Griese-Mammen bei der Vertreterversammlung der LAK BaWü

Der 10. Juni 2022 wird in die Geschichte eingehen

Stuttgart - 22.06.2022, 15:15 Uhr

Dr. Nina Griese-Mammen von der ABDA  (hier beim Pharmacon in Meran) informierte die Delegierten in Stuttgart über die pharmazeutischen Dienstleistungen. (c / Foto: DAZ/dm)

Dr. Nina Griese-Mammen von der ABDA  (hier beim Pharmacon in Meran) informierte die Delegierten in Stuttgart über die pharmazeutischen Dienstleistungen. (c / Foto: DAZ/dm)


Auch bei der Vertreterversammlung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg am gestrigen Dienstag waren die pharmazeutischen Dienstleistungen ein Thema. Die Kammer hatte sich dazu Unterstützung aus Berlin geholt: Dr. Nina Griese-Mammen, die als Abteilungsleiterin für wissenschaftliche Evaluation im Geschäftsbereich Arzneimittel seitens der ABDA mit dem Thema befasst ist, war zu Gast. Sie hatte unter anderem Tipps im Gepäck, wie der Einstig gelingen kann.

Die Implementierung der pharmazeutischen Dienstleistungen ist für Dr. Martin Braun, Präsident der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, ein Meilenstein für die Apotheke wie für die Patienten. Im Rahmen der dritten Sitzung der 17. Vertreterversammlung, die am gestrigen Dienstag als Hybridveranstaltung stattfand, appellierte er eindringlich an die Basis, jetzt für die Umsetzung zu sorgen.

Braun zeigte sich in diesem Zusammenhang voll des Lobes und der Anerkennung für die geleistete Arbeit der ABDA-Vertreter, die in zähen Verhandlungen den Weg frei für die pharmazeutischen Dienstleistungen gemacht haben. Man werde in Zukunft wesentlich stärker als bislang als Heilberufler wahrgenommen werden. Denn Braun ist überzeugt: „Wir können das und wir werden das auch umsetzen!“ Den kritischen Stimmen, die den Apotheken die Kompetenz für diese Aufgaben absprechen, allen voran denen aus der baden-württembergischen Ärzteschaft, begegnete er mit großem Unverständnis. Insbesondere den Vorwurf, Apotheken würden mit diesen Dienstleistungen abzocken, konterte er, dass es ihm nie in den Sinn kommen würde, in Sachen Igel-Leistungen der Ärzte von Abzocke zu sprechen. Möglicherweise hätten die ärztlichen Kollegen auch die Ausführungen zum Gesamtpaket der pharmazeutischen Dienstleistung nicht gelesen. Das könne das Halbwissen erklären. Braun ist überzeugt: „Die pharmazeutischen Dienstleistungen werden dafür sorgen, dass es weniger Krankenhauseinweisungen und weniger Tote geben wird!“

Mehr zum Thema

Der Startschuss zu den pharmazeutischen Dienstleistungen ebnete Dr. Nina Griese-Mammen den Weg, über das brandneue spannende Thema im Rahmen der Vertreterversammlung zu sprechen und zur Umsetzung zu motivieren. Dabei hatte sie einige Tipps im Gepäck, mit denen ein einfacher Einstieg in dieses neue Aufgabengebiet gelingen soll. In einem Rückblick skizzierte sie den langen Weg von der Idee bis hin zur gesetzlichen Grundlage für die pharmazeutischen Dienstleistungen, die mit dem Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz gelegt wurde. Es folgte ein weiterer zäher Weg mit erfolglosen Verhandlungen zwischen dem Deutschen Apothekerverband und dem GKV-Spitzenverband, der zum Anruf der Schiedsstelle führte. Am 10. Juni 2022 wurde nun endlich der schriftliche Schiedsspruch verkündet. Dieses Datum wird als Start der pharmazeutischen Dienstleistungen in die Geschichte eingehen. Vonseiten der ABDA sei es wichtig gewesen, dass die angebotenen Dienstleistungen aus den Feldern Prävention, Verbesserung der Adhärenz und Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit stammen, betonte Griese-Mammen. 

Es sollte einfache und komplexe Dienstleistungen geben

Zudem sollten Dienstleistungen angeboten werden, die einfach zu erbringen sind und solche, die komplexer und anspruchsvoller sind. Dies sei mit dem jetzt beschlossenen Dienstleistungkatalog erst einmal erfüllt: Die Präventionsmaßnahme „Standardisierte Blutdruckmessung zur Risikoerfassung hoher Blutdruck“ könne vom pharmazeutischen Personal ohne weitere Qualifikation erbracht werden. Die erweiterte Einweisung in die korrekte Anwendung und das Üben der Inhalationstechnik darf von pharmazeutischem Personal mit abgeschlossener Ausbildung angeboten werden, diese Dienstleistung soll der Adhärenzförderung dienen. Und dann gibt es drei komplexe Dienstleistungen zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit, die auf Basis eine Medikationsanalyse 2a durchzuführen sind: die erweiterte Medikationsberatung bei Polypharmazie, die pharmazeutische Betreuung bei oraler Antitumortherapie und die pharmazeutische Betreuung bei Organtransplantierten. Für diese Dienstleistungen ist eine achtstündige Fortbildung auf Basis des Curriculums der Bundesapothekerkammer (BAK) „Medikationsanalyse, Medikationsmanagement als Prozess“ Voraussetzung oder eine gleichwertige Qualifikation.

Darüber hinaus erklärte Griese-Mammen, wie die einzelnen Dienstleistungen dokumentiert werden müssen und an welcher Stelle wie das Einverständnis des Patienten einzuholen ist. Für weiterführende Informationen verwies sie auf die entsprechenden Seiten der ABDA. Hier seien alle Informationen zu den Dienstleistungen strukturiert abrufbar. Neben Arbeitshilfen finden sich dort praktische Hinweise zur Vorbereitung der jeweiligen Dienstleistungen, zur Prüfung der Anspruchsberechtigung, zur Dokumentation sowie zum Abschluss einer Vereinbarung zwischen Patient und Apotheker in Kurz- und Langfassung. Unterzeichnet werden könne die Kurzfassung. Bei der vertraglichen Vereinbarung empfahl Griese-Mammen vor allem bei den komplexen Dienstleistungen mit Medikationsanalyse darauf zu achten, dass der Patient den Apotheker von seiner Schweigepflicht gegenüber dem Arzt entbindet und auch der zu kontaktierende Arzt von seiner Schweigepflicht gegenüber dem Apotheker entbunden wird. So sei gewährleistet, dass der Arzt informiert und Probleme und Lösungsvorschläge mit dem Arzt diskutiert werden können.


Dr. Doris Uhl (du), Apothekerin
Chefredaktion DAZ

redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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