Landgericht München bestätigt einstweilige Verfügung

Erkältungsmittel hat zu viel versprochen

Berlin - 13.10.2022, 09:15 Uhr

Das Landgericht München I hält die Werbeausssagen zu Boxagrippal auch für irreführend.  (b/Foto: IMAGO / Ralph Peters)

Das Landgericht München I hält die Werbeausssagen zu Boxagrippal auch für irreführend.  (b/Foto: IMAGO / Ralph Peters)


Der Werbespruch „Symptome ihr könnt mich mal! Ich überspring das Schlimmste“ für BoxaGrippal forte hat die Wettbewerbszentrale angespitzt. Sie hält eine solche Aussage für irreführend und unlauter. Mit dieser Auffassung setzte sie eine einstweilige Verfügung gegen Hersteller Angelini Pharma durch. Der Werbespot ist nun nicht mehr im Web zu finden.

Die Wettbewerbszentrale hat sich die Werbung für die Erkältungstabletten BoxaGrippal forte vorgeknöpft. Bereits im März erwirkte sie beim Landgericht München eine einstweilige Verfügung, mit der dem Hersteller – Angelini Pharma – untersagt worden war, für das Arzneimittel mit der Aussage zu werben „Grippaler Infekt – Symptome ihr könnt mich mal! Ich überspring das Schlimmste“ zu werben. Angelini legte Widerspruch ein – doch das Landgericht hat die vorangegangene Verfügung nun bestätigt.

Worum ging es genau? Darum, ob die Aussage, die „schlimmsten Symptome“ würden bei Einnahme des Erkältungsmittels „übersprungen“, von der arzneimittelrechtlichen Zulassung gedeckt ist. BoxaGrippal forte ist zur symptomatischen Behandlung von Erkältungsbeschwerden zugelassen. In dem von der Wettbewerbszentrale beanstandeten Werbespot wurde eine junge, sichtlich und hörbar erkältete Frau in Alltagsszenen gezeigt. Aus dem Off ist eine weibliche Stimme zu hören: „Leben – Du kannst mich unendlich glücklich machen! Grippaler Infekt – Symptome ihr könnt mich mal! Ich überspring das Schlimmste“. Im Zusammenhang mit dieser Aussage ist die Frau eingeblendet, die eine virtuelle Schaltfläche mit der Aufschrift „Überspringen“ vor sich hat und anklickt. Die in der nächsten Szene aufgeführten Symptome eines grippalen Infektes wie Kopf- und Gliederschmerzen verschwinden aus dem Bild.

Weiter gesprungen als die Zulassung erlaubt

Die Wettbewerbszentrale ist der Auffassung, die Aussage, Symptome würden übersprungen, bedeute aus Sicht der Verbraucher:innen, dass Symptome eines grippalen Infektes abgekürzt oder gar gänzlich übersprungen würden. Die Herstellerin argumentierte hingegen, dass das Versprechen des „Überspringens“ nur für eine Linderung der im Anschluss eingeblendeten Beschwerden stehe.

Das Landgericht München I versteht die beanstandete Aussage in seinem Urteil nun so, dass mit „das Schlimmste“ die „schlimmsten Symptome“ gemeint sind. Dies ergebe sich insbesondere aus der der Schaltfläche „Überspringen“ übergeordneten Zeile „Die schlimmsten Symptome“. Die Aussage müsse insgesamt so verstanden werden, dass ein grippaler Infekt, gegen den besagtes Arzneimittel eingenommen wird, unter Auslassung oder zumindest sprunghafter Verkürzung (= vollständigen Beseitigung) der damit einhergehenden (schlimmsten) Symptome durchgemacht werden könne. Das sei aber eine Wirkung, die selbst der Hersteller seinem Arzneimittel nicht zuschreibe.

Die angegriffene Werbeaussage mit ihrer Kernaussage „Ich überspring das Schlimmste“ sei damit im vorliegenden Kontext irreführend im Sinne von § 3 Satz 1 Heilmittelwerbegesetz.

Landgericht München I, Urteil vom 27.09.2022, Az. 1 HK O 3681/22 (nicht rechtskräftig)


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.