Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

03.07.2022, 07:19 Uhr

Keine gute Woche für den Bundesgesundheitsminister: Effizienzreserven bei Apotheken gibt es nicht. Und Zoff wegen Bürgertests ist vorprogrammiert. (Foto: Alex Schelbert) 

Keine gute Woche für den Bundesgesundheitsminister: Effizienzreserven bei Apotheken gibt es nicht. Und Zoff wegen Bürgertests ist vorprogrammiert. (Foto: Alex Schelbert) 


30. Juni 2020

Lauterbach mag die Apothekers nicht. Steile These, aber nicht abwegig. Wie sonst kann man es sich erklären, dass der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nun schon mehr als ein halbes Jahr im Amt ist, aber noch keine Zeit gefunden hat, einen Gesprächstermin mit unserer Berufsvertretung wahrzunehmen – obwohl die ABDA schon mehrfach darum gebeten hat. Mag es daran liegen, dass Lauterbach so gar keinen Zugang zu den Apothekers hat? Was sich auch darin äußert, dass er sie eindeutig nicht zu den Leistungserbringern im Gesundheitswesen zählt? Leistungserbringer sind für den Arzt und Gesundheitsminister Lauterbach, ja, die Ärztinnen und Ärzte und die Kliniken. Und von ihnen erwartet er auch keinen Zuschuss für eine GKV-Finanzreform. Aber von den Apotheken, die er, laut ABDA-Präsidentin, eben nicht zu den Leistungserbringern rechnet. Mein liebes Tagebuch, was ist da in der Kommunikation falsch gelaufen, dass ein Bundesgesundheitsminister Apotheken so ins Abseits stellt? Versteht Lauterbach eigentlich die Arbeit und die Aufgaben der Apotheke? Weiß er, was dieser Sektor des Gesundheitswesen für die Gesundheitsversorgung leistet?

 

ARMIN war ein Hoffnungsträger für unsere Berufsvertretung, wenn es darum ging herauszufinden, wie Apotheken und Arztpraxen besser zusammenarbeiten und die Medikation der Patientinnen und Patienten gemeinsam besser zu managen können. Ins Leben gerufen unter dem ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt (es war eines seiner Herzensprojekte) startete die Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen, kurz ARMIN genannt, am 1. April 2014. ARMIN machte sich auf einen beschwerlichen Weg, acht Jahre lang. Manchmal mit kleinen Sprüngen, meist jedoch im Schneckentempo, immer wieder gab es Hürden zu überwinden – kein Wunder, wenn Ärzte und Apotheker, Krankenkassen, Bürokratie und Technik an so einem Projekt zusammenarbeiten. Am 30. Juni 2022 endete das Modellprojekt – im DAZ.online-Interview erzählt Apothekerin Dr. Uta Müller, die bei der ABDA die für ARMIN zuständige Abteilung für wissenschaftliche Entwicklung im Geschäftsbereich Arzneimittel leitet, was es bedeutet, so ein Modellprojekt aus der Taufe zu heben, ans Laufen zu bringen und letztlich die Evaluation zu begleiten. Die Auswertung der Ergebnisse sind in eine Publikation geflossen, die zur Veröffentlichung ansteht – dann darf auch die Öffentlichkeit wissen, was ARMIN letztlich gebracht hat. Mein liebes Tagebuch, mittlerweile haben wir dank Jens Spahn die honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen. War dann ARMIN für die Katz? Von wegen. Im Gegenteil, vermutlich könnten die pharmazeutischen Dienstleistungen wie beispielsweise die Medikationsanalyse und Betreuung besonderer Patientengruppen von den Ergebnissen aus ARMIN profitieren. Müller meint: „So umfassend wie in ARMIN wird es in der Fläche aber wohl nicht gehen, dafür ist das Prozedere zu aufwendig.“ Mein liebes Tagebuch, mausert sich ARMIN dann vielleicht zu einer Art Goldstandard, an dem sich die eine oder andere Dienstleistung orientieren könnte? Vielleicht lässt sich eines fernen oder nicht allzu fernen Tages bundesweit doch ein Medikationsmanagement etablieren, wenn die Öffentlichkeit, wenn die Politik, die Ärzte und die Krankenkassen mitspielen. ARMIN könnte zeigen, dass und was es den Patientinnen und Patienten gebracht hat. Das Medikationsmanagement als apothekerliches Angebot – es ist nach wie vor das Ziel der ABDA.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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6 Kommentare

