Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

19.06.2022, 07:30 Uhr

Pharmazeutische Dienstleistungen im güldenen Glanz? Von wegen! (Foto: Alex Schelbert)

Pharmazeutische Dienstleistungen im güldenen Glanz? Von wegen! (Foto: Alex Schelbert)


16. Juni 2022

Dass es so etwas noch gibt: Der Präsident einer Ärztekammer möchte die Zukunft der Heilberufe miteinander gestalten, nicht gegeneinander. Gesagt hat’s Prof. Dr. Henrik Herrmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein, auf der Kammerversammlung der Apothekerkammer dieses Bundeslandes. Henrik nannte beispielsweise die schroffen Reaktionen der Ärztefunktionäre auf Bundesebene zu den pharmazeutischen Dienstleistungen „Rituale aus dem vorigen Jahrtausend“. Dies sei rein emotional und nicht aus Sicht der Versorgung gedacht. Wie wahr, mein liebes Tagebuch, ein dickes Danke an Henrik für diese klaren Worte. Er sprach sich auch deutlich für das Grippeschutz- und Corona-Impfangebot in Apotheken aus: „Wir brauchen ein dauerndes Angebot, um diese Massenimpfungen niederschwellig durchzuführen.“ Nicht zuletzt begrüßte der Ärztekammerpräsident die Medikationsanalyse und pharmazeutischen Beratungen, vor allem zur Polypharmazie und Adhärenzförderung. Henrik sieht natürlich auch Grenzen und rote Linien, z. B. bei seltenen Impfungen oder wenn Apotheken Therapieumstellungen vornehmen würden. Mein liebes Tagebuch, vollkommen richtig, die Trennung von Arzt- und Apothekerberuf muss erhalten bleiben. Was Henrik noch ergänzt: Ärzte und Apotheker sollten besser gemeinsame Lösungen anbieten – da könne er sich mehr Zusammenarbeit vorstellen. Mein liebes Tagebuch, es wäre ein großer Durchbruch für den Patienten, wenn sich diese Denke auch in den Funktionärsreihen auf Bundesebene durchsetzen würde.

 

Der Fachkräftemangel ist für Apotheken nach wie vor eines der drängendsten Probleme, auch bei den Brandenburger Apothekers. Deren Kammerpräsident, Jens Dobbert, ließ in der Kammerversammlung keinen Zweifel aufkommen, dass ihm die Sorge um den pharmazeutischen Nachwuchs schon seit langem unter den Nägeln brennt. Vor diesem Hintergrund sind auch seine bereits mehrjährigen Bemühungen verständlich, einen Studiengang Pharmazie in Brandenburg zum Leben zu erwecken – bisher vergeblich. Und vorerst wird’s denn auch kein Pharmazeutisches Institut in diesem Bundesland geben – diesen Zahn hat ihm Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) gezogen. Sie lobte zwar die Apotheken und ihre Leistungen, aber einen Scheck für eine Pharmazie-Fakultät habe sie nicht in der Tasche. Den Fachkräftemangel nimmt sie zwar ernst, wie sie wissen ließ, aber da stünden die Apotheken nicht alleine und fügte hinzu: „Alle konkurrieren massiv um die knappe Ressource junge Menschen“. Sieht eher nach Schulterzucken aus als wie eine wirkliche Suche nach Lösungen.

Zum Thema pharmazeutische Dienstleistungen machte Dobbert klar: Da ist für jeden was dabei, aber finanziell ist das nur ein Add-on, kein zweites Standbein. Um eine dringend nötige Anpassung des Apothekenhonorars kommt man nicht herum – stimmt, mein liebes Tagebuch. Und wie sieht’s mit dem Thema Grippeschutzimpfungen in Brandenburg aus? Wir erinnern uns: Dort waren Ärzte- und Apothekerkammer überhaupt nicht vom Impfen in Apotheken angetan. Die beiden fassten sogar eine gemeinsame Resolution, dass Apotheken nicht impfen werden und Ärzte kein Dispensierrecht einfordern. Nun, das dürfte durch das Pflegebonusgesetz wohl endlich überholt sein, mein liebes Tagebuch: Grippeimpfung ist für alle Apotheken bundesweit eine Regelleistung, da können sich die Brandenburger nicht ausklammern. Dennoch, Dobberts hält an seiner Meinung: fest „Impfen ist keine originäre Aufgabe der Apotheke.“ Richtig, keine originäre, aber eine neue.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

Wer macht so was ?

von ratatosk am 20.06.2022 um 14:56 Uhr

Würde mit diesem Deckel sicher so keiner sonst so abschließen.
Aber, es ist auch nicht so wild, die Personalfragen werden es zum einen regeln und zum anderen kann man es selbst regeln da man ja Termine vergeben muß um es vernünftig zu gestalten, da sind Wartezeiten gut zu erklären und bringen bei sachgerechter Beratung nur die GKV in Erklärungsnot.

