Fortbildung

DGKPha: Pharmazeutische Betreuung bei Mammakarzinom

Die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Pharmazie (DGKPha) vom 12. bis 13. November 2004 in Karlsruhe war der integrierten Versorgung von Brustkrebspatientinnen gewidmet, mit speziellem Augenmerk auf die Chancen, die sich den Apothekern in Klinik und Offizin durch die vor kurzem eingeführten Disease-Management-Programme (DMPs) bieten.

 

Anforderungen an Krankenhäuser ...

Krankenhäuser, die an der integrierten Versorgung von Brustkrebspatientinnen mitwirken wollen, haben folgende Anforderungen zu erfüllen: Sie müssen als Brustzentrum zertifiziert sein, einen Onkologischen Schwerpunkt bilden und einen Operateur aufweisen, der ab 2005 mindestens 50 Brustoperationen pro Jahr durchführt. Die Ärzte müssen mindestens einmal im Jahr an einer interdisziplinären Tumorkonferenz und alle zwei Jahre an speziellen Brustkrebsfortbildungen teilnehmen. Der mit dem DMP verbundene Aufwand verlangt den Beteiligten einiges ab, allerdings sind die Richtlinien einer Zertifizierung noch strenger. Die zusätzlichen Vergütungen aufgrund des DMP haben dagegen eher symbolischen Charakter (PD Dr. med. Jürgen Wacker, Frauenklinik Bruchsal).

... und öffentliche Apotheken

Der Verein IntegraCare, Stuttgart, strebt ein kleinzelliges, regionales Netzwerk von öffentlichen Apotheken an, das die Brustkrebspatientinnen nach der Entlassung aus der Klinik weiterbetreut. Die persönliche Bekanntschaft der Akteure, abgestimmte Regularien zur Patientenübergabe und eine wissenschaftliche Begleitung sollen sicherstellen, dass die Patientinnen im Mittelpunkt stehen und die bestmögliche Therapie bzw. Begleitung erfahren (Apotheker Volkhardt Lechler, Stuttgart). Dem Brustforum Stuttgart e.V. gehören neben der gynäkologisch-onkologischen Kernpraxis unter anderem ein Strahlentherapeut, ein internistischer Onkologe, ein Psychoonkologe, ein Pathologe, (ehemalige) Patientinnen und mehrere Apotheker an. Letztere stellen nicht nur die Versorgung mit den notwendigen Arzneimitteln sicher, sondern führen in den Räumen der Praxis eine strukturierte Beratung der Patientinnen zu arzneimittelbezogenen Themen wie Emesis, Mukositis, Fatigue, komplementäre Medizin und Ernährung durch (Apotheker Andreas Scheuerle, Esslingen). Eine Brücke zwischen Offizin- und Krankenhausapotheke schlägt das Hamburger Konzept einer patientenorientierten Arzneimittelversorgung (PAV) mit individueller Arzneimitteloptimierung, das durch ein Unit-dose-System und entsprechende Software unterstützt wird. Die PAV-Apotheker beraten die onkologischen Patientinnen umfassend zu ihrer Chemotherapie und den damit verbundenen Supportivmaßnahmen (Michael Höckel, SC Aponova, LBK Hamburg).

Verbesserung der Lebensqualität

Eine multizentrische, interdisziplinäre Studie mit Mamma- und Ovarialkarzinompatientinnen, die zum ersten Mal eine ambulante adjuvante Chemotherapie erhielten, soll den Nutzen der Pharmazeutische Betreuung bei dieser Patientinnengruppe untersuchen. Im Vordergrund stehen dabei die Optimierung der Supportivtherapie und die Verbesserung der Lebensqualität. An der Pilotphase der Studie waren sowohl onkologische Ambulanzen als auch niedergelassene Onkologen beteiligt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Lebensqualität der Patientinnen durch die Pharmazeutische Betreuung tendenziell verbessert und das komplette Ansprechen auf die antiemetische Prophylaxe erhöht wurde. Beides war jedoch nicht statistisch signifikant. Die stärksten Verbesserungen zeigten sich bei der Patientenzufriedenheit mit der zur Behandlung erhaltenen Information (z. B. Globalzufriedenheit signifikant verbessert). Derzeit läuft die Patientinnenrekrutierung für die Hauptphase der Studie, die auch eine pharmakoökonomische Untersuchung umfasst (Martina Westfeld, Arbeitskreis Klinische Pharmazie, Universität Bonn). In Schottland ist der Klinische Pharmazeut bereits seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil multidisziplinärer Klinikteams. Um die Pharmazeutische Betreuung zu dokumentieren, wird dort seit einigen Jahren ein von der University of Strathclyde in Glasgow entwickelter Pharmaceutical Cancer Care Plan eingesetzt. Er erfasst neben den Patientendaten und dem individuellen Medikationsprofil auch die klinisch-pharmazeutischen Interventionen. Diese führen meistens zur Streichung oder zur zusätzlichen Verordnung eines Arzneimittels. Durch die fortlaufende Anwendung und Auswertung der Pharmaceutical Cancer Care Plans, woran sich die Klinische Pharmazie der Universität Bonn beteiligt, wird dessen Optimierung angestrebt (Sven Simons, Arbeitskreis Klinische Pharmazie, Universität Bonn). Zur Prophylaxe und Therapie des chemotherapieinduzierten Erbrechens stehen neuere Antiemetika wie Palonosetron und Aprepitant zur Verfügung, doch gibt es Unterschiede zwischen den Leitlinien der ASHP und der ASCO sowie den Empfehlungen der MASCC. Bei Mammakarzinompatientinnen ist die Antiemese besonders wichtig, da hier die hochemetogenen FEC- und FAC-Therapieschemata zur Anwendung kommen. Aufgrund des Einsatzes von Cyclophosphamid und Anthracyclinen muss außerdem mit verzögertem Erbrechen gerechnet werden (Kerstin Geißelmann, Apotheke des Klinikums der Universität Mainz).

Workshop

In einem Workshop übten die Apotheker, wie sie durch Pharmazeutische Betreuung an den DMPs von Brustkrebspatientinnen mitwirken können. In Kleingruppen befassten sie sich z.B. mit der Vorbeugung und Behandlung von Nausea und Emesis, Obstipation und Diarrhö, Mukositis und Fatigue. Weitere Informationen zur Jahrestagung unter www.dgkpha.de/ Karlsruhe_2004.html. 

 

Bernhard Schmid

 

Das könnte Sie auch interessieren

Aktualisierte S3-Leitlinie empfiehlt Cannabinoide

Komplementärmedizin in der Onkologie

Leitlinie gibt Hilfe zur Beratung

Komplementärmedizin in der Onkologie

Leitliniengerechte Beratung zur Komplementärmedizin in der Onkologie

„Was kann ich neben meiner Chemo noch tun?“

Heterogene Datenlage erschwert die Bewertung ergänzender Behandlungsmethoden bei Krebs

Evidenz in der Komplementärmedizin

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.