Medienberichte

Apotheker wegen Maskenabgabe unter Generalverdacht

Stuttgart - 30.09.2022, 17:50 Uhr

Im ersten Corona-Winter wurden Apotheken damit beauftragt, vulnerable Personen, z.B. Über-60-Jährige, mit FFP2-Masken zu versorgen. (a / Foto: IMAGO / Eibner)

Im ersten Corona-Winter wurden Apotheken damit beauftragt, vulnerable Personen, z.B. Über-60-Jährige, mit FFP2-Masken zu versorgen. (a / Foto: IMAGO / Eibner)


Die Politik setzt gerade dazu an, kräftig zulasten der Apotheken zu sparen. Und just zu diesem Zeitpunkt erscheinen Medienberichte, in denen den Apothekern unterstellt wird, sie hätten sich bei der FFP2-Maskenversorgung im ersten Corona-Winter auf Kosten der Allgemeinheit bereichert. Alles nur Zufall? Oder geschickter Schachzug des GKV-Spitzenverbands?

Während die Politik Sparmaßnahmen auf Kosten der Apotheker plant und diese sich heftig dagegen wehren, wurde bei den 16. Berliner Sicherheitsgesprächen des Bundes Deutscher Kriminalbeamter e.V. über eine fehlende Kontrolle bei der Ausgabe der FFP2-Masken an vulnerable Gruppen im ersten Corona-Winter diskutiert. Mitveranstalter war der GKV-Spitzenverband. Nur wenige Tage später standen die Apotheker in Berichten in der Süddeutschen Zeitung und in der Tagesschau unter Generalverdacht. Kaum zu glauben, dass dies ein Zufall ist.

Doch zurück zum Anfang: Im ersten Corona-Winter musste es auf einmal ganz schnell gehen. Personen über 60 Jahre oder mit Risikofaktoren sollten umgehend mit FFP2-Masken versorgt werden. Die Apotheken übernahmen diese Aufgabe und verteilten unzählige Masken – zunächst nach Kontrolle des Personalausweises bzw. auf Basis einer Eigenauskunft, später dann gegen Vorlage von Bescheinigungen der Kassen. Letztere mussten vom Kunden unterschrieben werden, die Apotheken haben sie bis zum 31. Dezember 2024 aufzuheben. An diesen zahlreichen Bescheinigungen, die in Deutschlands Apotheken lagern, entzündet sich nun die Fantasie der Journalisten von Süddeutscher Zeitung (SZ) und Westdeutschem Rundfunk (WDR).  

FFP2-Masken: „Apotheken erhielten zwei Milliarden ohne Kontrolle“

Schon die Überschriften in der SZ und im Online-Auftritt der Tagesschau machen klar, in welche Richtung der Leser gelenkt werden soll: „Apotheken erhielten zwei Milliarden für Masken – ohne Kontrolle“ bzw. „Apotheken offenbar nie gezielt überprüft“ legen nahe, dass sich die Pharmazeuten auf Kosten der Gesellschaft bereichert haben. Der Vorwurf lautet: „Nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung und WDR hat das Gesundheitsministerium bis heute nicht systematisch prüfen lassen, ob die Apotheken die Anzahl der verteilten Masken beim Staat überhaupt korrekt abgerechnet haben.“ Zwar hatte das Bundesgesundheitsministerium den Journalisten auf Anfrage erklärt, es sei Lauterbach „ein wichtiges Anliegen, dass möglicher Abrechnungsbetrug in allen Fällen konsequent verfolgt wird“. Und darauf verwiesen, dass hierfür das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) zuständig sei. Nachdem dieses aber konstatiert hatte, gar nichts zu prüfen, erklärte Lauterbachs Ministerium auf einmal die Landesbehörden für zuständig. 

Und nun kommen wir zum eingangs erwähnten Berliner Sicherheitsgespräch, das die ganze Medienberichterstattung erst ins Rollen gebracht haben dürfte. Denn dort äußerte laut SZ Jörg Engelhard, Leiter des Kommissariats Abrechnungsbetrug beim Landeskriminalamt (LKA) Berlin, dass beim Maskenprogramm für die Apotheken eine Kontrolle „überhaupt nicht vorgesehen“ gewesen sei. Und weiter: „Als Kriminalisten wissen wir, dass es nicht drakonische Strafen sind, die Menschen dazu bringen, keine Straftaten zu begehen, sondern es ist das Entdeckungsrisiko.“ Damit werden die Apotheker unter Generalverdacht gestellt: Nur weil sie nicht mit Kontrollen rechnen mussten, sollen sie bei der Maskenabgabe munter betrogen haben. Ob Engelhard das tatsächlich genau so gesagt hat, konnte auch durch Rückfrage beim Bund Deutscher Kriminalbeamter nicht geklärt werden. Falls ja, so ist es erstaunlich, dass ein solcher Verdacht ohne den Hauch eines Beweises von einem Kriminalbeamten unverblümt geäußert und von Journalisten in Massenmedien verbreitet wird. 

