Telemedizin

Was müssen Apotheken bei online ausgestellten Privatrezepten beachten?

Berlin - 26.08.2024, 16:00 Uhr

Was ist bei elektronisch ausgestellten Privatrezepten zu beachten? (Foto: Zamrznuti tonovi / AdobeStock)

Was ist bei elektronisch ausgestellten Privatrezepten zu beachten? (Foto: Zamrznuti tonovi / AdobeStock)


Nach einer telemedizinischen Behandlung können Ärzte und Ärztinnen Arzneimittel verordnen: per E-Rezept oder auch auf Privatrezept. Letztere tauchen immer häufiger in Apotheken auf – vor allem für Medizinalcannabis. Die Apothekerkammer Berlin hat nun Hinweise veröffentlicht, wie Apotheken mit diesen Privatrezepten umgehen sollten.

Im Jahr 2019 wurde im Zuge des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung ermöglicht, dass Apothekerinnen und Apotheker verschreibungspflichtige Arzneimittel auch dann abgeben dürfen, wenn vor der Verschreibung offenkundig kein direkter Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden hat. Damit wurde kurz vor der Corona-Pandemie der Weg für Rezepte geebnet, die nach einer Videosprechstunde bzw. telemedizinischen Konsultation ausgestellt wurden.

Die Verordnungen können per E-Rezept erfolgen oder auch auf Privatrezepten. Letztere werden von den Telemedizin-Anbietern in der Regel als PDF-Datei übermittelt. Solche landen nun immer häufiger in Apotheken. Das hat die Apothekerkammer Berlin zum Anlass genommen, einige Hinweise zum Umgang mit diesen Rezepten zusammenzustellen. Denn gerade bei aus der Ferne ausgestellten Privatrezepten für Medizinalcannabis mag sich das Apothekenpersonal zuweilen fragen, auf welche Weise die Verordnung zustande kam – und ob es sie bedienen darf beziehungsweise muss. Dass es hier Plattformen gibt, über die Ärzte und Ärztinnen das Arzneimittel nach Ausfüllen eines Online-Fragebogens gegen fast jede erdenkliche Erkrankung ausstellen, ist mittlerweile allgemein bekannt. Ein Angebot, das auch für Genuss-Konsumenten attraktiv ist.

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Der erste Hinweis der Apothekerkammer lautet: Grundsätzlich gilt ein Kontrahierungszwang für die Apotheken: Nach § 17 Abs. 4 Apothekenbetriebsordnung sind sie verpflichtet, Verschreibungen von Ärztinnen und Ärzten, die zur Ausübung der Heilkunde, Zahnheilkunde oder Tierheilkunde berechtigt sind, in einer angemessenen Zeit zu beliefern. Das gilt auch für Rezepte, die im Wege der Fernbehandlung ausgestellt wurden.

Qualifizierte elektronische Signatur prüfen!

Sodann müssen grundsätzlich die Vorgaben der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) erfüllt sein – dazu zählt nicht zuletzt, dass der Verordner unterzeichnet haben muss. Der maßgebliche Unterschied der „Online-Verschreibung“ zum Papierrezept ist die qualifizierte elektronische Signatur (QES). Diese müssen auch Privatrezepte von telemedizinischen Anbietern tragen – und die Apotheke muss in diesen Fällen die Echtheit der QES überprüfen. Die Kammer Berlin schreibt: „Hat die Apotheke Zweifel an der Echtheit der Signatur, muss sie Rücksprache mit der ausstellenden Ärztin oder dem ausstellenden Arzt halten. Ergibt die Überprüfung, dass die QES nicht echt ist oder dass eine QES fehlt, so darf das Rezept nicht beliefert werden“. Das Gute ist: Die QES ist anders als die handschriftliche Unterschrift nahezu unmöglich zu fälschen.

Rezept per Fax reicht nicht

Aus all dem ergibt sich auch: Ein gefaxtes PDF-Privatrezept bringt nichts. Die Kammer betont, dass es sich bei dem Fax weder um ein Papierrezept (Originalunterschrift der Ärztin oder des Arztes fehlt) noch um eine elektronische Verschreibung (Fehlen einer QES) handele. Enthält das Fax jedoch Einwahldaten für ein Portal, bei dem das Rezept heruntergeladen werden kann, und erfüllt es auch sonst die Anforderungen des § 2 AMVV, so kann das Rezept nach Überprüfung beliefert werden, so die Kammer.

Sodann muss ein Privatrezept die erforderlichen Angaben nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis10 AMVV beinhalten. Zudem: Sollte es einen für den Abgebenden erkennbaren Irrtum enthalten, ist es nicht lesbar oder ergeben sich sonstige Bedenken, so darf das Arzneimittel nicht abgegeben werden, bevor die Unklarheit beseitigt ist (§ 17 Abs. 5 Satz 3 ApBetrO). Auch einem Verdacht auf Arzneimittelmissbrauch ist nach § 17 Abs. 8 ApBetrO entgegenzuwirken.

Die Kammer rät ausdrücklich: „Sollten Sie Bedenken haben, rufen Sie daher immer die ausstellende Ärztin oder den ausstellenden Arzt an. Auch bei telemedizinischen Behandlungen müssen die Ärztinnen und Ärzte für Nachfragen zur Verfügung stehen“.

Einhaltung der ärztlichen Beratungspflicht muss nicht geprüft werden

Bei Bedenken, ob das Rezept möglicherweise ohne ärztliche Beratung ausgestellt und damit gegen ärztliches Berufsrecht verstoßen wurde, müsse das Arzneimittel aber wegen des Kontrahierungszwangs dennoch beliefert werden. Denn das Berufsrecht der Ärztinnen und Ärzte zeige allein Wirkung gegenüber dem eigenen Heilberuf. Apothekerinnen und Apotheker müssen und können grundsätzlich von einer ärztlichen Beratung ausgehen. Sie sind nicht verpflichtet, zu überprüfen, ob diese ordnungsgemäß erfolgt ist. Nur wer vermutet, dass ein Arzneimittelmissbrauch nach § 17 Abs. 8 ApBetrO vorliegt, sollte die Abgabe verweigern, so die Kammer.

Diese Hinweise gelten grundsätzlich für alle Privatrezepte, die nach einer telemedizinischen Behandlung ausgestellt wurden. Die Kammer weist noch auf eine Spezialnorm im Medizinalcannabis-Gesetz hin: Die Abgabe von medizinischem Cannabis ohne ärztliche Verschreibung kann mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft werden (§ 25 Abs. 1 Nr. 2 MedCanG). 

Nicht zu vergessen ist aber auch: Das Arzneimittelgesetz sieht bei anderen Rx-Arzneimitteln, die entgegen § 48 AMG ohne Vorliegen einer ärztlichen Verordnung abgegeben werden, eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor (§ 96 Nr. 13 AMG). 

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Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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