Ostersymbole und Pharmazie (Episode 2)

Das Osterei – die bunte Überraschung

Korntal-Münchingen - 30.03.2024, 08:00 Uhr

Für viele ist es an Ostern Tradition, dass (vorwiegend) Kinder bunte Osterei suchen. Diese werden dann meist auch gegessen. Doch wie viele Eier sind gesund? (Foto: Floydine / stock.adobe.com)

Für viele ist es an Ostern Tradition, dass (vorwiegend) Kinder bunte Osterei suchen. Diese werden dann meist auch gegessen. Doch wie viele Eier sind gesund? (Foto: Floydine / stock.adobe.com)


Ein Osterfest ohne bunte Ostereier? Einfach unvorstellbar! Eier symbolisieren in vielen Kulturkreisen das Leben und den Neuanfang. Bemalt und gefärbt beglücken sie nicht nur Kinder, sondern es steigt auch ihre Ritualkraft. In der Pharmazie begegnen wir dem Hühnerei bei der Impfstoffherstellung. Außerdem ist das Eidotter eine Quelle für Lecithin.

Im Christentum steht das hartgekochte Ei – leblos und kalt – für den Tod und das Grab Jesu Christi. Eine rot gefärbte Schale verweist auf das geflossene Blut. Das Öffnen der Eierschale soll an das leere Grab am Ostermorgen erinnern. Gleichzeitig ist das Ei aber auch ein Symbol für Wiedergeburt und Leben. Generell ist das Ei in vielen Kulturen dieser Welt Sinnbild für Fruchtbarkeit und Erneuerung.

Das Ende der Fastenzeit

Die klassische Fastenzeit der katholischen Kirche beginnt Aschermittwoch und endet am Ostersonntag. Der Verzehr von Fleisch, aber auch von Eiern, war in früheren Zeiten verboten. Doch die Hennen legten auch in der Fastenzeit Eier. Was tun? Zur besseren Konservierung wurden sie hartgekocht und zur Unterscheidung von rohen Eiern farbig markiert. Ostern konnte man die bunten Eier dann verschenken und in größeren Mengen verspeisen.  
In manchen Regionen war es üblich, dass die Eier am Karfreitag vom Priester gesegnet und geweiht wurden. Um die geweihten Eier von nicht-geweihten zu unterscheiden und ihnen einen Mehrwert zu verleihen, wurden sie bemalt und gefärbt. 

Versteckspiel

Im Frühjahr Eier zu verschenken, war bereits in vorchristlicher Zeit üblich – zu Ehren der Frühlingsgöttin Ostara und als Zeichen einer erwünschten Fruchtbarkeit. Der christlichen Kirche schien dieser Brauch jedoch sehr zu missfallen. Die Menschen suchten und fanden eine Lösung: Sie kamen auf die Idee, die Eier zu verstecken und damit „heimlich“ zu verschenken. Offenbar ist die Freude am österlichen Versteckspiel so unwiderstehlich groß, dass sie sich jahrhundertelang erhalten hat und bis zum heutigen Tag nicht nur Kinder jedesmal aufs Neue beglückt. 

Wie viele Eier sind gesund? 

Viele Jahre wurde das Ei als Cholesterinbombe geradezu verteufelt. Wobei seltsamerweise die Angst vor zu viel Cholesterin meist nur im Zusammenhang mit gekochten und gebratenen, also sichtbaren (!) Eiern auftrat. Selten bei den in Fertigprodukten wie Nudeln, Gebäck, Kuchen versteckten Eiern. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hält den maßvollen Eierverzehr für unbedenklich. Bis zu drei Eier pro Woche sind im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung empfehlenswert – zu Ostern dürfen es auch mal mehr sein. Viel wichtiger als sich beim Frühstücksei zu bremsen ist es, insgesamt auf eine abwechslungsreiche, vollwertige und frisch zubereitete Ernährung zu achten. Übrigens, ein Ei hat durchschnittlich 280 mg Cholesterin und je nach Größe 77 bis 108 kcal. 

Blickpunkt Lecithin 

Das Eidotter besteht ungefähr zu zehn Prozent aus Lecithinen. Lecithine sind Phosphatidylcholine, die sich aus Fettsäuren, Glycerin, Phosphorsäure und Cholin zusammensetzen. Sie gehören zur übergeordneten Gruppe der Phosphoglyceride, die wegen ihrer ausgeprägten amphiphilen Eigenschaften ideale Grenzflächenbildner und daher Bestandteil aller biologischen Membranen sind. Seit gut 100 Jahren nutzt man Lecithine wegen ihrer hervorragenden technologischen Eigenschaften als Emulgator und Dispersionsmittel in der Nahrungs- und Futtermittelindustrie, aber auch in der Pharmazie und Kosmetik. Heute werden Lecithine, die in der EU als Lebensmittelzusatzstoff E 322 zugelassen sind, überwiegend aus Sojabohnen gewonnen. 