"Effizienzreserven"

von Thomas Beck am 03.07.2022 um 19:30 Uhr

Zitat:
Berlin. Der GKV-Spitzenverband hat gefordert, dass die Ampel-Koalition ihren Ankündigungen Taten folgen lässt und die Kassen entlastet. Ein Beispiel sind die GKV-Beiträge für Arbeitslosengeld-2-Empfänger. Es sei nicht Sache der Beitragszahler, Aufgaben des Staates zu finanzieren.

„Wir erwarten von der neuen Bundesregierung, dass der gesetzlichen Krankenversicherung die tatsächlich entstehenden Kosten erstattet werden, also insgesamt zehn Milliarden Euro mehr als bisher“, sagte die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Dr. Doris Pfeiffer, am Dienstag dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Quelle:
https://www.aerztezeitung.de/Politik/Kassen-draengen-auf-Entlastung-bei-ALG-2-Beziehern-425804.html

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Bei den Tatsachen bleiben ...

von Reinhard Herzog am 03.07.2022 um 16:48 Uhr

... "Stattdessen will er bei Apotheken nach Effizienzreserven suchen, um die GKV zu entlasten. Er wird sie nicht finden, es gibt nämlich keine." ...

... so verabschiedet man sich ganz schnell aus einem rational-seriösen Diskurs. Es ist nämlich schlicht Unsinn.

Überall gibt es Effizienzreserven, und bei uns sogar außerordentlich viele!

Oder hält man etwa den ganzen Bürokratie-Overkill, das tägliche Klein-Klein für nichts und wieder nichts, das überbordende Retaxieren, das aufseiten der Apotheken mehr Kontrollaufwand erfordert, als es den Kassen einspielt, weiters so manch Lebenslügen und Kuriositäten des Apothekenlebens und und ...

... für wirklich effizient?

Ich behaupte:
Da schlummern ungeahnte Potenziale, wenn man mal richtig ausmistet. Das könnte eine Honorarerhöhung locker aufwiegen - und zudem den Apothekenbeschäftigten wieder ein gutes Stück weit ihre Freude am Beruf und auch ihre Würde (!) zurückgeben.

Denn genau diese Würde bleibt auf der Strecke, wenn man sich weiter zu Verwaltungs-Außenstellen machen lässt, ohne freilich die Vorteile eines Kassen-Verwaltungsangestellten zu genießen, sondern den Spaß an der Verwaltung aus eigener Tasche berappen darf - und nun zunehmend auch digital "versklavt" und verkauft wird. So wie es zurzeit läuft, schränkt die Digitalisierung unseren Handlungsspielraum nämlich nur noch weiter ein.

Denn: Alle Räder stehen still, wenn der Mikrochip es will - oder wenn man nicht tastendruckgenau nach dem Willen einer Software tanzt ...

Und das lässt sich nicht allein mit (Schmerzens-)Geld aufwiegen, da muss man strukturell ran.

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GKV hat kein Defizit

von Reinhard Rodiger am 03.07.2022 um 12:09 Uhr

Wann endlich kommt es zu einem konzeptionell sauberen Gegenangriff ? Ein Vorschlag:

Das GKV-Defizit ist der (vorgeschobene) Grund für die Suche nach Effizienzreserven. Doch dieses ist Resultat staatlicher Verantwortungsverschiebung.Politische Wunschleistungen (= versicherungsfremde Leistungen) werden über Beiträge zur GKV finanziert.Dies führt zu Verzerrung der Defizitursachen und ist eine ungerechte Verteilungspraxis.Das gilt zweiseitig, denn es werden nicht daran Beteiligte und die Versicherten betroffen.Es ist schlicht unehrlich,Nichtbetroffene(also hier Apotheken) belasten zu wollen und gleichzeitig vor allem die Haushalte mit einer geringeren ökonomischen Leistungsfähigkeit vermeidbar zu belasten.Das System wird gerechter, wenn Kosten dem Verursacher zugeordnet werden.
Dann hat die GKV kein Defizit.Im Gegenteil entfallen bis zu 56 Mrd.€ .Der Effizienzdruck liegt beim Staat.