Zambo: „Ich würde möglichen Kontrollen gelassen entgegensehen“

Die Apothekenseite wurde von den eifrigen Rechercheuren vorsichtshalber nicht befragt. Gegenüber der AZ zeigt sich Tatjana Zambo, Präsidentin des LAV Baden-Württemberg, verärgert: „Der WDR-Bericht moniert fehlende Kontrollen unserer Betriebe im Zusammenhang mit der Abgabe von Masken durch Apotheken. Schon der Zeitpunkt, zu dem dieser Bericht erscheint – mithin eineinhalb Jahre nach der Aktion und mitten in den parlamentarischen Beratungen zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz – macht stutzig.“ Fast frech wirkten aber die unterschwellige Unterstellungen gegenüber dem Berufsstand, so Zambo weiter. „Ist es neuer journalistischer Stil von öffentlich-rechtlichen Medien, einen ganzen Berufsstand unter Generalverdacht zu stellen?“ Weiterhin verweist die LAV-Präsidentin darauf, dass die Apotheken mit ihren Teams in den Monaten der Maskenabgabe eine logistische Meisterleistung vollbracht hätten. Dabei sei nach besten Kräften, gewissenhaft und sorgfältig gearbeitet worden. „Ich würde möglichen Kontrollen, die ja noch bis Ende 2024 kommen können, ganz gelassen entgegensehen. Einen substanziellen Grund für das journalistisch vorgetragene Misstrauen kann ich aber wahrlich nicht erkennen“, so das Fazit.  


Dr. Christine Ahlheim (cha), Chefredakteurin AZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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5 Kommentare

Wo ist unsere Pressestelle?

von KM am 05.10.2022 um 20:05 Uhr

Gab es zu lange keine negativen Berichte über Apotheken in der Presse?
Die Maskencoupons können die Kontrollettis gerne durchzählen, Kartons stehen im Keller, 2 Jahre sind ja noch Zeit.
Einfach mal jeder Apotheke Betrug unterstellen. Ist ja so einfach. Maskendeals in Millionenhöhe bei Politikern werden bewußt ignoriert und nicht geahndet.
In was für einer Welt leben wir eigentlich? Hier läuft doch was falsch.

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Wen wundert das?

von Cornelius Zink am 03.10.2022 um 16:15 Uhr

Mal ganz ehrlich: Wen wundert das?
Wenn im März 2021 ein Apotheker aus Berlin behauptet: "Wir haben und dumm und dämlich verdient."
Jetzt kann man natürlich wieder über alle möglichen Stellen wie Krankenkassen, BMG, Spitzenverbände, ÖRR usw. her ziehen. Aber Fakt ist: "Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr."

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Mal die Zahlen abgeglichen?

von JHL am 01.10.2022 um 23:27 Uhr

Es sollte bei den entsprechenden Stellen nachvollziehbar sein:
a) Wieviele Gutscheine von den Krankenkassen ausgegeben wurden
und
b) Wieviele Gutscheine insgesamt abgerechnet wurden.

Da die Berechtigten zum damaligen Zeitpunkt sehr heiß auf die Masken waren, gehe ich von einer Einlösequote von deutlich über 90% bis 100% aus.

Wenn also in der Summe die Zahl der abgerechneten Gutscheine in etwa mit der Zahl der ausgegebenen Gutscheine übereinstimmt - und davon ist auszugehen - würden Kontrollen außer Kosten nichts bringen.

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Hexenjagd

von Proton am 01.10.2022 um 11:23 Uhr

Im Mittelalter nannte man so etwas Hexenjagd. Moderner: Wiederhole ein Lüge oft genug, dann wird sie geglaubt.

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Alter Trick

von ratatosk am 30.09.2022 um 18:51 Uhr

Wenn man selbst Dreck am Stecken hat, muß man ablenken. Diktatoren inszenieren einen Krieg , die Politik und die GKV eben einen inszenierten Schmutzfeldzug im öffentlich rechtlichen Bereich, dort will man sicher von den Vorkommnissen bei der ARD ablenken, denn dort ist die Selbstbedienung offensichtlich normales Vorgehen.
Die Art der Abgabe der Masken wurde ausschließlich von der Politik festgelegt, natürlich chaotisch, da Kompetenz dort nicht sonderlich von Nöten scheint. Karl kennt sich wieder mal gar nicht aus, auch nicht verwunderlich.
Dass sich aber Kriminalbeamte für so was einspannen lassen, zeigt wie schäbig der öffentliche Bereich geworden ist. Daß es keine Kontrollen gäbe ist ebenso falsch, da durch die Auflage die Scheine aufzuheben, natürlich klar ist, daß es Kontrollen geben kann.
Daß die GKV Mitveranstalter ist, spricht ja schon Bände, da diese Funktionäre ja geziehlt die Verwaltung unterwandern, schließlich schicken sie ja auch schon unzählige Lobbyisten in die Politik und sind ja oft deckungungsgleich mit den Parteien, da die GKV eine reiche Pfründe für Parteiapparatschicks geworden ist. Die SZ und der WDR sind notorische Apothekenfeinde, warum auch immer das so sein mag. Fürs Gemeinwohl haben die nicht so viel übrig, eine selbstgezimmerte Anschuldigung ist denen mehr wert als sachliche Informationen . Schade, da gerade die SZ früher mal wirklich seriös war

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