DAZ.online Podcast

„Ich verschenke meine Apotheke“

Stuttgart - 01.11.2022, 07:00 Uhr

Apotheker Hanbuch will sich von der Gutenberg-Apotheke in Neustadt an der Weinstraße trennen. (Fotos: privat)

Apotheker Hanbuch will sich von der Gutenberg-Apotheke in Neustadt an der Weinstraße trennen. (Fotos: privat)


Das lässt aufhorchen: Ein Apotheker postet auf Facebook, dass er seine Apotheke verschenkt. Apotheker Gerald Hanbuch will sich von seiner Gutenberg-Apotheke in Neustadt an der Weinstraße trennen. Was steckt dahinter? Peter Ditzel hat Gerald Hanbuch im Podcast-Gespräch gefragt, warum er dies tut und wo der Haken an der Geschichte ist.

Apotheker Gerald Hanbuch ist derzeit Inhaber von drei Apotheken: der DocApotheke in Worms Westend, der Kloster-Apotheke in Lambrecht und der Gutenberg-Apotheke in Neustadt an der Weinstraße. Und von Letzterer, von der Gutenberg-Apotheke, will sich Hanbuch trennen. Auf Facebook postete er, dass er diese Apotheke verschenken möchte. Das macht neugierig. Warum trennt man sich von einer Apotheke, die in einem Ärztehaus liegt und eigentlich sehr gute Voraussetzungen für einen stabilen und auskömmlichen Umsatz mit sich bringt?

Der Grund liegt ganz einfach darin: Er findet keine approbierte Kraft, die bereit ist, sich selbstständig zu machen. In Verkaufsgesprächen stellte Hanbuch immer wieder fest, dass bei der nachrückenden Generation die Work-Life-Balance Vorrang hat. Die Lust auf eine 40plus-Stunden-Woche, auf Nacht- und Notdienst ist kaum noch vorhanden. Dabei könnte er, so betont er im Gespräch, einer Interessentin, einem Interessenten sogar bei der Personalsuche entgegenkommen und bei Übernahme der Apotheke Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus seinem Team als Starthilfe zur Verfügung stellen. Außerdem, so fügt er hinzu: „Neustadt an der Weinstraße ist eine attraktive Gegend.“

Im Podcast-Gespräch sagt Hanbuch auch, mit welchen laufenden Kosten eine approbierte Kraft rechnen muss, die sich vorstellen kann, die geschenkte Apotheke zu übernehmen. Hören Sie mal rein.


Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


6 Kommentare

Apothekensterben

von juergen H am 01.11.2022 um 20:59 Uhr

Wer sich darueber noch wundert das Apotheken keine Zukunft mehr haben ,sollte wissen,das unser Gesundheitsminister die Apotheken an die Niederlande verkaufen will,als
< pass through > Rezepte sollen nur noch remote ausgestellt werden,vom Pfoertner der Internet Versender

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Work Life Balance nur halbe Wahrheit

von Dr. House am 01.11.2022 um 14:24 Uhr

Das Versprechen: arbeite viel, verdiene viel, welches für bisherige Apothekenzeiten noch im großen und ganzen Gültigkeit hatte, ist gebrochen.
Generation Work Life Balance oder Generation Snowflake reicht als Buhmann nicht mehr aus. Selbst in ordentlicher Lage ist Apotheke kein mittelständisches Lebenskonzept mehr. Zuviele halten die Hand auf und leben parasitär von der Apotheke - vom Eichamt bis zu Verlagen, Kammer, usw. -aber zuwenig machen wirklich echte Lobbyarbeit für uns. Macht nicht den Fehler und verurteilt die junge Generation, denn sie spüren, was ein vergiftetes Geschenk ist. Wir "alten" habens verkackt. Wir alten waren nicht bereit zu streiken, als es noch möglich war. Wir hätten Exempel statuieren müssen, damit Drohungen wie "aus allen Rohren schießen" auch wirken, anstatt zur Lachnummer zu verkümmern. Wir haben es nicht geschafft die Basis zusammenzuführen, damit alle am gleichen Strang ziehen. Wir haben einen Trümmerhaufen hinterlassen. Die junge Generation ist nicht weich, sie ist schlau.

