Prisma

Minimalistische Evolution

Darwinismus auf molekularer Ebene

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us | Charles Darwin beschrieb seine Evolutionstheorie anhand der Galápagos-Finken, die er auf den gleichnamigen Inseln rund 1000 km vor der südamerikanischen Küste beobachtet hatte. Je nachdem auf welcher der Inseln die Vögel leben, variiert ihr Nahrungsangebot. Auch wenn die Vögel eng verwandt sind, unterscheiden sich ihre Schnabelform und -größe, die sich im Laufe der Evolution perfekt an die zur Verfügung stehende Nahrungsquelle angepasst haben. Biophysiker der Ludwig-Maximilians-Universität in München haben nun eine Studie veröffentlicht, in der sie Anzeichen für eine Selektion im Sinne von Darwin bereits während der molekularen Evolution verorten, lange bevor eine natürliche Auslese unter komplexen Lebewesen stattfinden konnte. In einem Experiment versuchten die Forscher die ersten, einfachen Schritte der Entstehung von Leben nachzustellen und zu verstehen, wie aus dem Chaos der Ursuppe Strukturen entstehen konnten. Als Modellsystem wählten sie die DNA. Um es möglichst einfach zu halten verwendeten sie nur die zwei Basen Adenin (A) und Thymin (T) in einem Mix aus zufällig zusammengesetzten Oligomeren mit zwölf Basen. Im Versuch beobachteten die Physiker um Prof. Dieter Braun dann, dass sich durch Ligation längere Stränge bildeten, deren Sequenz sie analysierten. Tatsächlich verlängerten sich die Stränge nicht zufällig. Produktstränge enthielten entweder 70% Thymin und 30% Adenin oder umgekehrt. Bei diesem Verhältnis können die Stränge sich nicht auf sich selbst falten und stehen deshalb für weitere Reaktionen zur Verfügung. Die Unordnung im Versuchsansatz verringerte sich also. Auch wenn das Experiment sehr ­minimalistisch aufgebaut war, lässt sich bereits die grundlegende Dynamik des Darwinismus auf molekularer Ebene erkennen. |

Literatur

Kudella PW, Tkachenko AV, Salditt A et al. Structured sequences emerge from random pool when replicated by templated ligation. Proc Natl Acad Sci 2021;118(8): doi: 10.1073/pnas.2018830118

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