Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

03.07.2022, 07:19 Uhr

Keine gute Woche für den Bundesgesundheitsminister: Effizienzreserven bei Apotheken gibt es nicht. Und Zoff wegen Bürgertests ist vorprogrammiert. (Foto: Alex Schelbert) 

Keine gute Woche für den Bundesgesundheitsminister: Effizienzreserven bei Apotheken gibt es nicht. Und Zoff wegen Bürgertests ist vorprogrammiert. (Foto: Alex Schelbert) 


1. Juli 2020

Der nächste Herbst und Winter kommen bestimmt – und damit die nächste Coronawelle. Die Bundesregierung versucht sich darauf vorzubereiten. Ein neues Gesetz, das „Gesetz zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor Covid-19“, kurz auch „Covid-19-Schutzgesetz“ ist in Vorbereitung. Wie aus der Formulierungshilfe für den Gesetzentwurf hervorgeht, ist u. a. geplant, dass auch Apotheken weiterhin (vorerst dann bis 30. April 2023) gegen Covid-19 impfen dürfen. Während sich diese Regelung für Corona-Impfungen in Apotheken auch in einer bereits aktualisierten Fassung für den Kabinettsentwurf findet, ist die ursprünglich angedachte Verlängerung der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung nicht mehr aufgeführt. Mein liebes Tagebuch, sollte diese Verordnung nicht mehr verlängert werden, würden den Apotheken einige erleichterte Abgaberegelungen nicht mehr zur Verfügung stehen.

Immerhin, die Verlängerung der Corona-Impfungen in Apotheken ist richtig. Gut möglich, dass in der nächsten Herbst-Winter-Saison die Nachfrage nach Corona-Impfungen steigt. Für Apotheken, die dann gegen Grippe impfen, bietet es sich dann durchaus an, auch Corona-Impfungen anzubieten. Die ABDA hat bereits verlauten lassen, sie begrüße es, dass weiterhin in Apotheken gegen Corona geimpft werden kann. Und sie regt an, Impfungen gegen schwere Covid-19-Verläufe darüber hinaus generell zu etablieren. Mein liebes Tagebuch, vollkommen richtig, das Corona-Virus wird nicht so schnell verschwinden, es sollten weiterhin Impfungen gegen Corona in Apotheken möglich sein – wie bei der Grippeschutzimpfung.

 

Zoff bahnt sich zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem Bundesgesundheitsminister an. Lauterbachs neue Verordnung zu den Bürgertests kommt da gar nicht gut an. Im Gegensatz zu uns Apothekers, die die neue Verordnung kritisieren und ankündigen, dass viele Apotheken das Testangebot möglicherweise einstellen, wird die KBV noch deutlicher: In einem Brandbrief an Karl Lauterbach drohen die KBV-Chefs, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen sich nicht mehr in der Lage sehen, die Abrechnungen zu prüfen und Auszahlungen vorzunehmen. Als Grund führen sie den Wust an kleinteiligen und detaillierten Anspruchsvoraussetzungen an, ob eine Person berechtigt ist, einen kostenlosen Test zu bekommen oder nicht. Diese Vorgaben seien nicht überprüfbar. Die Kassenärztlichen Vereinigungen könnten vor dem Hintergrund der schon jetzt bestehenden Betrugsproblematik „Bürgertestungen zukünftig nicht mehr abrechnen und auszahlen“. Aber genau dies ist laut Testverordnung die Aufgabe der KVen. Mein liebes Tagebuch, eine klare Ansage der KBV-Chefs, die den Kern der neuen Testverordnung trifft: Die kleinteiligen Vorschriften, die sich Lauterbach und sein Ministerium da ausgedacht haben, ob und wann und unter welchen Voraussetzungen die Bürger berechtigt sind, einen kostenlosen Schnelltest in Anspruch zu nehmen, sind dermaßen praxisfremd und unüberprüfbar, außerdem verleiten sie geradezu zum Betrug. Die KBV-Drohung sorgte für ein kleines Beben im Hause Lauterbach: Postwendend versuchte der Minister zu beschwichtigen, es gebe bereits Gespräche mit der KBV, die Tests müssten nicht gestoppt werden. „Wir werden in den nächsten Tagen zu guten Regelungen kommen“, sagte Lauterbach. Mein liebes Tagebuch, da sind wir gespannt, was er sich nun einfallen lässt.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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6 Kommentare

