Ihr Name verspricht Zauberkraft. Tatsächlich beeindruckt die Virginische Zaubernuss (Hamamelis virginiana) mit fast magischen Fähigkeiten – in botanischer Hinsicht. Doch auch pharmazeutisch hat der nordamerikanische Strauch viel zu bieten. So wirken Hamamelis-Zubereitungen adstringierend, entzündungshemmend und blutstillend. Das macht sie zu geeigneten Phytotherapeutika bei Haut- und Hämorrhoidalbeschwerden.
Ungewöhnlicher Blütenzauber
Wenn andere Blütenpflanzen eine Ruhepause einlegen, ist die Zeit der Zaubernuss gekommen: Im Spätherbst oder Winter bringt sie ihre goldgelben Blüten hervor. Diese sind in Büscheln angeordnet und haben jeweils vier sehr lange, schmale Blütenblätter. Dadurch sehen die Blüten wie zerfranst aus. Wegen des winterlichen Blütenzaubers ist die Virginische Zaubernuss (Hamamelis virginiana) eine beliebte Zierpflanze in Gärten und Parks.
Heimisch in Nordamerika
Der Hamamelis-Strauch ist im östlichen Nordamerika zu Hause, so auch im US-Bundesstaat Virginia. Davon leitet sich der Artname „virginiana“ ab. Im 18. Jahrhundert gelangte Hamamelis virginiana nach Europa. Der Strauch aus der Familie der Zaubernussgewächse (Hamamelidaceae) wird meist zwischen drei und sechs Meter hoch. Wenn er im Sommer seine breiten grünen Blätter trägt, ähnelt er unserem heimischen Haselnussstrauch.
Botanische Besonderheiten
Der wohlklingende Gattungsname „Hamamelis“ ist botanisch aussagekräftig. In ihm stecken nämlich die altgriechischen Wörter „hama“ für „gleichzeitig“ und „melon“ für „Frucht“. Sie besagen, dass Blüten und Früchte zur gleichen Zeit am Hamamelis-Strauch stehen. Die holzigen Kapselfrüchte haben einen faszinierenden Katapultmechanismus entwickelt: Wenn sie reif sind, springen sie derart heftig auf, dass die zwei enthaltenen Samen – wie von Zauberhand – mehrere Meter weit fortgeschleudert werden.
Heilschatz der Indianer
Die Indianer Nordamerikas erkannten die Zaubernuss als Heilpflanze. Sie nutzten Abkochungen aus Blättern und Rinde von Hamamelis virginiana unter anderem zur Behandlung von Wunden und Hautentzündungen. Auf die blutstillenden und entzündungshemmenden Eigenschaften wurden auch die weißen Siedler aus Europa aufmerksam. Sie verwendeten zum Beispiel getrocknete Hamamelis-Blätter als Nasentamponaden, um Nasenbluten zu stoppen. Bei Hautrötungen brachten sie Blätter- und Rindenabkochungen auf die betroffenen Stellen auf.
Erste Hamamelis-Salbe
Auch in die medizinische Wissenschaft fand Hamamelis Eingang. So ist in der nordamerikanischen Fachliteratur des 19. Jahrhunderts unter anderem die Behandlung von Hämorrhoidalleiden mit Hamamelis-Abkochungen beschrieben. Der Leipziger Apotheker Dr. Willmar Schwabe machte die Heilkraft der Zaubernuss auch in Deutschland verfügbar. Im Jahr 1878 brachte er die erste Hamamelis-haltige Salbe auf den Markt. Diese ist heute unter dem Namen Hametum® bekannt.
Adstringierend und antientzündlich
Hamamelis-Zubereitungen aus Blättern und Rinde (Hamamelidis folium, Hamamelidis cortex) werden phytotherapeutisch aufgrund ihrer adstringierenden, antientzündlichen und lokal blutungshemmenden (hämostyptischen) Wirkqualitäten genutzt. Außerdem gibt es Hinweise auf juckreizstillende und oberflächenanästhesierende Effekte. Das medizinische Einsatzgebiet umfasst daher leichte Hautverletzungen, lokale Haut- und Schleimhautentzündungen, Hämorrhoiden und Krampfaderbeschwerden. Die Volksmedizin setzt Hamamelis auch innerlich bei Durchfall und Menstruationsbeschwerden ein.
Extrakt oder Destillat
In wässrigen beziehungsweise ethanolisch-wässrigen Hamamelis-Auszügen aus Blättern und Rinde finden sich als wirksamkeitsrelevante Substanzen vor allem Gerbstoffe, die adstringierend und blutstillend wirken. Dagegen ist Hamamelis-Destillat aus Blättern und Zweigen – das „Hamameliswasser“ – gerbstofffrei. Es enthält jedoch flüchtige Stoffe (hauptsächlich Alkane), die entzündungshemmend, juckreizlindernd und wundheilungsfördernd wirken und damit ebenfalls bei Haut- und Hämorrhoidalbeschwerden wirksam sind.
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Salben und Zäpfchen
Präparate auf Basis von Hamamelis-Extrakt oder -Destillat sind bei Hämorrhoiden in den Anfangsstadien (Grad I und II) angezeigt. Sie lindern Beschwerden wie Juckreiz, Brennen und leichte Blutungen. Dazu können Zäpfchen eingesetzt werden (zum Beispiel Faktu® lind Zäpfchen, Haenal® Hamamelis Zäpfchen, Hametum® Hämorrhoidenzäpfchen, Posterine® Zäpfchen). Außerdem gibt es Salbenpräparate (zum Beispiel Faktu® lind Salbe, Haenal® fact Hamamelis Salbe, Hametum® Hämorrhoidensalbe, Posterine® Salbe). Auch in der Homöopathie und Anthroposophie gilt Hamamelis als Hämorrhoidenmittel (zum Beispiel in Hämorrhoidal-Zäpfchen N Cosmochema®, Wala® Quercus Hämorrhoidalzäpfchen, Weleda Hämorrhoidal-Zäpfchen).
Für Hautheilung und -pflege
Neben Hamamelis-Arzneimitteln zur Behandlung von Hämorrhoiden stehen weitere Hamamelis-Präparate zur Verfügung, die speziell zur Behandlung kleinerer Hautverletzungen oder als Pflegemittel bei rissiger, spröder Haut geeignet sind (zum Beispiel Hamamelis-Creme Heel®, Hamasana® Hamamelis Salbe, Hametum® Wund- und Heilsalbe, Hamamelis-Salbe Nestmann). Darüber hinaus macht sich auch die Kosmetik die zusammenziehenden und entzündungshemmenden Eigenschaften der Zaubernuss zunutze. So sind Hamamelis-Extrakte oder -Destillate in zahlreichen Gesichts- und Körperpflegemitteln enthalten, zum Beispiel um irritierte Haut zu beruhigen, die Poren zu verfeinern oder zum Tonisieren.
Stuttgart - 24.10.2018, 13:40 Uhr
Entzündungshemmend und blutstillend: die Zaubernuss. (Foto: scaleworker / stock.adobe.com)