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Wirtschaft
Rote Zahlen, neue Konzepte, nachhaltiges Wachstum
Richtet man den Blick nur auf das operative Geschäft, konnte der Pharmahandelskonzern schwarze Zahlen schreiben: 109,6 Mio. Euro betrug das Ergebnis der "fortgeführten Aktivitäten". Dies entspricht einem Anstieg um 43% gegenüber dem Jahr 2011 (76,7 Mio. Euro). Das Ergebnis 2012 resultiert aus einem leicht gesteigerten Konzernumsatz, der mit 22.270,8 Mio. Euro um 0,5% über dem des Vorjahres lag. Dazu beigetragen haben die ganzjährige Vollkonsolidierung des brasilianischen Speciality Pharma Dienstleisters Oncopro, Währungskursgewinne sowie die durch das AMNOG verbesserte Großhandelsmarge in Deutschland. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) stieg so im Vergleich zum Vorjahr um 4,5% auf 580 Mio. Euro. Das bereinigte Ergebnis vor Steuern stieg um 4,1% auf 333 Mio. Euro. Pinger führt dies zurück auf Maßnahmen des "Operational Excellence Programms", das z. B. konzernweit Einkaufsaktivitäten bündelt, Fixkosten in den Hauptverwaltungen senkt und das Logistiknetzwerk optimiert.
Zum Konzerngesamtergebnis gehören allerdings auch die "nicht fortgeführten Aktivitäten", zu denen beispielsweise die Trennung von Tochterunternehmen wie Movianto, Pharmexx, von Großhandelsaktivitäten in Tschechien und Irland sowie von der DocMorris-Versandapotheke gehören. Diese Trennungen und Verkäufe, auch Desinvestments genannt, habe die Konzentration auf die Weiterentwicklung der Kerngeschäfte erleichtert. Aber, die nicht fortgeführten Aktivitäten trugen mit einem Minus von 258,6 Mio. Euro zum Konzernergebnis bei, so dass unterm Strich die roten 149 Mio. Euro als Jahresergebnis stehen.
Dennoch, Pinger verwies auf die insgesamt positive Unternehmensentwicklung, die den in 2012 umgesetzten Maßnahmen zu verdanken sei. An dieser Entwicklung wolle man die Celesio-Aktionäre teilhaben lassen: Vorstand und Aufsichtsrat werden der Hauptversammlung eine Dividende in Höhe von 0,30 Euro pro Aktie für das Geschäftsjahr 2012 vorschlagen, was einer Steigerung der Ausschüttung pro Aktie gegenüber dem Vorjahr um 20% bedeutet.
Strategie: Ertrag liegt im Einzelhandel
Der Kostendruck auf die Gesundheitssysteme wird bleiben, so Pingers Einschätzung, und damit der Druck auf die Margen der Markteilnehmer. Für zusätzliche Belastungen dürfte der Ersatz bislang patentgeschützter Blockbuster-Arzneimittel durch kostengünstige Generika sorgen. Vor diesem Hintergrund sieht Pinger Wachstums- und Ertragsmöglichkeiten eher im Einzelhandelsgeschäft. Celesio werde daher das eigene Apothekengeschäft offensiv ausbauen und "innovativste Verbraucher- und Einzelhandelskonzepte" entwickeln, die man auch unabhängigen Apotheken anbieten wolle. Pinger: "Das bedeutet, wir werden Apotheken und Großhandel zu einem vollständig integrierten Geschäftsmodell zusammenführen." Dreh- und Angelpunkt der Neuausrichtung ist dabei das neue Apothekenkonzept unter der Marke "Lloyds", das "Herzstück des geplanten europäischen Apothekennetzwerks". Darüber hinaus wolle man mit innovativen Gesundheitsdienstleistungen wachsen. Ein Beispiel dafür ist der Compliance-Service MyMed, der den Patienten bereits in Irland, Großbritannien und Italien angeboten wird und die Patienten bei der Therapietreue unterstützen soll, wobei die Gesundheitssysteme dieser Länder solche Dienste entlohnen.
Keine Rabattschlachten
Das Umfeld für den pharmazeutischen Großhandel in Deutschland beurteilt der Celesio-Chef unverändert schwierig. Anfang des Jahres habe man im deutschen Großhandelsmarkt feststellen können, dass verstärkt ein Rabattwettbewerb eingesetzt habe, so Pinger: "In Deutschland erleben wir derzeit einen vom Wettbewerb ausgelösten massiven Preiskampf, der die gesamte Branche erheblich belastet." Es sollen sogar Wechselprämien in bar geflossen sein, wenn eine Apotheke ihren Großhändler wechselte. Aber, so der Celesio-Chef: "Wir werden uns nicht an Rabattschlachten beteiligen." Mit diesen hohen Rabatten könnten die Unternehmen keinen Gewinn mehr erzielen, dies sei nicht gut für alle Beteiligten. Anfangs habe sich auch Celesio daran beteiligt. Aber die hohen Rabatte habe man schon bald zurückgefahren, auch wenn man in Kauf nehmen musste, Kunden zu verlieren. Er prognostizierte, dass die Phase der hohen Rabatte nicht anhalten werde.