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: Work Life Balance nur halbe Wahrheit

von Dr. Ralf Schabik am 01.11.2022 um 20:58 Uhr

Es mag zutreffen, dass in der Vergangenheit "strategische" Fehler gemacht wurden. Da könnte man eine ganze Menge Punkte andiskutieren. DAS haben "die Alten" vermutlich wirklich "verkackt". In etlichen gesellschaftlichen Bereichen.
Aber dennoch müssen wir festhalten, dass es eine Reihe Berufe gibt, bei denen die heute zunehmend übliche work-life-Balance NIE funktionieren wird. Da zählen die Berufe im Sozialbereich ebenso dazu wie die Berufe im Handwerk. Wir lernen gerade schmerzhaft, dass ein immer größerer Teil der Bevölkerung nie gelernt hat, anzupacken, wenn es nötig ist. Es fehlt schlichtweg eine grundsätzliche Anstrengungsbereitschaft - und das verkacken ganz oft die ELTERN, die ihr Kinderleins nur in Watte packen. Was so lange gut zu gehen scheint, solange alles "nach Plan" läuft. Die Pandemie war der erste Einschnitt in die "Planmäßigkeit", und der Krieg in der Ukraine mit all seinen Begleiterscheinungen lässt jetzt ALLES aus dem Ruder laufen. Wer aber nie gelernt hat, mit Krisen umzugehen, fällt jetzt sang- und klanglos um.

Übrigens Stichwort "Anstrengungsbereitschaft": Es zieht sich wie ein roter Faden durch unsere Gesellschaft, dass es in Organisationen aller Art immer schwieriger wird, Führungspositionen zu besetzen. Das haben wir nicht nur in allen Berufsvertretungen, das haben wir in Vereinen, in Parteien - überall. Selbst da dominiert "work-life" Mit zunehmend fatalen Folgen.

AW: Work Life Balance nur halbe Wahrheit

von Anita Peter am 02.11.2022 um 6:34 Uhr

Sie haben Beide Recht. Es ist doch grundsätzlich sehr schlau durchs Leben zu kommen ohne sich groß anstrengen zu müssen!?
Unser Desaster haben rein ABDA, DAV und die Landesverbände zu verantworten. Daran gibt es NICHTS zu rütteln. Aus "aus allen Kanonen schiessen" wurden Plakate in der U-Bahn. Veträge mit den Kassen werden von Apothekern verhandelt statt von ausgebufften Verhandlungsprofis. Jetzt fällt uns all dies auf die Füße. Und wer meint er profitiert von der Schliessung der Nachbarapotheke wird sich ganz schnell selbst am unteren Ende der Nahrungskette wieder finden.

Und zu den Krisen -> Weder Corona noch der Ukrainekrieg sind verantwortlich für das Chaos, sondern die Reaktion und die Handlungsweisen der Politik darauf. Die richtige Bombe rollt erst jetzt mit den steigenden Zinsen auf uns zu....

AW: Work Life Balance nur halbe Wahrheit

von Dr. House am 02.11.2022 um 15:35 Uhr

@ Herr Dr. Schabik. Natürlich ist auch da was dran. Die digital-nativs haben aber auch Stärken, teils völlig andere Perspektiven als wir. Irgendwie muss es uns gelingen das beste von beiden Generationen zusammenzuführen. Meinetwegen unsere "work ethik" und deren fähigkeit von einem x-beliebigen Projekt einen Schritt zurückzutreten und die "Sinnfrage" zu stellen. Dann kann etwas Gutes bei rumkommen. Und bevor wir den jungen wieder das Ranklotzen beibringen, müssen wir noch eine wichtige Zutat hinzufügen: Wir müssen der Jugend Optimismus beibringen. Fridays for Future und alle anderen hysterischen Bewegungen von kulturelle Aneignung bis Ächtung von angeblich diskriminierender Sprache sind Resultat des Versagens der älteren Generationen Optimismus weiterzugeben. Gerade die Nachkriegsgeneration wusste am Besten was Optimismus ist. Sie haben den Bodensatz der Menschheit kennengelernt und mit eigenen Augen sehen können, dass es in ganz schlimmen Zeiten aufwärts gehen kann. Erst wenn man das verinnerlicht, ist man bereit Opfer zu bringen.

Untergang unseres Berufsstandes

von Linda F. am 01.11.2022 um 7:45 Uhr

Die politischen Rahmenbedingungen sind für die Apotheken vor Ort inzwischen so schlecht, dass man eine Apotheke noch nicht mal mehr geschenkt haben möchte. Äußerst bezeichnend für unsere Situation!
Es besteht dringender Handlungsbedarf hinsichtlich des Abbaus von unnötiger Bürokratie und Erhöhung der Basisvergütung, aber ABDA und Co. fallen nur durch Untätigkeit auf und verwalten stattdessen lieber unseren Untergang!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.