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Management
Psychologische Sicherheit
Wie Sie im Apothekenteam eine vertrauensvolle Atmosphäre schaffen können
Die Gallup-Studie von 2017 zeigt: Im Durchschnitt haben nur 30 Prozent der Mitarbeiter das Gefühl, dass ihre Meinung bei der Arbeit zählt. Führungskräfte beschreiben häufig, dass sie trotz gezielter Nachfrage nach den Meinungen keine Antwort bekommen. Wie passt das zusammen?
Eine negative Teamkultur, wo Schweigen die beste Taktik ist, wird meist nicht bewusst geschaffen, sondern unbewusst durch viele kleine unglückliche Begebenheiten. Wer im Alltag aggressives Verhalten, Zurückweisung, negatives Feedback, Demütigung und Schuldzuweisungen erlebt, der wird sich in Zurückhaltung üben. Die Mitarbeiter wägen den vielleicht zu erreichenden Nutzen einer offenen Äußerung gegen das Risiko ab. Überwiegt das Risiko, abgekanzelt oder bloßgestellt zu werden, wird Schweigen zu Gold. Die Folgen sind stark eingeschränktes Engagement, weniger Leistung, geringeres Entwicklungspotenzial und das Einschwingen auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Wer hingegen ein High-Performance-Team formen möchte, der braucht eine positive und sichere Teamkultur.
Amy Edmondson, Professorin für Führung der Harvard Business School und Autorin u. a. des Buches „Die angstfreie Organisation. Wie Sie psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz für mehr Entwicklung, Lernen und Innovation schaffen“ ist Pionierin auf dem Gebiet der psychologischen Sicherheit. Sie definiert psychologische Sicherheit als gemeinsame Überzeugung, sich in einer vertrauensvollen Atmosphäre zu befinden, in der alle Teammitglieder ihre Meinung offen äußern können, ohne beschämt oder abgewiesen zu werden oder mit negativen Konsequenzen rechnen zu müssen. Diese Kultur lässt es zu, zwischenmenschliche Risiken einzugehen – um Hilfe zu bitten, einen Fehler zuzugeben oder unausgereifte Lösungsansätze kundzutun.
Psychologische Sicherheit steht nicht für die „Wohlfühlatmosphäre“, wo alle einer Meinung sind und Schulterklopfen an der Tagesordnung ist. Es ist vielmehr das Wertschätzen der Heterogenität, des offenen Diskurses und des sich gegenseitig Weiterbringens.
Die Führungskraft als Vorbild
Führungskräften wird häufig zu verstehen gegeben, dass sie eine Vorbildfunktion haben. In Bezug auf die psychologische Sicherheit kann dieser Hinweis gar nicht dick genug unterstrichen werden. Allein die Art, wie das Team geführt wird, hat einen erheblichen Einfluss auf die psychologische Sicherheit. Die Führungskraft kann die Atmosphäre positiv beeinflussen, wenn sie als echter Ansprechpartner agiert und dadurch vertrauensvolle Beziehungen zu den Mitarbeitern und unter den Mitarbeitern möglich macht. Eine Voraussetzung, dass Probleme offen angesprochen werden und Mitarbeiter ihre Ideen einbringen. Diesen Prozess kann die Führungskraft fördern, indem sie die Mitarbeiter immer wieder ermutigt, Vorschläge zu machen, und Wertschätzung zeigt, sowohl für den Mitarbeiter als auch für die eingebrachten Impulse.
Verletzlichkeit zeigen können
Bei ihrer Forschung zum Thema psychologische Sicherheit konnten Wolfgang Jenewein, Professor an der Universität St. Gallen, Anna-Christina Leisin, Geschäftsführerin von Syspilot Consulting, und Maximilian Stecker, Geschäftsführer eines Großhandelsunternehmens und Dozent an der Executive School der Universität St. Gallen, zwei Dimensionen identifizieren, die die psychologische Sicherheit umfasst: das Empfinden, Verletzlichkeit zeigen zu können, und die im Team wahrgenommene Wertschätzung.
Verletzlichkeit bedeutet nicht, dass jeder Mitarbeiter sein Innerstes nach außen kehren muss. Um im Unternehmen verletzlich und angreifbar zu sein, reicht es manchmal schon, sein „Nichtwissen“ einzuräumen, Fragen zu stellen oder einen Fehler zuzugeben. Wer kennt nicht die Rüge: „Also das hätten Sie aber wissen müssen!“ (Meist in der retrospektiven Beurteilung von Situationen benutzt, in denen mehr hellseherische Fähigkeiten gefragt gewesen wären als valides Wissen.)