Nahrung für Nerven und Gehirn?

Mit Lebensmitteln tierischen Ursprungs wie Innereien, Eier und Fisch, aber auch Sojaprodukten, Erdnüssen und Vollkornerzeugnissen verzehren wir reichlich Lecithine, die in unterschiedlichen Mengen Cholin enthalten. Die zentrale Funktion von Cholin besteht darin, am Aufbau strukturgebender Membranbestandteile beteiligt zu sein. Außerdem ist Cholin die Vorstufe des Neurotransmitters Acetylcholin. Gesunde Menschen können ihren Bedarf an Cholin durch Eigensynthese im Körper decken. Nur bei unzureichender, vor allem aber parentaler Ernährung ist eine Zufuhr an Cholin wichtig, um zum Beispiel Leberschäden zu vermeiden.   
Ob die Einnahme von Cholin in Form von Lecithin kognitive Leistungen verbessert, ist umstritten. Nahrungsergänzungsmittel mit Lecithin, die „Nervenstärkung“ und eine Steigerung von Denkvermögen und Hirnleistung im Alter versprechen, sind unbedingt kritisch zu betrachten. Wenn diese Produkte trotzdem mit Gesundheitsaussagen beworben werden, so beziehen sich die Aussagen in der Regel auf weitere Inhaltsstoffe, zum Beispiel B-Vitamine, für die bestimmte Health Claims erlaubt sind. 

Hühnereier und Grippeimpfstoff

Impfstoffe gegen Influenza werden auch heute noch mit Hilfe von Hühnereiern produziert. Dabei werden die lebenden, pathogenen „Saatviren“ in befruchteten, angebrüteten Eiern von steril gehaltenen Hühnern vermehrt. Nach einigen Tagen werden die Eier geöffnet, das virushaltige Eiklar wird abgezogen und gereinigt. Die Viren werden abgetrennt und inaktiviert. Dieser Vorgang muss für jeden Virusstamm wiederholt werden, bis man am Ende die verschiedenen Virenstämme zusammenmischt und gegebenenfalls Adjuvanzien zugesetzt. Die Herstellung eines Impfstoffs mit Hilfe von Hühnereiern dauert etwa 20 bis 28 Wochen. Nicht zu vergessen ist die mehrmonatige Vorlaufzeit, in der die Labor-Eier unter speziellen Bedingungen produziert werden. 

Alternativen zum Hühnerei

Inzwischen lassen sich Grippeimpfstoffe auch alternativ aus Kulturen von Säugetierzellen gewinnen. Im Dezember 2018 kam mit Flucelvax Tetra der erste Vierfachimpfstoff gegen Influenza auf den Markt, der nicht mit Hilfe bebrüteter Hühnereier hergestellt wird. Die Vorteile liegen nicht nur in einem schnelleren Ablauf der saisonangepassten Impfstoff-Produktion. Auch die Qualität der Impfstoffe wird positiv beeinflusst. Das Wachstum von Influenzaviren in Eiern kann nämlich zu einer so genannten „Eiadaption“ führen. Das heißt: die Viren passen sich an den neuen Nichtsäugetier-Wirt an und werden dem tatsächlich zirkulierenden Influenzastamm weniger ähnlich. Bei in Säugetier-Zellkulturen wachsenden Viren passieren solche Änderungen nicht oder nicht in dem Ausmaß. Auch besteht bei Hühnerei-basierten Impfstoffen immer die Gefahr, dass die geimpfte Person auf Eiweißbestandteile allergisch reagliert. Das wurde bei in Säugetier-Zelllinien hergestellten Impfstoffen bisher nicht beobachtet. 

Ostereier aus dem Guiness-Buch der Rekorde

  • 9.753 Kinder haben am 1. April 2007 in Begleitung ihrer Eltern im Cypress Gardens Adventure Park in Winter Haven, Florida, USA nach insgesamt 501.000 Ostereiern gesucht und damit den Guinness World Records Weltrekordtitel für die größte Ostereiersuche bekommen.  
  • Das größte Osterei aus Schokolade wog 7.200 kg und hatte an seiner breitesten Stelle einen Umfang von 19,6 m. Gewogen und gemessen wurde es am 16. April 2011 im Le Acciaierie Shopping Center in Cortenuova, Italien. 
  • Der Zoo Rostock hat am 8. April 2007 einen Baum mit insgesamt 76.596 bemalten Hühnereiern dekoriert und dafür einen Guinness World Records Rekordtitel erhalten. 

Dieser Artikel ist ursprünglich am 3. April 2021 erschienen und wurde aktualisiert. 



Reinhild Berger, Apothekerin
redaktion@daz.online


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