Wissenswertes zum Wirkstoff gegen Pocken

MPox – EU schließt Vertrag für Versorgung mit Tecovirimat

Stuttgart - 26.10.2023, 12:30 Uhr

In Europa steht Tecovirimat in Form von 200-mg-Kapseln zur Verfügung. (Symbolfoto: ImageFlow / AdobeStock)

In Europa steht Tecovirimat in Form von 200-mg-Kapseln zur Verfügung. (Symbolfoto: ImageFlow / AdobeStock)


Die europäische Gesundheitsbehörde HERA hat sich die Versorgung mit 100.080 oralen Behandlungseinheiten von Tecovirimat SIGA gesichert. Was sich hinter dem Wirkstoff verbirgt, lesen Sie hier.

Im September 2021 hat die Europäische Kommission die „EU-Behörde für die Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen“ (Health Emergency Preparedness and Response Authority) mit dem Namen HERA eingerichtet. MPox (ehemals Affenpocken) sind seit Mai dieses Jahres zwar keine internationale Notlage mehr, doch HERA hat nun zu Beginn dieser Woche bekannt gegeben, dass sie „Medikamente gegen Affenpocken, Pocken und Kuhpocken gesichert“ hat [1, 2]. Dazu hat sie konkret einen Vertrag mit dem Unternehmen Meridian Medical Technologies, LLC, geschlossen. Der Vertrag soll bis zu 100.080 orale Behandlungseinheiten von dem Wirkstoff Tecovirimat von Siga Technologies sichern.

Man habe den MPox-Ausbruch im vergangenen Jahr in der EU sehr schnell unter Kontrolle gebracht, doch „wie uns COVID immer wieder zeigt, müssen wir wachsam bleiben und auf jedes Szenario vorbereitet sein, sollten die Fälle wieder steigen“, erklärte Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides in einer Mitteilung diese Woche. Deshalb werde man weiterhin dafür sorgen, dass die notwendigen Therapeutika für die Behandlung der MPox jederzeit verfügbar sind [2].

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Tatsächlich hieß es noch im August vergangenen Jahres, als MPox noch als internationale gesundheitliche Notlage galten, dass Tecovirimat in Deutschland nur in begrenzter Menge verfügbar ist. In der Lauer-Taxe ist es bis heute gar nicht gelistet. Dort wird es bislang nur für die Niederlande aufgeführt (Stand 26.10.2023). In der EU ist Tecovirimat sei Anfang 2022 zugelassen [3].

Der Wirkmechanismus von Tecovirimat

„Tecovirimat hemmt die Aktivität des VP37-Proteins, einem peripheren Membranprotein, von Orthopoxviren und verhindert die Interaktion von VP37 mit zellulärer Rab9-GTPase und TIP47. Dadurch wird die Bildung einer Virushülle und Virusfreisetzung aus der Wirtszelle verhindert. So kann die Ausbreitung des Virus im Organismus von Zelle zu Zelle verhindert werden.“ 

Quelle: DAZ 12/2022 [4]

Mit dem gemeinsamen Beschaffungsrahmenvertrag soll nun der mittel- und langfristige Bedarf von 13 Teilnehmerländern gedeckt werden. Er soll die im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens rescEU verfügbaren Bestände, die während des Höhepunkts des Ausbruchs aufgebaut wurden, ergänzen [2].

In Europa steht Tecovirimat in Form von 200-mg-Kapseln zur Verfügung. Diese sollen 14 Tage lang zweimal täglich (je 600 mg) mit einer Mahlzeit eingenommen werden. Für Kinder muss die Dosis angepasst werden, in Schwangerschaft und Stillzeit wird die Anwendung nicht empfohlen. Es können häufig Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Bauchschmerzen auftreten [4]. Die Indikation für Tecovirimat sollte streng gestellt werden, da es Hinweise auf eine mögliche rasche Resistenzentwicklung gibt [3].

Wofür Tecovirimat eigentlich entwickelt wurde

„Tecovirimat ist für Erwachsene und Kinder (Körpergewicht mindestens 13 kg) zur Behandlung von Pocken, Affenpocken oder Kuhpocken zugelassen sowie zur Behandlung von Komplikationen im Zusammenhang mit der Replikation des Vaccinia-Virus nach einer Pocken-Lebendimpfung. Der antivirale Wirkstoff wurde in den USA im Hinblick auf mögliche bioterroristische Angriffe bzw. kriegerische Bedrohungen unter Regierungsbeteiligung entwickelt und ist dort bereits seit 2018 unter dem Warennamen Tpoxx® zugelassen.“

Quelle: DAZ 12/2022 [4]

Literatur 

[1] PAHO / WHO. WHO declares end of mpox emergency, calls for sustained efforts for long-term management of the disease. Mitteilung vom 11. Mai 2023, www.paho.org/en/news/11-5-2023-who-declares-end-mpox-emergency-calls-sustained-efforts-long-term-management-disease#:~:text=May%2011%2C%202023%2D%20The%20Emergency,General%20accepted%20the%20Committee's%20advice

[2] Europäische Kommission. Gesundheitsbehörde HERA schließt Vertrag für Medikament gegen Affenpocken, Pocken und Kuhpocken. Mitteilung vom 23. Oktober 2023, germany.representation.ec.europa.eu/news/gesundheitsbehorde-hera-schliesst-vertrag-fur-medikament-gegen-affenpocken-pocken-und-kuhpocken-2023-10-23_de 

[3] Moll D. Tecovirimat – ein Arzneimittel gegen Affenpocken. DAZ.online 08.08.2022, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2022/08/08/tecovirimat-ein-arzneimittel-gegen-affenpocken  

[4] Leopoldt D. Alte Erreger – neue Gefahren. DAZ 2022;12:42, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2022/daz-12-2022/alte-erreger-neue-gefahren


Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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