Tag der Apotheke

„Hören Sie auf diese tolle Generation!“ – ABDA startet Initiative „Gegen Zukunftsklau“

Berlin - 06.06.2023, 16:30 Uhr

„Perspektive des Nachwuchses einbringen“: Benjamin Rohrer, Gabriele Regina Overwiening, Ina Lucas und Stephan Torke (v. l.) am Dienstag in Berlin. (Foto: ABDA / Wagenzik)

„Perspektive des Nachwuchses einbringen“: Benjamin Rohrer, Gabriele Regina Overwiening, Ina Lucas und Stephan Torke (v. l.) am Dienstag in Berlin. (Foto: ABDA / Wagenzik)


Die ABDA startet am morgigen Tag der Apotheke mit ihrer Nachwuchsorganisation AByou die Initiative „Gegen Zukunftsklau“. Warum das nötig ist, erklärte Präsidentin Gabriele Regina Overwiening am heutigen Dienstag gemeinsam mit zwei jungen Apothekeninhaber:innen in Berlin auf einer Pressekonferenz. Gesprochen wurde aber auch über den Protest am 14. Juni – und das „Faktenblatt“ aus dem Hause Lauterbach.

Die Initiative „Gegen Zukunftsklau“, die neuesten Zahlen zur Entwicklung der Branche, der Protesttag am 14. Juni – und das ominöse „Faktenblatt“ aus dem Bundesgesundheitsministerium: Das waren die Themen, die auf der ABDA-Pressekonferenz von Präsidentin Gabriele Regina Overwiening, den Mitgliedern der Nachwuchsinitiative AByou Ina Lucas und Stephan Torke und ABDA-Kommunikationschef Benjamin Rohrer an diesem Dienstag in Berlin besprochen wurden.

Overwiening betonte, „die immer schneller zurückgehende Zahl der Apotheken, die dramatischer werdenden Lieferengpässe, überbordende Bürokratie und der Sparwahn der Krankenkassen“ seien Indizien dafür, „dass die Lage der Apotheken sich zusehends verschlechtert“. Aus diesem Grund wolle die ABDA am morgigen Tag gemeinsam mit etwa 300 jungen Pharmazeut:innen die Initiative „Gegen Zukunftsklau“ starten, „um die Perspektive des Nachwuchses in die gesundheitspolitische Debatte einzubringen“. Sie appellierte an die Politik: „Hören Sie auf diese tolle Generation, um die Versorgung auch in Zukunft sicherzustellen!“

In den kommenden Wochen und Monaten werde der pharmazeutische Nachwuchs mit Unterstützung der ABDA in den sozialen Medien aktiv werden. Auch „offline“ werde es Aktionen geben. Als Beispiel für lokale Initiativen nannte Overwiening Rheinland-Pfalz, wo der Landesapothekerverband gemeinsam mit Studierenden der Fachschaft Pharmazie der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz gemeinsam für mehr Studienplätze an der Uni kämpft.

Unterfüttert wurde die dramatische Entwicklung bei den Apotheken mit Zahlen und Daten aus dem neuen Statistischen Jahrbuch, das vorgestellt wurde. Die ABDA-Präsidentin ging ausführlich auf die Leistungen der Apothekerschaft in der Pandemie ein, betonte auch noch einmal die Belastungen durch die Lieferengpässe. Diese seien „Sinnbild einer allzu sehr auf Ersparnisse gerichteten Gesundheitspolitik, die nichtmonetäre Kriterien wie Versorgungssicherheit, Krisenresilienz oder Zukunftsfähigkeit systematisch auszublenden scheint – auch und gerade bei den Apotheken“. In diesem Zusammenhang wies Overwiening erneut darauf hin, dass die Apotheken nur „mickrige 2 Prozent“ der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung ausmachen. „Kurzum, die Apotheken leisten nicht nur unheimlich viel für die Gesundheitsversorgung der Menschen, sondern sind auch noch unheimlich kostengünstig für die Kostenträger.“

„Politische Geringschätzung der Apotheken“

Ina Lucas, Mit-Inhaberin von vier Apotheken in Berlin, ging in ihrem Statement noch einmal ausführlich auf das Personalproblem ein. Der Markt sei „komplett leergefegt“, sagte die 40-jährige – die „Arbeit stapelt sich“. Sie beklagte in diesem Zusammenhang die „politische Geringschätzung der Apotheken“ und forderte verlässliche Rahmenbedingungen – „und beim Apothekenhonorar muss auch nachgebessert werden“.