"Effizienzreserven"

von Thomas Beck am 03.07.2022 um 19:30 Uhr

Zitat:
Berlin. Der GKV-Spitzenverband hat gefordert, dass die Ampel-Koalition ihren Ankündigungen Taten folgen lässt und die Kassen entlastet. Ein Beispiel sind die GKV-Beiträge für Arbeitslosengeld-2-Empfänger. Es sei nicht Sache der Beitragszahler, Aufgaben des Staates zu finanzieren.

„Wir erwarten von der neuen Bundesregierung, dass der gesetzlichen Krankenversicherung die tatsächlich entstehenden Kosten erstattet werden, also insgesamt zehn Milliarden Euro mehr als bisher“, sagte die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Dr. Doris Pfeiffer, am Dienstag dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Quelle:
https://www.aerztezeitung.de/Politik/Kassen-draengen-auf-Entlastung-bei-ALG-2-Beziehern-425804.html

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Bei den Tatsachen bleiben ...

von Reinhard Herzog am 03.07.2022 um 16:48 Uhr

... "Stattdessen will er bei Apotheken nach Effizienzreserven suchen, um die GKV zu entlasten. Er wird sie nicht finden, es gibt nämlich keine." ...

... so verabschiedet man sich ganz schnell aus einem rational-seriösen Diskurs. Es ist nämlich schlicht Unsinn.

Überall gibt es Effizienzreserven, und bei uns sogar außerordentlich viele!

Oder hält man etwa den ganzen Bürokratie-Overkill, das tägliche Klein-Klein für nichts und wieder nichts, das überbordende Retaxieren, das aufseiten der Apotheken mehr Kontrollaufwand erfordert, als es den Kassen einspielt, weiters so manch Lebenslügen und Kuriositäten des Apothekenlebens und und ...

... für wirklich effizient?

Ich behaupte:
Da schlummern ungeahnte Potenziale, wenn man mal richtig ausmistet. Das könnte eine Honorarerhöhung locker aufwiegen - und zudem den Apothekenbeschäftigten wieder ein gutes Stück weit ihre Freude am Beruf und auch ihre Würde (!) zurückgeben.

Denn genau diese Würde bleibt auf der Strecke, wenn man sich weiter zu Verwaltungs-Außenstellen machen lässt, ohne freilich die Vorteile eines Kassen-Verwaltungsangestellten zu genießen, sondern den Spaß an der Verwaltung aus eigener Tasche berappen darf - und nun zunehmend auch digital "versklavt" und verkauft wird. So wie es zurzeit läuft, schränkt die Digitalisierung unseren Handlungsspielraum nämlich nur noch weiter ein.

Denn: Alle Räder stehen still, wenn der Mikrochip es will - oder wenn man nicht tastendruckgenau nach dem Willen einer Software tanzt ...

Und das lässt sich nicht allein mit (Schmerzens-)Geld aufwiegen, da muss man strukturell ran.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

GKV hat kein Defizit

von Reinhard Rodiger am 03.07.2022 um 12:09 Uhr

Wann endlich kommt es zu einem konzeptionell sauberen Gegenangriff ? Ein Vorschlag:

Das GKV-Defizit ist der (vorgeschobene) Grund für die Suche nach Effizienzreserven. Doch dieses ist Resultat staatlicher Verantwortungsverschiebung.Politische Wunschleistungen (= versicherungsfremde Leistungen) werden über Beiträge zur GKV finanziert.Dies führt zu Verzerrung der Defizitursachen und ist eine ungerechte Verteilungspraxis.Das gilt zweiseitig, denn es werden nicht daran Beteiligte und die Versicherten betroffen.Es ist schlicht unehrlich,Nichtbetroffene(also hier Apotheken) belasten zu wollen und gleichzeitig vor allem die Haushalte mit einer geringeren ökonomischen Leistungsfähigkeit vermeidbar zu belasten.Das System wird gerechter, wenn Kosten dem Verursacher zugeordnet werden.
Dann hat die GKV kein Defizit.Im Gegenteil entfallen bis zu 56 Mrd.€ .Der Effizienzdruck liegt beim Staat.