Teile des Direktgeschäfts zurückgewinnen
Das Großhandelsgeschäft soll vielmehr weiterentwickelt werden durch intelligentes Management aller Logistikstufen; hier können noch Effizienzgewinne erzielt werden. Celesio soll zu einem Logistikanbieter werden, der die gesamte Wertschöpfungskette integriert und managt und die bisherigen isolierten Stufen Vorgroßhandel, Großhandel und Einzelhandel effizient verbindet. Mit dieser Umstrukturierung wolle man Teile des Direktgeschäfts zwischen Hersteller und Apotheke beziehungsweise Krankenhausapotheke zurückgewinnen.
In Brasilien soll in die Optimierung und Modernisierung des übernommenen Großhändlers Panpharma investiert werden. Zu weiteren Expansionen im Ausland machte Pinger keine konkreten Angaben, man habe derzeit keine kurzfristigen Pläne. Jedoch beobachte man auch weitere Regionen inner- und außerhalb Lateinamerikas. Mittelfristig wolle man am Wachstum in diesen Ländern partizipieren durch Akquisitionen und/oder Kooperationen.
Für 2013 sieht der Celesio-Chef die Ergebnisentwicklung 2013 aus jetziger Sicht "mindestens stabil bis positiv". Er geht davon aus, ein EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) zwischen 445 und 475 Mio. Euro zu erreichen.
Lloyds und mehr
Nun ist es endgültig: Celesio tritt unter dem Markennamen "Lloyds" europaweit mit seinem Apothekenkonzept an. Wie Stephan Borchert, Vorstandsmitglied von Celesio, erklärte, soll das Konzept die pharmazeutische Kompetenz als Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb z. B. gegenüber Drogeriemärkten betonen. Zunächst wird das Konzept auf die beiden Schwerpunkte "Haut" und "Schmerz" setzen. Das Kooperationskonzept ist dreistufig aufgebaut, wobei die höchste Stufe die Übernahme aller Elemente des Konzepts und der Marke Lloyds bedeutet.
Das Konzept wird seit Dezember 2013 in vier Pilotapotheken in Italien (Mailand, Bologna) und Großbritannien (Bromsgrove, Bicester) erprobt mit drei unterschiedlichen Formaten:
Health and Beauty (Apotheke in Bicester, Lage in der Hauptstraße, über 100 m2, großes OTC und Kosmetiksortiment),
Health and Medical (Apotheke in Bromsgrove, im Ärztehaus gelegen, etwa 50 m2, hoher Rx-Anteil),
Health and Community (Apotheken in Mailand und Bologna, in Wohngebieten, 50 bis 100 m2, breites Sortiment an OTC und Rx).
Bisher sei die Resonanz auf die neuen Konzepte durchwegs positiv, wie unabhängige Kundeninterviews ergeben haben, so Borchert. Eine spürbare Zufriedenheit habe es im Bereich "Look&Feel" und bei den Expertenkategorien Haut und Schmerz sowie mit der Kompetenz des Personals gegeben. Auch vonseiten der Pharmahersteller habe man für dieses Konzept ein positives Feedback erhalten. Erste Zahlen zeigten zudem, dass sich durch die neuen Kategoriekonzepte Umsatz und Marge steigern lassen: im Bereich Haut 40 bis 140% und im Bereich Schmerz im Schnitt um rund 8 Prozent.
Diese Resultate ermutigen Celesio, in diesem Jahr eine beschleunigte Pilotierung vorzunehmen. So soll das Konzept in den konzerneigenen Apotheken in Großbritannien und Italien verstärkt getestet und in weiteren Ländern wie Schweden, Norwegen, Belgien und Irland eingeführt werden. Der Plan für 2013: Die Pilotierung des neuen Konzepts soll auf 95 Apotheken in sechs Ländern ausgedehnt werden. In Deutschland wird das "Lloyds-Konzept" voraussichtlich in diesem Jahr mit zwei Apotheken getestet. Der Rollout des Konzepts für Deutschland ist für 2014 geplant. Bereits jetzt lägen Anfragen von Apothekern vor, die bisher das DocMorris-Franchisekonzept fahren und Interesse an einer Umfirmierung auf Lloyds haben.
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