Der Inhaber einer Apotheke im sächsischen Freital, der 36-jährige Stephan Torke, forderte in seinem Statement: „Wir müssen dringend entbürokratisieren. Wir müssen dringend alle Apothekenberufe wieder so attraktiv gestalten, damit die Fähigkeiten, die unsere Fachkräfte mitbringen, wieder gewürdigt werden.“ Dazu müsse das „Grundvertrauen uns gegenüber“ wiederhergestellt werden. „Die Politik und Krankenkassen müssen uns mehr Freiheiten geben und sich mehr auf unsere pharmazeutische Expertise verlassen, uns wieder mehr Entscheidungen überlassen.“

BMG-Faktenblatt „blendet“

Auf Nachfrage von Pressevertretern äußerte sich Overwiening auch zu dem „Faktenblatt“, das im Vorfeld der Proteste am 14. Juni gestern vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) zur „Situation der Apotheker“ verbreitet wurde – und das offenbar die Sorgen der Apotheker widerlegen soll. Der Schritt des BMG sei „überraschend“ gewesen, so die ABDA-Präsidentin. Sie kritisierte, die präsentierten Zahlen würden die Bevölkerung „blenden“ und verurteilte das „aufs Schärfste“. Gleichzeitig betonte sie, dass die Verantwortung für die Arzneimittelversorgung beim BMG liege. Mit Blick auf die Krankenkassen erklärte Overwiening, man wolle, dass es diesen „gut geht“. Es gebe schließlich einen Reflex, dass sobald die Krankenkassen in Schieflage geraten, man sich sofort bei den Apothekern bediene.

Kommunikationschef Rohrer wies die Presse noch einmal auf den Protesttag am 14. Juni hin. Vorgesehen sei neben bundesweiten Demonstrationen ein Protestmarsch in Berlin, der vom Potsdamer Platz zum Wirtschaftsministerium in der Invalidenstraße führe. Auf der geplanten Kundgebung wird auch ABDA-Präsidentin Overwiening reden.

Was auf jeden Fall schon einmal gelungen ist, ist Aufmerksamkeit zu erregen. Zahlreiche Medien unter anderem die Tagesschau berichteten im Nachgang. 


Matthias Köhler, Redakteur DAZ.online
redaktion@daz.online


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6 Kommentare

tolle Generation???

von Nachdenker am 07.06.2023 um 23:46 Uhr

Es ist herzerweichend, wie sehr hier in den Kommentaren für diese tolle Generation gestritten wird. Nur eine Frage: WER bitteschön übernimmt künftig Spätdienste, Notdienste, Samstagsdienste, wenn wir über 60 nicht mehr da sind? Wenn eine PI, die 70 Jahre alt ist (!!!) die Samstagsdienste in der Apotheke machen muß´, weil die "Jugend" das Wochenende genießen möchte, dann stimmt was nicht! Klar sind wir selbst schuld, wir haben diese Generation gepampert und gestreichelt!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Hören Sie auf diese tolle Generation...

von Nachdenker am 06.06.2023 um 17:23 Uhr

Diese tolle Generation??? Nein Danke! Eine Generation, die zum Vorstellungsgespräch kommt mit 20% Forderung über Tarif, ohne Samstags - oder Feiertagsdienste, eine Generation, die keine Spätdienste machen will und Notdienst schon mal gar nicht... Nein Danke! Wir "Alten" haben das Steuergeld erarbeitet, damit diese tolle Generation die Ausbildung/Studium machen kann, wir stehen bis 20 Uhr in der Apotheke, machen Notdienste, Samstagsdienste, während die tolle Generation work life balance pflegt, Party feiert und bei der kleinsten Kleinigkeit schwer krank ist. Nein Danke! ich werde auf diese Generation nicht hören, es reicht mir/uns allen!

