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21. September 2022
Nein, es kann uns Apothekers nicht gefallen, wenn Arzneimittelfirmen bei der Werbung für ihre Produkte auf den Internetseiten auch noch auf ausländische Versender verlinken. Apothekerin Margit Schlenk macht ihrem Ärger darüber Luft: Sie schreibt an den Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) und warnt vor Konsequenzen: Diese Hersteller setzen ihre enge Beziehung mit den Vor-Ort-Apotheken aufs Spiel, so die Apothekerin. Wenn einige Hersteller Werbung für rezeptfreie Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel, die eigentlich apothekenexklusiv vertrieben werden, in den Sozialen Medien schalten, komme das bei ihr ebenso wie bei den Kolleginnen und Kollegen gar nicht gut an, so Schlenk, sie empfänden dies „als Schlag ins Gesicht der beratenden Vor-Ort-ApothekerInnen und PTA“. Mein liebes Tagebuch, den Ärger über das Verhalten so mancher Arzneimittelhersteller kann man voll und ganz verstehen. Sie wandte sich mit ihrem Brief an den BAH. Dessen Hauptgeschäftsführer, Dr. Hubertus Cranz, von Haus aus Apotheker, ließ keinen Zweifel daran, dass der BAH „schon immer und auch zukünftig ein starker Partner und Unterstützer der inhabergeführten Apotheke vor Ort“ war und ist. So habe sich der BAH in zahlreichen Initiativen gezielt für die Präsenzapotheken eingesetzt. Dass einzelne Hersteller ihre Produkte online bewerben und zum Beispiel auf die Seite der „Shop Apotheke“ verlinken, ändert nichts daran, dass der Verband sich den stationären Apotheken verbunden fühlt, lässt Cranz wissen. Mein liebes Tagebuch, das können wir nur unterstreichen: Der BAH hat erst vor Kurzem eine breit angelegte Kampagne gestartet mit Videos und Image-Anzeigen pro Apotheke vor Ort. Wenn aber einzelne Mitgliedsunternehmen des Verbands meinen, die Beziehung zu den stationären Apotheken aufs Spiel setzen zu müssen mit Internet-Links zu EU-Versendern, dann kann auch ein Verband nur wenig dagegen tun: „Es ist deren individuelle unternehmerische Entscheidung, die sich aus deren Wettbewerbssituation ergibt“, betont Cranz. Mein liebes Tagebuch, ganz machtlos sind Vor-Ort-Apotheken allerdings nicht. Apothekerin Schlenk weist darauf hin, dass viele Kolleginnen und Kollegen bereits Konsequenzen ziehen: Sie listeten Sortimente aus, wenn „so unpartnerschaftliches Verhalten an den Tag gelegt wird“.
Der Deutsche Apothekertag (DAT) hat es nicht geschafft, sich eine Meinung zur Homöopathie zu bilden, obwohl derzeit immer häufiger in den Medien und auf verschiedenen Kanälen das Pro und Kontra diskutiert wird. Dabei gab es auf dem DAT zwei Anträge, die eine Steilvorlage boten, wie sich Deutschlands Apotheken offiziell dazu positionieren wollen. Ausdiskutiert wurde nichts, statt dessen ging man in beiden Fällen zum nächsten Antrag über. Sieht nach Wegducken oder Kneifen aus. Aber die Homöopathie, ihre Befürworter und Gegner bleiben. Aktuell hat die Wissenschaftsjournalistin und Homöopathie-Kritikerin Mai Thi Nguyen-Kim in ihrer Sendung den inkonsequenten Umgang der Behörden mit der Homöopathie kritisiert. Sie vertritt den Standpunkt: Entweder handele es sich bei Homöopathika um wirksame Arzneimittel, dann müsse man sie auch als solche behandeln, oder eben nicht. Diese Diskrepanz versucht sie am Beispiel eines mit Globuli gesüßten Eistees namens HomöopaTea zu verdeutlichen. Darf man so etwas in den Verkehr bringen oder kollidiert das mit dem Arzneimittelrecht? Die Antworten der Behörden zu dieser Frage zeigen die Schwierigkeiten auf. Mein liebes Tagebuch, auch vor diesem Hintergrund: Schade, schade, dass der Deutsche Apothekertag die Chance verpasst hat, deutlich zu machen, dass – egal wie man zur Wirkweise steht – Homöopathika nicht aus Apotheken in Drogeriemärkte, Discounter oder zweifelhaften Internetshops abwandern sollten. Dann nämlich fehlt Rat aus der Apotheke, wann bei einem gesundheitlichen Problem die Grenze der Homöopathie und vielleicht sogar der Selbstmedikation erreicht ist – zum Nachteil der Patientinnen und Patienten.
Die gute Nachricht: Apotheken haben erstmals eine Auszahlung für erbrachte pharmazeutische Dienstleistungen erhalten. Ihren Bescheid erhielten sie vom Nacht- und Notdienstfonds des Deutschen Apothekerverbands. Allerdings war das erst ein Auftakt: Ausgezahlt wurden insgesamt knapp 7000 Euro für 89 Apotheken. Nun ja, ein Anfang ist gemacht, da ist noch Luft nach oben. Aber man muss erstmal damit beginnen. Und welche Leistungen wurden erbracht? 97 Kunden wurden in der Benutzung eines Inhalators geschult und bei 89 Hypertonie-Patienten wurde ein standardisierter Blutdruck-Check durchgeführt. 31 Patienten konnten bereits von einer erweiterten Medikationsberatung profitieren. Also, weiter so, das Honorar fließt, die Auszahlungswege funktionieren. Mein liebes Tagebuch, auch wenn die Honorare für Dienstleistungen alles andere als in den Himmel wachsen – pharmazeutische Dienstleistungen können langfristig auch dazu beitragen, die Apotheken als unverzichtbare Leistungserbringer zu verankern bei Aufgaben fern von jeder Logistik: Wir sind mehr Heilberuf.
6 Kommentare
NEUES aus der KV Hessen
von Dr.Diefenbach am 25.09.2022 um 14:18 Uhr
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AW: NEUES aus der KV Hessen
von Michael Reinhold am 25.09.2022 um 15:49 Uhr
AW: NEUES aus der KV Hessen
von Torben Schreiner am 25.09.2022 um 16:24 Uhr
Außer Rand und Band ..
von Reinhard Herzog am 25.09.2022 um 12:37 Uhr
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AW: Außer Rand und Band
von Reinhard Rodiger am 25.09.2022 um 14:39 Uhr
Effizienzreserven
von K. Stülcken am 25.09.2022 um 11:13 Uhr
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