Vitaminmangel vorbeugen und prüfen

Was können Vitamin B₁₂-Selbsttests?

Stuttgart - 26.01.2023, 17:50 Uhr

Wie verlässlich das Testerergebis ist, hängt auch davon ab, welche und wie viele Parameter gemessen werden. Ein Parameter alleine ist in der Regel nicht aussagekräftig genug. (Foto: jarun011 / AdobeStock)

Wie verlässlich das Testerergebis ist, hängt auch davon ab, welche und wie viele Parameter gemessen werden. Ein Parameter alleine ist in der Regel nicht aussagekräftig genug. (Foto: jarun011 / AdobeStock)


Besonders Risikogruppen für einen Vitamin B12-Mangel, wie Veganer oder Menschen mit einer PPI-Dauermedikation, sollten ein Auge auf ihre Versorgung mit dem wasserlöslichen Vitamin haben. Den aktuellen Versorgungsstatus mittels Selbsttest zu kontrollieren, klingt praktisch– aber sind die Ergebnisse dieser Tests auch verlässlich? 

Zellteilung, Bildung roter Blutkörperchen, Nervensystem – Vitamin B12 hat zahlreiche Funktionen im menschlichen Organismus. Eine ausreichende Versorgung mit diesem wasserlöslichen Vertreter aus der Gruppe der B-Vitamine ist daher wichtig.

Vitamin B12: Chemisch mehr als nur eine Substanz

Chemisch gesehen handelt es sich bei Vitamin B12 um ein heterocyclisches Ringsystem, in dessen Mitte sich ein Cobalt-Kation befindet. Das Vitamin wird daher auch als Cobalamin bezeichnet. 

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Der Name Vitamin B12 stellt eine Sammelbezeichnung für verschiedene Verbindungen dar, je nachdem welcher organische Rest (R) an das Ringsystem gebunden ist.

In den meisten Lebensmitteln liegt das Vitamin als Methyl- oder Hydroxycobalamin vor. In Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln wird häufig das stabilere Cyanocobalamin eingesetzt.

Vitamin B12–Quellen

Vitamin B12 kann ausschließlich von Mikroorganismen gebildet werden, tierische oder pflanzliche Organismen sind dazu nicht in der Lage. Tiere müssen das Vitamin daher über das Futter aufnehmen.

Bei manchen Tieren wird das B-Vitamin auch von bestimmten Bakterien im Verdauungstrakt gebildet. Diese Bakterien sind teilweise auch im Dickdarm des Menschen zu finden. Allerdings kann dort gebildetes Vitamin B12 nicht verwertet werden, da das Vitamin nur im Dünndarm resorbiert werden kann. Der Mensch muss also seine benötigte Menge über die Ernährung decken.

Strukturformel von Cobalamin. (Bild: DAZ 26/2018) 

Vitamin B12 kommt fast ausschließlich in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Milch und Eiern vor. Daher besitzen z. B. Veganer ein erhöhtes Risiko für eine unzureichende Versorgung. Allerdings kann auch eine Erkrankung des Magens einen B12-Mangel herbeiführen: Denn bevor Vitamin B12 im Dünndarm aufgenommen wird, muss es im Magen an ein dort gebildetes Glykoprotein, den Intrinsic Factor, gebunden werden. Liegt aufgrund einer Erkrankung des Magens ein Mangel an Intrinsic Factor vor, ist somit auch die Aufnahme von B12 beeinträchtigt.

Symptome des Vitamin B12-Mangels

Ein Mangel an Vitamin B12 äußert sich auf vielfältige Weise. Zum einen kann eine gestörte Blutbildung beobachtet werden: Es bilden sich unnatürlich große Erythrozyten mit erhöhtem Hämoglobingehalt. Diese makrozytäre Anämie führt zu zahlreichen Symptomen an Haut- und Schleimhaut wie Blässe oder Gewebeschwund an Mund- und Darmschleimhaut mit daraus resultierenden Resorptionsstörungen. Unspezifische Beschwerden in diesem Zusammenhang sind Müdigkeit, Schwäche und Schwindel.