» Auf diesen Kommentar antworten | 4 Antworten

AW: Hören Sie auf diese tolle Generation

von Betäubungsmittelkaufmann am 06.06.2023 um 21:40 Uhr

Sparen Sie sich Ihre Verbitterung! Auch in der Generation Z gibt es tolle Apotheker/PTA/PKA…Arbeitnehmer! Trotz Gips den Nachtdienst? Ehrensache, zum Tippen reicht die rechte Hand. Überstunden, um die Rezeptur antibiotischer Säfte zu optimieren? Na klar! Kollegin fällt unerwartet aus? Urlaubsverkürzung wird freiwillig angeboten. Am freien Tag zusätzlich kommen um in der Urlaubszeit vor dem Feiertag auszuhelfen? Wir sind ein Team! Und übertarifliche Lohnforderungen kann man bei dem „Tarif“ wirklich niemanden verübeln. Das Traurige: viel mehr ist i.d.R. nicht drin. Das Problem sind externen Bedingungen und mangelnde Wertschätzung. Nicht etwa mangelnde Leistungsbereitschaft.

AW: Hören Sie auf diese tolle Generation

von Tobias Kast am 06.06.2023 um 22:05 Uhr

a) Sie haben wahrgenommen, dass die auf dem Podium vertretenen Nachwuchs-Apotheker beides Inhaber sind? Glauben Sie, die reißen sich weniger den Ar* auf um ihre potentiell laufenden Kredite zu bezahlen als Sie?

b) Wie sah denn Ihr Gegenangebot aus? Es wird Apothekern ziemlich oft vorgeworfen, dass sie nicht wissen wie eine Verhandlung funktioniert... für mich liest es sich als wusste jemand um seinen potentiellen Wert/was er kriegen könnte... (je nach Region, individuellen Faktoren etc...)

c) Wenn man es kriegen kann - warum nicht fordern? Warum sollte jemand sich unter Wert verkaufen?

d) Team-Spirit und -resilienz ist auch eine Frage der Führung. Ich wünsche Ihnen, dass es bei Ihnen nicht so ist, würde aber aus eigener Erfahrung ab und an mit einem Vertrauten darüber reden... Man verliert im Alltagsstress und Frust viel zu leicht das Gefühl für die Perspektive der Menschen um einen herum.

Ich verstehe Ihre Frustration - aber was es braucht ist die flächendeckende Möglichkeit die Forderungen erfüllen zu können.
Wer diese Forderungen aufstellt und gleichzeitig mithilft dafür zu sorgen, dass sie erfüllt werden können... Ich finde es gut. Diesen Gestaltungswillen würde ich mir viel häufiger wünschen...
Ich würde mir wünschen, dass Sie das genauso sehen und den Protest/die Forderungen nach Ihren Möglichkeiten unterstützen. :)

AW: Hören Sie auf diese tolle Generation

von Arno Dübel am 07.06.2023 um 9:30 Uhr

Auf die junge Generation zu schimpfen ist immer das einfachste, doch haben wir Älteren nicht die Verantwortung für den Schlamasel? Wir Apotheker haben uns seit Jahren geweigert geschlossen für eine starke zukünftsfähige inhabergeführte Apotheke zu kämpfen. Nun kassieren wir die Klatsche dafür, that's Karma. Wen wundert's, dass die jungen nicht ihre gesammte Energie für ein sinkendes Schiff opfern wollen? Wir haben gut reden. Wir kennen noch die Zeiten, in denen 1 Besser-Verdiener problemlos ein Haus abbezahlen konnte...

AW: Hören Sie auf diese tolle Generation

von Thomas Kerlag am 07.06.2023 um 21:27 Uhr

Übertriebener Arbeitspathos und krankhafte finanzielle Bescheidenheit spülen die jungen Menschen nicht die Apotheke.
Schon gar nicht die Aussicht ein Leben lang
kostenlos einen selbst krankmmachende Rabattverträge zu diskutieren

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