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Gesundheitspolitik
Sanicare-Apotheker Schein will auf Boni verzichten
Ein Unbekannter ist Volkmar Schein in der Apothekerszene nicht: Nach seinem Pharmaziestudium arbeitete er zunächst für den Pharmahersteller Roche, unter anderem in Südamerika. 1992 eröffnete er seine erste eigene Apotheke in Trier. Seine Frau lockte ihn dann nach Losheim ins Saarland. Seit über 20 Jahren ist er im Pharmabereich gut vernetzt. Seit zehn Jahren zudem in der Apotheken-Unternehmensberatung unterwegs. 2006 gründete er mit Gleichgesinnten aus dem Saarland die Pharmnet AG, eine etwas andere Apothekenkooperation, deren Aufsichtsrat Schein jetzt vorsitzt.
Schein will Rx-Anteil erhöhen
Auf die Idee gekommen, sich mit dem Versandhandel zu beschäftigen, ist Schein durch das Verkaufsangebot von DocMorris. "Da habe ich mich zum ersten Mal um Marktzahlen gekümmert, den Versandhandel kritisch analysiert", so Schein im Gespräch mit der AZ. Zu einem konkreten Gebot ist es bei DocMorris noch nicht gekommen. Als dann die Sanicare-Pleite öffentlich wurde, hat sich Schein die Sache genauer angeschaut und im vergangenen Dezember erstmals bei den Insolvenzverwaltern gemeldet. Jetzt ist er Eigentümer der verbliebenen Sanicare-Apotheken.
Nicht nur den OTC-Bereich will Schein im Sanicare-Versandhandel weiter entwickeln. Auch den "sehr niedrigen" Rx-Anteil erhöhen. In den Fokus nehmen will der neue Sanicare-Eigentümer die chronisch Kranken Arzneimittelbesteller. Spezielle Programme und Angebote für Diabetiker, Bluthochdruckpatienten und Rheumatiker sollen entwickelt werden. "Wir wollen diese Patienten aktiv beraten und aktiv unterstützen", so Schein. Auf eines will Schein aber verzichten: "Ich werde mich nicht in rechtliche Grabenkämpfe begeben. Es wird von uns keine rechtlich grenzwertigen Angebote, keine Boni-Programme geben."
Von den ursprünglich 638 Beschäftigten des Sanicare-Gesamtunternehmens sind zum derzeitigen Stand des Insolvenzverfahrens insgesamt 420 noch in Arbeit. 347 Beschäftigte verbleiben in den durch die Übernahme aus dem Insolvenzverfahren ausgeschiedenen Sanicare-Apotheken. Übernommen hat Apotheker Schein neben der Versandapotheke auch die Sanicare-Apotheke in Bad Laer sowie die Sonnen-Apotheke im nahe gelegenen Versmold.
Vorgefundener Schuldenberg: 100 Mio. Euro
Insgesamt haben die Insolvenzverwalter einen Schuldenberg von 100 Millionen Euro bei circa 1000 Gläubigern im von Firmengründer Johannes Mönter hinterlassenen Firmengeflecht vorgefunden. Nach Abwicklung der Insolvenz sollen die Gläubiger noch eine "vernünftige Ausschüttung" erhalten. Die von Mönter betriebene Belieferung von Krankenhausapotheken soll unter dem neuen Eigentümer Schein nicht weiter aufleben.
Über die Umsatzziele seines neuen Unternehmens für dieses Jahr wollte Schein keine Angaben machen, ebenso wenig über den Kaufpreis. Nach Angaben von Insolvenzverwalter Ralph Brünning hat die Sanicare-Versandapotheke im Laufe des Verfahrens aber "nicht viel Marktanteil verloren". Dem Arzneimittelversand räumt Schein eine gute Zukunft ein und verweist auf andere Beispiele aus der Elektronik- und Bekleidungsbranche. Aus US-amerikanischen Studien wisse man, dass der Versandhandel generell einen Marktanteil von 20 Prozent in einer Branche erreichen könne. Da ist der Versandhandel mit Arzneimitteln noch lange nicht angekommen.
Schwerpunkte bei der Weiterentwicklung des Versandhandels sollen laut Schein die Verbesserung der pharmazeutischen Beratung, die Optimierung des Sortiments sowie die schnellere Auslieferung der Arzneimittel bilden. Sanicare sei im Markt "hervorragend positioniert", sagte Schein. Der normale Geschäftsbetrieb sei bereits wieder angelaufen. Die Lieferanten hätten ihre Vorsicht und Zurückhaltung inzwischen aufgegeben und seien von der Vorkasse zu normalen Lieferkonditionen zurückgekehrt.
Wie viel Geld er für die Sanicare-Übernahme an die Insolvenzverwalter bezahlt hat, will Schein nicht verraten. Nur so viel: Er sei als Einzelunternehmer und Einzelinvestor angetreten. Und um sich in Bad Laer persönlich um alles kümmern zu können, hat Schein seine Hirsch-Apotheke in Losheim "schweren Herzens" an eine Nachfolgerin übergeben.
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