Gesundheitspolitik

Gematik beschließt stufenweise Einführung des E-Rezepts

Ab 1. September verpflichtend für Apotheken / Ärzte setzen ihre Forderungen durch

cha | Vergangenen Dienstag war es so weit: Die Gematik beschloss den Zeitplan für die Einführung des E-Rezepts. Nachdem Anfang Mai eine Einigung gescheitert war, wurde nun einstimmig beschlossen, dass ab 1. September 2022 die Apotheken in ganz Deutschland elektronische Rezepte annehmen. 

Bei den Ärzten geht es dagegen nicht so schnell: „In Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe werden in Pilot-Praxen und -Krankenhäusern dann hochlaufend zu einem flächendeckenden Verfahren E-Rezepte ausgestellt“, heißt es in der Pressemeldung. Das weitere Vorgehen bei der stufenweisen Einführung soll dann „von den Gesellschaftern zeitnah festgelegt“ werden. Als Ziel gibt die Gematik aus, dass im Jahr 2023 in allen Bundesländern die Nutzung des E-Rezepts erfolgt. Damit haben sich die Ärzte mit ihren Forderungen durchgesetzt: Ohne ihre Mitsprache wird es keine verpflichtende Einführung geben. Außerdem wurde der Gematik der Auftrag erteilt, Vorschläge für Anreize für die Pilot-Praxen zu erarbeiten.

Anfang Mai hatte es noch ganz anders ausgesehen. Nach einer Beschlussvorlage aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG), das Mehrheitsgesellschafter der Gematik ist, sollte das E-Rezept ab 1. September verpflichtend für alle Ärzte in Bayern und Schleswig-Holstein eingeführt werden. Doch ein entsprechender Beschluss der Gesellschafterversammlung wurde von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ver­hindert, wie diese in ihren Praxisnachrichten mitteilt.

© Kai Felmy

Dieser ist nun vergangenen Dienstag erfolgt. Bereits im Vorfeld hatten sich KBV, Deutscher Apothekerverband (DAV) und ihre regionalen Leistungserbringerorgani­sationen auf die Modellregionen Schleswig-Holstein und Westfalen-Lippe geeinigt. Drei Monate nach dem Start am 1. September soll dann das E-Rezept in diesen beiden Regionen verpflichtend eingeführt werden – „nachdem die Gesellschafter den Erfolg der ersten Stufe beschlossen haben“, heißt es. Gleichzeitig soll die Einführung in sechs weiteren Bundesländern sukzessive erfolgen, bis 2023 die bundesweite Nutzung erreicht ist.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach begrüßte den Beschluss enthusiastisch: „Das ist ein Durchbruch für die Digitalisierung. (...) Es ist der Beginn der überfälligen digitalen Revolution in unserem Gesundheitssystem“, erklärte er. Dagegen stellte die KBV in ihrer Pressemeldung vor allem heraus, dass sie die Interessen ihrer Mitglieder durchsetzen konnte. „Unsere Bedenken wurden gehört: Eine automatische und verpflichtende Einführung des E-Rezepts zum 1. September in zwei Bundesländern ist vom Tisch“, betont der Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen. „Vielmehr wird es ab Anfang September eine freiwillige Teilnahme von Pilot-Praxen geben – und das unter klaren Rahmen­bedingungen, die entscheidend dafür sind, wann und wie der weitere Rollout erfolgen wird.“ Und KBV-Vorstandsmitglied Thomas Kriedel ergänzt: „Grundsätzlich werden die jeweiligen Rollout-Phasen erst dann umgesetzt, wenn alle abgestimmten Qualitätskriterien erreicht und dies von den Gesellschaftern auch so festgestellt wird.“ Als weiteres Ziel nennt die KBV in ihren Praxisnachrichten, sie wolle zudem erreichen, dass es für die Pilot-Praxen Anreize gibt, sich an dem Rollout zu beteiligen: „Die Gematik wurde beauftragt, dies zu prüfen.“

Dittrich fordert Schutz der Apotheken vor Retaxationen

Der DAV begrüßte in seiner Pressemeldung den Start des E-Rezepts zum 1. September. Der DAV-Vor­sitzende Thomas Dittrich betont: „Was die Anbindung an die Telematik-Infrastruktur angeht, sind die Apotheken schon längst E-Rezept-ready. In den kommenden drei Monaten werden die Apotheken nun auch ihr Personal vollständig schulen, damit Hardware, Software und deren fachgerechte Bedienung reibungslos ineinandergreifen können.“ Ganz besonders wichtig für alle Apotheken sei aber, dass „verbliebene technische Unzulänglichkeiten im Verarbeitungsprozess von E-Rezepten abgestellt werden und bis dahin nicht zu Retaxationen führen, also dazu, dass die Apotheken aufgrund formaler Faktoren ihre Vergütung für ein Rezept nicht bekommen“. |

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