Zum anderen ist auch die Funktionsweise des Nervensystems beeinträchtigt. Betroffene klagen unter anderem über Sensibilitätsstörungen an Händen und Füßen. Im weiteren Verlauf kann es zu Konzentrationsschwäche und Gedächtnisstörungen kommen.

Ein Mangel an Vitamin B12 führt auch zu einem erhöhten Homocystein-Spiegel im Blut. Dieser stellt einen Risikofaktor für die Entstehung von Atherosklerose und damit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen dar.

Diagnostik des Vitamin B12-Mangels

Der menschliche Körper kann rund 2 bis 5 Milligramm Vitamin B12 in der Leber speichern, bei einem Minimalbedarf von 1 µg pro Tag reicht diese Reserve für einige Jahre. Selbst bei einer Vitamin-B12-freien Ernährung dauert es also relativ lange, bis sich die Auswirkungen eines Mangels bemerkbar machen.

Eine Bestimmung des Vitamin-B12-Wertes im Blut ist daher wenig aussagekräftig. Denn erst, wenn die Speicher in der Leber schon fast leer sind, eine Unterversorgung also schon über einen längeren Zeitraum besteht, sinken die Blutspiegel ab.

Eine unzureichende Zufuhr kann aber schon früher im Blut erkannt werden, unter anderem durch die Messung der Konzentration an Holo-Transcobalamin. Diese auch als aktives Vitamin B12 bezeichnete Verbindung stellt den Anteil des Vitamins dar, der an das Transportprotein Transcobalamin gebunden ist und in dieser Form in die Körperzellen aufgenommen wird.

Ein erniedrigter Wert an Holo-Transcobalamin liefert einen Hinweis auf eine Entleerung des Vitamin-Speichers, bevor klinische Symptome auftreten. Der Blutspiegel an Vitamin B12 liegt zu diesem Zeitpunkt meist noch im Normbereich.

Biochemie der B12-Unterversorgung 

Im weiteren Verlauf eines Mangels steigt auch der Wert an Methylmalonsäure an. Diese Säure wird in geringen Mengen im Rahmen des normalen Proteinstoffwechsels gebildet. Vitamin B12 ist dabei an der Umwandlung von Methylmalonyl-Coenzym A zu Succinyl-Coenzym A beteiligt. Ist nun zu wenig Vitamin B12 vorhanden, kann Methylmalonyl-Coenzym A nicht mehr ausreichend verstoffwechselt werden. In Blut und Urin kann dann Methylmalonsäure nachgewiesen werden.

Bei einer Unterversorgung mit Vitamin B12 kommt es auch zu einem Anstieg an Homocystein im Blut. Diese Aminosäure hat im Körper die Aufgabe, Methylgruppen bei der Bildung anderer Aminosäuren zu übertragen. Zum Abbau von Homocystein wird neben anderen B-Vitaminen auch Vitamin B12 benötigt. Bei einem Mangel reichert sich daher Homocystein an.

Wie funktionieren Vitamin-B12-Selbsttests? 

Selbsttests zur Erkennung eines Vitamin-B12-Mangels werden auch in der Apotheke angeboten. Bei diesen Testverfahren nimmt sich der Kunde selbst einen Bluttropfen aus dem Finger ab und gibt diesen in ein Blutauffangröhrchen. Dieses Röhrchen muss dann an ein Labor geschickt werden und nach einigen Tagen wird ein Ergebnis mitgeteilt. 

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Wenige Anbieter messen dabei den Vitamin-B12-Gehalt im Blut. Die meisten bestimmen den Wert an Holo-Transcobalamin. Zur Überprüfung des Vitamin-B12-Status werden auch Urintests angeboten. Diese werden ebenfalls in einem Labor ausgewertet und messen die Konzentration an Methylmalonsäure. Außerdem gibt es Bluttests zur Bestimmung des Homocystein-Werts.

