Kürbis sehen, lassen Sie sich nicht erschrecken und denken Sie an seine vielen chemischen Geheimnisse.

Literatur

[1] Zeitz M, Fischer L. Der chemische Horror der Kürbisse. Spektrum der Wissenschaft; www.spektrum.de/video/wir-werden-alle-sterben-die-heimtueckischen-cucurbitacine/1682614

[2] Curcubiturile. Chemie.de; www.chemie.de/lexikon/Cucurbiturile

[3] O'Lantern J. Kürbis-Laterne soll dem Teufel trotzen; www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Halloween-Was-steckt-hinter-dem-Brauch,halloween10.html#:~:text=Als%20viele%20Iren%20nach%20Amerika,im%20englischsprachigen%20Raum%20genannt%20wird

[4] Pumpkin Spice Gewürz: Rezept zum Selbermachen. Essen&Trinken, www.essen-und-trinken.de/rezepte/pumpkin-spice-gewuerz-rezept-zum-selbermachen-13374504.html

[5] Kürbis-Kolosse: So schwer ist der größte Kürbis aller Zeiten. Familie.de, www.familie.de/artikel/kuerbis-kolosse-so-schwer-ist-der-groesste-kuerbis-aller-zeiten--6jxpmh424h

[6] Kürbisse: Gesund essen. Bundeszentrum für Ernährung (BzfE), www.bzfe.de/lebensmittel/vom-acker-bis-zum-teller/kuerbisse/kuerbisse-gesund-essen/


Volker Budinger, Diplom-Biologe, freier Journalist
redaktion@daz.online


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