Wenn Führungskräfte eher mit den Spezialisten im Team Rücksprache halten, als Allwissenheit vorzugaukeln, und wenn sie Fehler zugeben, anstatt die Illusion der Unfehlbarkeit aufrechtzuerhalten, dann werden sich die Mitarbeiter an diesem Verhalten orientieren. Fehler und Unwissenheit werden nicht vertuscht, sondern genutzt, um daraus Verbesserungen und Kompetenzerweiterungen zu machen.
Führungskraft mit großer Egostärke
Dafür braucht es die Haltung, dass Herausforderungen und Probleme dazu bestimmt sind, um daran zu wachsen. Personen, die die Möglichkeit haben, in Krisensituationen ihre Identität und das Gefühl für sich selbst aufrechtzuerhalten, und nahezu unabhängig von äußeren Bestätigungen sind, können auch als Personen mit großer Egostärke bezeichnet werden. Im Gegensatz zu einem großen Ego, was gestreichelt und poliert werden muss, weil es sonst bröckelt, bleiben Personen mit großer Egostärke innerlich intakt und reagieren der Situation angemessen. Führungskräfte mit großer Egostärke geben zu, dass es Herausforderungen im Team, eigene Fehler oder Unwissenheit gibt, und ebnen dadurch den Lösungsweg. Positiv beurteilt werden Führungskräfte, die sich ihrer Kompetenz bewusst sind und gleichzeitig die Bereitschaft zeigen, von anderen zu lernen.
Wenn es um die Wertschätzung im Unternehmen geht, liegt häufig der Fokus auf dem wertschätzenden Umgang mit jedem einzelnen Mitarbeiter, seinen individuellen Kompetenzen und Fähigkeiten. Auf welche Art und Weise diese Wertschätzung zum Ausdruck gebracht wird, ist ganz unterschiedlich und sollte für beide Seiten passend sein, damit die ausgesendete Wertschätzung auch ankommt. Beispiele gibt es hier diverse, vom Lob über Schulterklopfen bis hin zum Obstkorb für alle, einem gemütlichen Teamabend, der vom Chef gesponsert wird, oder einem zusätzlichen Nachmittag frei für extra Engagement.
Andere Meinungen anhören und respektieren
Eine besondere Bedeutung ist dem Hören und Wertschätzen der unterschiedlichen Meinungen im Team beizumessen. Kurz gesagt: Es bringt nichts, kompetentes Personal einzustellen, man muss ihm auch zuhören.
Häufen sich Sprüche im Team wie: „Ich rede mit einer Wand“, „Meine Meinung interessiert hier eh keinen“ oder „Es könnte so einfach sein“, gilt es, im wahrsten Sinne des Wortes hellhörig zu werden.
Nur weil Meinungen nicht mehr geäußert werden, sind sie noch lange nicht weg. Sie wirken trotzdem. Die Tendenz ist sogar groß, dass jemand anderes die wertvollen Ideen, Lösungsansätze und Perspektiven zu hören bekommt. Was meinen Sie, wo sich Mitarbeiter wertgeschätzter und gesehener fühlen?
Andere Meinungen anzuhören und zu respektieren, klingt einfach, ist es aber nicht. Beim Austausch unterschiedlicher Nationalitäten, Kulturen, Geschlechter und Ausbildungen klingen einige Äußerungen beim ersten Hören so abwegig, dass ein „so funktioniert das nicht“ schnell gedacht und vielleicht sogar ausgesprochen ist. Meinungsverschiedenheiten sind nicht umsonst der Startschuss vieler hitziger Auseinandersetzungen. Wir müssen beginnen, unseren inneren Kritiker herunterzuregeln und uns von staubigen Denkmustern verabschieden. Wir sollten in Betracht ziehen, dass der andere in Teilen Recht haben könnte oder zumindest einen guten Grund für seinen Standpunkt hat.
Und wenn alle Stricke reißen, kann man sich immer noch einig darüber sein, dass man unterschiedlicher Meinung ist.
Ehrliche Antworten
Wenn Sie sich Gedanken über Ihr Personal machen oder über das Personal, was Ihnen gerade fehlt, dann beantworten Sie ehrlich folgende Fragen:
- Gestehe ich mir ein, dass das Team sich im Moment einer großen Herausforderung gegenübersieht? Und ja: Andauernder Personalmangel ist eine echte Herausforderung.
- Vertrauen mir die Mitarbeiter ihre Meinung an?
- Höre ich zu, wenn sie das tun, und ziehe ich in Erwägung, dass sie Recht haben könnten?
- Kann ich Fehler eingestehen, auch Führungsfehler?
- Habe ich für alles eine Lösung? Oder wäre es sinnvoll, einen Spezialisten um Rat zu fragen, damit es vorangeht?
Ich wünsche Ihnen viel Offenheit, Toleranz, Vertrauen und damit ein Gefühl von Sicherheit in Ihrem Team! |
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