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Abrechnungs-Mechanismus

von Tobias Kast am 20.06.2022 um 8:35 Uhr

Was sind die Folgen, wenn nun viele Apotheken ab 1.000 € / Quartal (ca 1 BDM pro Tag, auch durch PTAs machbar) die Arbeit an pDL einstellen würden - um nicht knappes Personal für potentiell unbezahlte Arbeit einzusetzen?
(Außenwirkung?)

Fördert eine "Berücksichtigung der Priorität" auch bei dem "sicheren" Betrag wirklich eine Erbringung von höher priorisierten Dienstleistungen, wenn man dadurch bereits erbrachte, niedriger priorisierte DL "in den Wettbewerb um Bezahlung" schiebt?
(Oder ist hier eine umgekehrte Berücksichtigung 3>2>1 gemeint? ... ... ... )

Ist ein "Wettbewerb darum, überhaupt bezahlt zu werden" wirklich das richtige Signal über die vorhandenen Reserven in vielen Apotheken? (An den Nachwuchs? An die Politik?)

Was ist die Begründung für diese Entscheidung? Welche Alternativen wurden abgewogen?
Sollte hier z.B. eine Budgetierung über ein Punktesystem vermieden werden? (z.B. mit der Sorge, damit keine Kostendeckung zu erreichen...?)
Wurden Konzepte wie das von Prof Herzog hier umrissene überhaupt erwogen?
(Und nachdem die Verbände jetzt ihre ganz eigene Gedisa haben und ein "Apotheken-Manager" schon steht... wäre ja evtl ein Platz für so eine Budget-Zuweisungs-Plattform...)
War hier evtl die Angst das Budget auf diesem Wege nicht auszuschöpfen - auch z.B. wieder als falsches Signal über Reserven und Budgetbedarf in Apotheken - zu groß?

Wie war das mit der Transparenz?...
vielleicht im Nachgang...?
Oder ist nach dem einen Hinderungsgrund = vor dem anderen Hinderungsgrund...?

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AW: Abrechnungs-Mechanismus

von Reinhard Rodiger am 20.06.2022 um 10:51 Uhr

Ich glaube, der Gedanke überhaupt bezahlt zu werden,hat alles überlagert.Hinzu kommt die Chance, die wenigen zum Überleben noch vorgesehenen mit Material zu versorgen.60%
sind nicht mehr vorgesehen.Gerade die bräuchte man, wenn eine Verbesserung der Einstellungsqualität bei Hypertonikern tatsächlich das Ziel wäre.Ein paar Leuchttürme für eine Massenerkrankung macht keinen Sinn.Ebenso macht es keinen Sinn, Diabetes weg zu lassen.Nebenbei, in England wurde die MUR (Medication Review) abgesetzt.Hier gilt sie als wichtigstes.Mir fehlt die Zielsetzung. Da konkurriert das ominöse „Überhaupt“ mit dem Umfang dessen was erreicht werden soll.Danach würde sich die Höhe des Budgets richten.
Also Verbesserung der Einstellungsqualität um x%. Oder bei 5 Mio Patienten mit Polymedikation y% erfassen usw. Nach diesen Kriterien bemisst sich ein Budget, das hinsichtlich
Nutzen verfolgt wird.Das heißt, das Ziel ist maßgebend, nicht
der Wille, bei irgendwas bezahlt zu werden.

Kluger Verteilmechanismus!??

von Reinhard Herzog am 19.06.2022 um 10:20 Uhr

Sorry, aber einen blöderen Verteilungsmechanismus kann man sich wohl kaum vorstellen. Das einzig Positive: Bis gerade mal zur Hälfte - das entspricht den 1.000 € / Quartal + Apotheke - ist quasi alles egal.

Darüber beginnt die Honorar-Geisterbahnfahrt je nach Prio-Gruppe.

Nun gut, irgendwie muss man halt starten, so what. Aber das kann keinesfalls so bleiben, aus gesundheitsökonomischen, aber auch aus Gründen der Planungssicherheit.

Man wird einen neuen Mechanismus brauchen.

Die pDL wird man einzeln budgetieren müssen, d.h. xa, xb, xc Mio. für AMTS a, b, c ..., y Mio. für Inhalator-Schulungen, z Mio. für Blutdruckmessungen, ... Mio. für ... künftige Leistungen. Idealerweise je nach Kosten-Nutzen-Relation.

Nicht alle Apotheken werden alle Qualifikationen haben, und davon werden nicht alle alles anbieten wollen. Jenen für die einzelne Leistung Honorarverteilungsberechtigten wird dann z.B. nach Zahl der individuellen Rx-Packungen (= einfachstes Kriterium für die Mengensteuerung) ein individuelles Budget für die einzelnen Leistungen zugewiesen (Anzahl pro Quartal / Jahr). Damit weiß jeder, was er abrechnen kann - im Vorhinein.

Dazu müssten sich zwar die Apotheken entsprechend registrieren, was aber in unserer heutigen IT-Welt kein Problem sein sollte. Da müssen wir für weitaus unsinnigere Dinge zahlreiche IT-Prozeduren über uns ergehen lassen.

Diese Frage ist elementar für den Erfolg der pDL und sollte schnellstmöglich angegangen werden,

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