Sind Vitamin-B12-Selbsttests eine gute Wahl? 

Die Anwendung der angebotenen Tests klingt unkompliziert und erweckt zudem Vertrauen, da die Auswertung in einem Labor erfolgt. Allerdings kann ein Vitamin-B12-Mangel nicht durch Messung eines einzelnen Blutwertes diagnostiziert werden, meist müssen mehrere Werte bestimmt werden. 

Zudem ist die Interpretation der Testergebnisse nicht einfach. Wie schon beschrieben ist die Bestimmung der Konzentration von Vitamin B12 im Blut wenig sinnvoll, da selbst bei einem Wert im Normbereich bereits eine Unterversorgung vorliegen kann. 

Aussagekräftiger ist die Messung von Holo-Transcobalamin und Methylmalonsäure. Beide Werte liefern aber nur bei normaler Nierenfunktion zuverlässige Werte. Bei Niereninsuffizienz liegen meist erhöhte Holo-Transcobalamin-Werte vor, sodass ein Vitamin-B12-Mangel unerkannt bleibt. Umgekehrt kann von einer erhöhten Methylmalonsäure-Konzentration bei eingeschränkter Nierenleistung nicht auf einen Mangel geschlossen werden. 

Auch ein erhöhter Wert an Homocystein muss nicht zwingend von einer Unterversorgung mit Vitamin B12 kommen, so findet sich dieser auch bei einem Mangel an Vitamin B6 und Folsäure.

Besser zum Arzt

Bestimmte Risikogruppen sollten ihren Vitamin-B12-Status alle zwei bis drei Jahre überprüfen lassen. Die Messung sollte aber beim Arzt erfolgen, der die Ergebnisse richtig einordnen kann. 

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Zu den wichtigsten Risikogruppen gehören

Sinnvoll kann eine Bestimmung auch für Lacto-Ovo-Vegetarier und für Schwangere sein. Auch bei einer Dauermedikation mit Protonenpumpenhemmern kann es zu einer Unterversorgung an Vitamin B12 kommen, denn die Arzneimittel beeinträchtigen die pH-abhängige Resorption des Vitamins über den Intrinsic Factor. 

Wie viel Vitamin B12 ist genug?

Nach Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sollen Jugendliche ab 15 Jahren und Erwachsene täglich 4 µg Vitamin B12 zu sich nehmen. Bei Schwangeren (4,5 µg) und Stillenden (5,5 µg) liegt der Wert etwas höher. 

Menschen, die sich ausschließlich pflanzlich ernähren (Veganer), können diesen Wert über die Ernährung nicht erreichen. Diese sollten daher dauerhaft Vitamin B12 supplementieren. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung sollte dabei eine tägliche Höchstmenge von 25 µg Vitamin B12 durch Nahrungsergänzungsmittel zur Vorbeugung eines Mangels nicht überschritten werden. 

Bei der Beratung in der Apotheke kann daher die Einnahme von Tropfen empfohlen werden. Die flüssigen Zubereitungen wie B12-Tropfen Ankermann oder B12-ASmedic Tropfen enthalten 50 µg/ml Cyanocobalamin und lassen sich so gut dosieren. Erwachsene nehmen täglich einmal 1 bis 4 Tropfen.


Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Schlauchmagen

von Ralf F. aus OB. am 27.01.2023 um 0:02 Uhr

Ich habe mir in CZ auf eigene Kosten einen Schlauchmagen operieren lassen und muss daher auch B12 substituieren.
Ich kaufe in der Apotheke 1ml Ampullen und die Spritze ich alle 2 Monate.
Anfangs hatte ich jeden Monat gespritzt, aber bei mehreren selbst bezahlten Blutuntersuchungen stellte sich heraus, dass bei mir alle 2 Monate ausreicht.

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