Rückführung der versicherungsfremden Leistungen in die Steuerfinanzierung führt also zur Entlastung der Apotheken und weiter Bevölkerungsteile.Für letztere wird eine Beitragsreduzierung von 2,2 % geschätzt.

Gleichzeitig wird überzeugend deutlich, welch irreführende Praxis Taktgeber politischer Forderungen ist.Sie führt zur Fehlorientierung der Ressourcen, indem mit vordergründigen Argumenten die falschen Konsequenzen gezogen werden.

Es geht um die Rückführung des Staates zu seiner eigentlichen Verantwortung, seine sozialen Wünsche in seinen Zuständigkeitsbereich zurück zu holen.

Dankenswerter Weise ist diese Verantwortungslosigkeit ein hervorragender Konzeptansatz.

Fazit: Es gibt Möglichkeiten, die Debatte offensiv zu gestalten, ohne zu sehr auf Befindlichkeiten einzugehen, die letztlich niemand interessieren.Mit diesem Ansatz sind weite kreise einbezogen und motivierbar. Warum nicht?



(Quelle:WIG2/ im Auftrag der privaten KK)
Versicherungsfremde Leistungen:
-beitragsfreie Mitversicherung 36 Mrd
-ALGII 6 "
-Schwangerschaft und Mutterschaft 5 "
-Sonstige 9 "

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Relevant? Nö !

von Ulrich Ströh am 03.07.2022 um 9:06 Uhr

Die aktuelle Misere mit Lauterbach und unsere Nichtwahrnehmung als Heilberuf ist eine Quittung der jahrelangen ,missratenen Kommunikationsstrategie der ABDA.

Wer sich nicht deutlich in der Vergangenheit zu Wort gemeldet
hat, wird jetzt auch nicht als relevant betrachtet…

Und jetzt wie die ABDA von -unfair - zu sprechen, interessiert keinen in der Politik .

Ärzte sind da einfach besser in der Kommunikation.
Und erreichen mehr.

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AW: Relevant? N

von Dr.Diefenbach am 03.07.2022 um 9:52 Uhr

.....stimmt wie fast immer.ODER hat irgendjemand was von den Aktivitäten des Herrn Dr. Kern gehört?
Es wird dauernd nur verbreitet, wie effizient die Strategien sind und und erfolgreich die PR sein soll.Bloss kommt
sie wohl an einer falschen Stelle zum Tragen!Und wenn man einen solchen Minister wie Herrn Lauterbach
derart ungehemmt reden lässt, dann spricht es leider für die völlig falsche Zurückhaltung in der Aussendarstellung.
Das ist das Gleiche mit der Auseinandersetzung mit einigen Ärzteverbänden, wo man sich zu vornehm ist,
auf ungerechtfertigte!!! Aussagen auch mal deutlich zu reagieren.Empörung nach Innen:Ganz nett, aber ansonsten
ein Rohrkrepierer...

.

von Beldowitz am 03.07.2022 um 9:01 Uhr

Der Staat übernimmt bei Personen, die nicht durch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung selbst in die Solidargemeinschaft einzahlen, nur ca 40% der tatsächlich entstehenden Kosten. Hinzu kommen noch die Personen der kostenlosen Famileinversicherung. Wir reden hier von einer Unterdeckung im zweistelligen Milliardenbereich, Tendenz jährlich steigend durch stetigen Zuwachs in diesen Gruppen.

Wann geht die Politik dieses offensichtliche Problem an?

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