Rückführung der versicherungsfremden Leistungen in die Steuerfinanzierung führt also zur Entlastung der Apotheken und weiter Bevölkerungsteile.Für letztere wird eine Beitragsreduzierung von 2,2 % geschätzt.

Gleichzeitig wird überzeugend deutlich, welch irreführende Praxis Taktgeber politischer Forderungen ist.Sie führt zur Fehlorientierung der Ressourcen, indem mit vordergründigen Argumenten die falschen Konsequenzen gezogen werden.

Es geht um die Rückführung des Staates zu seiner eigentlichen Verantwortung, seine sozialen Wünsche in seinen Zuständigkeitsbereich zurück zu holen.

Dankenswerter Weise ist diese Verantwortungslosigkeit ein hervorragender Konzeptansatz.

Fazit: Es gibt Möglichkeiten, die Debatte offensiv zu gestalten, ohne zu sehr auf Befindlichkeiten einzugehen, die letztlich niemand interessieren.Mit diesem Ansatz sind weite kreise einbezogen und motivierbar. Warum nicht?



(Quelle:WIG2/ im Auftrag der privaten KK)
Versicherungsfremde Leistungen:
-beitragsfreie Mitversicherung 36 Mrd
-ALGII 6 "
-Schwangerschaft und Mutterschaft 5 "
-Sonstige 9 "

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Relevant? Nö !

von Ulrich Ströh am 03.07.2022 um 9:06 Uhr

Die aktuelle Misere mit Lauterbach und unsere Nichtwahrnehmung als Heilberuf ist eine Quittung der jahrelangen ,missratenen Kommunikationsstrategie der ABDA.

Wer sich nicht deutlich in der Vergangenheit zu Wort gemeldet
hat, wird jetzt auch nicht als relevant betrachtet…

Und jetzt wie die ABDA von -unfair - zu sprechen, interessiert keinen in der Politik .

Ärzte sind da einfach besser in der Kommunikation.
Und erreichen mehr.

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AW: Relevant? N

von Dr.Diefenbach am 03.07.2022 um 9:52 Uhr

.....stimmt wie fast immer.ODER hat irgendjemand was von den Aktivitäten des Herrn Dr. Kern gehört?
Es wird dauernd nur verbreitet, wie effizient die Strategien sind und und erfolgreich die PR sein soll.Bloss kommt
sie wohl an einer falschen Stelle zum Tragen!Und wenn man einen solchen Minister wie Herrn Lauterbach
derart ungehemmt reden lässt, dann spricht es leider für die völlig falsche Zurückhaltung in der Aussendarstellung.
Das ist das Gleiche mit der Auseinandersetzung mit einigen Ärzteverbänden, wo man sich zu vornehm ist,
auf ungerechtfertigte!!! Aussagen auch mal deutlich zu reagieren.Empörung nach Innen:Ganz nett, aber ansonsten
ein Rohrkrepierer...

.

von Beldowitz am 03.07.2022 um 9:01 Uhr

Der Staat übernimmt bei Personen, die nicht durch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung selbst in die Solidargemeinschaft einzahlen, nur ca 40% der tatsächlich entstehenden Kosten. Hinzu kommen noch die Personen der kostenlosen Famileinversicherung. Wir reden hier von einer Unterdeckung im zweistelligen Milliardenbereich, Tendenz jährlich steigend durch stetigen Zuwachs in diesen Gruppen.

Wann geht die Politik dieses offensichtliche Problem an?

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